Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

Bild:
<< vorherige Seite
Es schlachte nun der zürnende Pelide
Die Opfer um des Freundes Grab;
Es zehre sich der Philippide,
Sein Afterbild, vor Schelsucht ab;
Es weine Cäsar, stolz und eitel,
Um einen Lorberkranz um seine kahle Scheitel;
Es mache sich Oktavian,
Das Muster schleichender Tyrannen,
Die je für Sklaverey auf schöne Namen sannen,
Mit Schlangenlist den Erdball unterthan:
Die Motten zehren an dem Rufe,
Den ihre Ohnmacht sich erwarb,
Und jedes Sekulum verdarb
An ihrem Tempel eine Stufe.
Hier steigt die Glorie im Streit der Elemente,
Und segnend färbt der Sonnenstrahl
Des Mannes Monument im Thal,
Wo sanft der Oehlbaum nickt, und hoch am Firmamente.
Das Feuer glüht mir durch das Rückenmark,
Und hoch schlägts links mir in der Seite stark:
Wer so ein Schöpfer werden könnte!

Oben am Sturz rund um das Felsenbette ist zwi¬
schen den hohen Bergen ungefähr eine kleine Stunde
im Umkreise eine schöne Ebene, die voll ungehauener
Oehlbäume und Weinstöcke steht. Ich wollte schon
den Päpstlern über das Sakrilegium an der Natur
fluchen, als ich hörte, dieses sey im letztern Kriege
eine Lagerstätte der Neapolitaner gewesen. Sie schlu¬
gen hier Anfangs die Franzosen durch den alten Fel¬

Es schlachte nun der zürnende Pelide
Die Opfer um des Freundes Grab;
Es zehre sich der Philippide,
Sein Afterbild, vor Schelsucht ab;
Es weine Cäsar, stolz und eitel,
Um einen Lorberkranz um seine kahle Scheitel;
Es mache sich Oktavian,
Das Muster schleichender Tyrannen,
Die je für Sklaverey auf schöne Namen sannen,
Mit Schlangenlist den Erdball unterthan:
Die Motten zehren an dem Rufe,
Den ihre Ohnmacht sich erwarb,
Und jedes Sekulum verdarb
An ihrem Tempel eine Stufe.
Hier steigt die Glorie im Streit der Elemente,
Und segnend färbt der Sonnenstrahl
Des Mannes Monument im Thal,
Wo sanft der Oehlbaum nickt, und hoch am Firmamente.
Das Feuer glüht mir durch das Rückenmark,
Und hoch schlägts links mir in der Seite stark:
Wer so ein Schöpfer werden könnte!

Oben am Sturz rund um das Felsenbette ist zwi¬
schen den hohen Bergen ungefähr eine kleine Stunde
im Umkreise eine schöne Ebene, die voll ungehauener
Oehlbäume und Weinstöcke steht. Ich wollte schon
den Päpstlern über das Sakrilegium an der Natur
fluchen, als ich hörte, dieses sey im letztern Kriege
eine Lagerstätte der Neapolitaner gewesen. Sie schlu¬
gen hier Anfangs die Franzosen durch den alten Fel¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0176" n="150"/>
          <l>Es schlachte nun der zürnende Pelide</l><lb/>
          <l>Die Opfer um des Freundes Grab;</l><lb/>
          <l>Es zehre sich der Philippide,</l><lb/>
          <l>Sein Afterbild, vor Schelsucht ab;</l><lb/>
          <l>Es weine Cäsar, stolz und eitel,</l><lb/>
          <l>Um einen Lorberkranz um seine kahle Scheitel;</l><lb/>
          <l>Es mache sich Oktavian,</l><lb/>
          <l>Das Muster schleichender Tyrannen,</l><lb/>
          <l>Die je für Sklaverey auf schöne Namen sannen,</l><lb/>
          <l>Mit Schlangenlist den Erdball unterthan:</l><lb/>
          <l>Die Motten zehren an dem Rufe,</l><lb/>
          <l>Den ihre Ohnmacht sich erwarb,</l><lb/>
          <l>Und jedes Sekulum verdarb</l><lb/>
          <l>An ihrem Tempel eine Stufe.</l><lb/>
          <l>Hier steigt die Glorie im Streit der Elemente,</l><lb/>
          <l>Und segnend färbt der Sonnenstrahl</l><lb/>
          <l>Des Mannes Monument im Thal,</l><lb/>
          <l>Wo sanft der Oehlbaum nickt, und hoch am Firmamente.</l><lb/>
          <l>Das Feuer glüht mir durch das Rückenmark,</l><lb/>
          <l>Und hoch schlägts links mir in der Seite stark:</l><lb/>
          <l>Wer so ein Schöpfer werden könnte!</l><lb/>
        </lg>
        <p>Oben am Sturz rund um das Felsenbette ist zwi¬<lb/>
schen den hohen Bergen ungefähr eine kleine Stunde<lb/>
im Umkreise eine schöne Ebene, die voll ungehauener<lb/>
Oehlbäume und Weinstöcke steht. Ich wollte schon<lb/>
den Päpstlern über das Sakrilegium an der Natur<lb/>
fluchen, als ich hörte, dieses sey im letztern Kriege<lb/>
eine Lagerstätte der Neapolitaner gewesen. Sie schlu¬<lb/>
gen hier Anfangs die Franzosen durch den alten Fel¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0176] Es schlachte nun der zürnende Pelide Die Opfer um des Freundes Grab; Es zehre sich der Philippide, Sein Afterbild, vor Schelsucht ab; Es weine Cäsar, stolz und eitel, Um einen Lorberkranz um seine kahle Scheitel; Es mache sich Oktavian, Das Muster schleichender Tyrannen, Die je für Sklaverey auf schöne Namen sannen, Mit Schlangenlist den Erdball unterthan: Die Motten zehren an dem Rufe, Den ihre Ohnmacht sich erwarb, Und jedes Sekulum verdarb An ihrem Tempel eine Stufe. Hier steigt die Glorie im Streit der Elemente, Und segnend färbt der Sonnenstrahl Des Mannes Monument im Thal, Wo sanft der Oehlbaum nickt, und hoch am Firmamente. Das Feuer glüht mir durch das Rückenmark, Und hoch schlägts links mir in der Seite stark: Wer so ein Schöpfer werden könnte! Oben am Sturz rund um das Felsenbette ist zwi¬ schen den hohen Bergen ungefähr eine kleine Stunde im Umkreise eine schöne Ebene, die voll ungehauener Oehlbäume und Weinstöcke steht. Ich wollte schon den Päpstlern über das Sakrilegium an der Natur fluchen, als ich hörte, dieses sey im letztern Kriege eine Lagerstätte der Neapolitaner gewesen. Sie schlu¬ gen hier Anfangs die Franzosen durch den alten Fel¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/176
Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/176>, abgerufen am 26.04.2024.