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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
a) jene, welche der Waldeigentümer unmittelbar durch eigene Be-
nutzung der erworbenen Servitutnutzung zu beziehen im stande ist (un-
mittelbare Vorteilsrente), und b) der Vorteil, welcher dem Waldeigen-
tümer mittelbar bei Einstellung der Servitutnutzung durch allmähliche
Verbesserung des Waldzustands und Steigerung des Holzertrages zu
teil wird (mittelbare Vorteilsrente). Letztere lässt sich meist nur
schwer ziffernmässig angeben, und man muss sich deshalb mit gutacht-
lichen Schätzungen und Näherungswerten begnügen.

Das Recht der Wahl, ob nach dem Nutzwerte oder nach dem Vorteils-
werte abgelöst werden soll, hat in der Mehrzahl der Fälle keine grosse
praktische Bedeutung, weil bei den meisten dauernd wertvollen Ser-
vituten die Vorteilsrente der Nutzrente gleich ist. Unter Umständen kann
hierdurch aber die Höhe der Entschädigung sehr wesentlich beeinflusst
werden, z. B. wenn der Weideberechtigte gezwungen ist, Stallfütterung
einzuführen, oder wenn der Schweineeintrieb abgelöst werden soll, welcher
vielfach dem Waldeigentümer sogar erwünscht ist. In beiden Fällen
ist der Nutzwert erheblich höher als der Vorteilswert.

Nach einigen Ablösungsgesetzen (altpr. G. Th. Ord. v. 7. Juni 1821,
rhein. G. Th. Ord. v. 19. Mai 1851, hessische G. Th. Ord. v. 13. Mai
1867) hat der belastete Waldeigentümer bei der Provokation durch den
Berechtigten die Wahl, ob er denselben nach dem Nutzwerte oder nach
dem Vorteilswerte entschädigen will. Das preussische Gesetz von 1850
bestimmt, dass die Höhe der Entschädigung den Nutzungswert nicht
übersteigen soll.

Der berechnete Wert einer Servitut muss bei Aufhebung derselben
dem Berechtigten ersetzt werden. Das Objekt, welches er als Ersatz
oder Entschädigung bekommt, nennt man die Abfindung.

Bei Bemessung der Höhe und Art der Abfindung ist das allgemeine
Interesse in der Weise zu berücksichtigen, dass aus der Ablösung kein
Nachteil für die Landeskultur erwächst.

Ebensowenig soll eine Benachteiligung oder Beschwerung für eine
der beiden Parteien entstehen.

Als Abfindungsmittel kommen in Betracht:

1. Geld und zwar a) als Kapital oder b) als Rente (feste,
veränderliche, ewige, Zeitrente, ablösbare, unablösbare).

2. Naturalien und zwar a) als Naturalrente z. B. Holz,
(Sachsen) oder b) als Land.

Bei freier Einigung der Beteiligten kann die Art des Abfindungs-
mittels ganz nach Lage des Falls bestimmt werden, bei Zwangs-
ablösungen ist teils die Art der Abfindung generell oder speziell für
die einzelnen Berechtigungen vorgeschrieben, teils haben die Gesetze
auch die Wahl zwischen den verschiedenen Abfindungsmitteln freige-
stellt, allerdings meist nur dem provozierten Teile.


I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
a) jene, welche der Waldeigentümer unmittelbar durch eigene Be-
nutzung der erworbenen Servitutnutzung zu beziehen im stande ist (un-
mittelbare Vorteilsrente), und b) der Vorteil, welcher dem Waldeigen-
tümer mittelbar bei Einstellung der Servitutnutzung durch allmähliche
Verbesserung des Waldzustands und Steigerung des Holzertrages zu
teil wird (mittelbare Vorteilsrente). Letztere läſst sich meist nur
schwer ziffernmäſsig angeben, und man muſs sich deshalb mit gutacht-
lichen Schätzungen und Näherungswerten begnügen.

Das Recht der Wahl, ob nach dem Nutzwerte oder nach dem Vorteils-
werte abgelöst werden soll, hat in der Mehrzahl der Fälle keine groſse
praktische Bedeutung, weil bei den meisten dauernd wertvollen Ser-
vituten die Vorteilsrente der Nutzrente gleich ist. Unter Umständen kann
hierdurch aber die Höhe der Entschädigung sehr wesentlich beeinfluſst
werden, z. B. wenn der Weideberechtigte gezwungen ist, Stallfütterung
einzuführen, oder wenn der Schweineeintrieb abgelöst werden soll, welcher
vielfach dem Waldeigentümer sogar erwünscht ist. In beiden Fällen
ist der Nutzwert erheblich höher als der Vorteilswert.

Nach einigen Ablösungsgesetzen (altpr. G. Th. Ord. v. 7. Juni 1821,
rhein. G. Th. Ord. v. 19. Mai 1851, hessische G. Th. Ord. v. 13. Mai
1867) hat der belastete Waldeigentümer bei der Provokation durch den
Berechtigten die Wahl, ob er denselben nach dem Nutzwerte oder nach
dem Vorteilswerte entschädigen will. Das preuſsische Gesetz von 1850
bestimmt, daſs die Höhe der Entschädigung den Nutzungswert nicht
übersteigen soll.

Der berechnete Wert einer Servitut muſs bei Aufhebung derselben
dem Berechtigten ersetzt werden. Das Objekt, welches er als Ersatz
oder Entschädigung bekommt, nennt man die Abfindung.

Bei Bemessung der Höhe und Art der Abfindung ist das allgemeine
Interesse in der Weise zu berücksichtigen, daſs aus der Ablösung kein
Nachteil für die Landeskultur erwächst.

Ebensowenig soll eine Benachteiligung oder Beschwerung für eine
der beiden Parteien entstehen.

Als Abfindungsmittel kommen in Betracht:

1. Geld und zwar a) als Kapital oder b) als Rente (feste,
veränderliche, ewige, Zeitrente, ablösbare, unablösbare).

2. Naturalien und zwar a) als Naturalrente z. B. Holz,
(Sachsen) oder b) als Land.

Bei freier Einigung der Beteiligten kann die Art des Abfindungs-
mittels ganz nach Lage des Falls bestimmt werden, bei Zwangs-
ablösungen ist teils die Art der Abfindung generell oder speziell für
die einzelnen Berechtigungen vorgeschrieben, teils haben die Gesetze
auch die Wahl zwischen den verschiedenen Abfindungsmitteln freige-
stellt, allerdings meist nur dem provozierten Teile.


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[187/0205] I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege. a) jene, welche der Waldeigentümer unmittelbar durch eigene Be- nutzung der erworbenen Servitutnutzung zu beziehen im stande ist (un- mittelbare Vorteilsrente), und b) der Vorteil, welcher dem Waldeigen- tümer mittelbar bei Einstellung der Servitutnutzung durch allmähliche Verbesserung des Waldzustands und Steigerung des Holzertrages zu teil wird (mittelbare Vorteilsrente). Letztere läſst sich meist nur schwer ziffernmäſsig angeben, und man muſs sich deshalb mit gutacht- lichen Schätzungen und Näherungswerten begnügen. Das Recht der Wahl, ob nach dem Nutzwerte oder nach dem Vorteils- werte abgelöst werden soll, hat in der Mehrzahl der Fälle keine groſse praktische Bedeutung, weil bei den meisten dauernd wertvollen Ser- vituten die Vorteilsrente der Nutzrente gleich ist. Unter Umständen kann hierdurch aber die Höhe der Entschädigung sehr wesentlich beeinfluſst werden, z. B. wenn der Weideberechtigte gezwungen ist, Stallfütterung einzuführen, oder wenn der Schweineeintrieb abgelöst werden soll, welcher vielfach dem Waldeigentümer sogar erwünscht ist. In beiden Fällen ist der Nutzwert erheblich höher als der Vorteilswert. Nach einigen Ablösungsgesetzen (altpr. G. Th. Ord. v. 7. Juni 1821, rhein. G. Th. Ord. v. 19. Mai 1851, hessische G. Th. Ord. v. 13. Mai 1867) hat der belastete Waldeigentümer bei der Provokation durch den Berechtigten die Wahl, ob er denselben nach dem Nutzwerte oder nach dem Vorteilswerte entschädigen will. Das preuſsische Gesetz von 1850 bestimmt, daſs die Höhe der Entschädigung den Nutzungswert nicht übersteigen soll. Der berechnete Wert einer Servitut muſs bei Aufhebung derselben dem Berechtigten ersetzt werden. Das Objekt, welches er als Ersatz oder Entschädigung bekommt, nennt man die Abfindung. Bei Bemessung der Höhe und Art der Abfindung ist das allgemeine Interesse in der Weise zu berücksichtigen, daſs aus der Ablösung kein Nachteil für die Landeskultur erwächst. Ebensowenig soll eine Benachteiligung oder Beschwerung für eine der beiden Parteien entstehen. Als Abfindungsmittel kommen in Betracht: 1. Geld und zwar a) als Kapital oder b) als Rente (feste, veränderliche, ewige, Zeitrente, ablösbare, unablösbare). 2. Naturalien und zwar a) als Naturalrente z. B. Holz, (Sachsen) oder b) als Land. Bei freier Einigung der Beteiligten kann die Art des Abfindungs- mittels ganz nach Lage des Falls bestimmt werden, bei Zwangs- ablösungen ist teils die Art der Abfindung generell oder speziell für die einzelnen Berechtigungen vorgeschrieben, teils haben die Gesetze auch die Wahl zwischen den verschiedenen Abfindungsmitteln freige- stellt, allerdings meist nur dem provozierten Teile.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/205>, abgerufen am 27.04.2024.