Die nervenzerrüttende Unruhe der Städte in Verbindung mit der rasch steigenden Arbeitsintensität lässt eine zeitweise Ausspannung als eine gebieterische Notwendigkeit erscheinen, und wo wäre diese besser zu finden, als in der majestätischen Ruhe des Waldes, welchem in dieser Beziehung nur das unendliche Meer an die Seite zu stellen ist!
Neben dem direkten Nutzen, welchen der Aufenthalt in der von Staub und schädlichen Mikroorganismen möglichst freien Luft des Waldes, fern von dem hastenden Treiben der Welt gewährt, ist auch der Gewinn in ästhetischer und ethischer Richtung nicht zu unter- schätzen.
Bezüglich der viel gerühmten Bedeutung des Waldes in dieser Hinsicht sei auf die klassischen Schilderungen von Riehl (Land und Leute, 6. Aufl., S. 43 ff.) verwiesen.
Wenn auch zugegeben werden muss, dass die deutsche Vorliebe für den Wald auf diesem Gebiete zu vielen ebenso wohlgemeinten wie schönklingenden Ergüssen und zu Behauptungen geführt hat, welche vor einer kühlen Erwägung nicht stand zu halten vermögen, so dürfte es doch keinem Zweifel unterliegen, dass der Wald auch abgesehen von seiner rein materiellen Bedeutung, bei der ganzen Entwickelung un- seres modernen Lebens eine äusserst wohlthätige und sehr hoch zu schätzende soziale Funktion ausübt.
B. Zweiter (spezieller) Teil.
Einleitung.
§ 1. Die Forsthoheit und deren Entwickelung bis zum Schlusse des 18. Jahrhunderts. Die Einwirkung der Staatsgewalt bezw. der Landesherren auf die Forstwirtschaft beginnt mit der Ausdehnung der Bannforsten auf fremdes Gebiet.
Während die Inforestation ursprünglich wohl nur zur Folge hatte, dass dem Inhaber der Bannforste lediglich das Jagdrecht, und zwar häufig bloss bezüglich des Hochwildes, vorbehalten wurde, begannen diese ihrem Rechte schon im Laufe des 9. Jahrhunderts eine Ausdeh- nung zu geben, welche für die spätere Zeit von der grössten Bedeutung wurde. Sie verboten nämlich nicht nur grössere Rodungen in den Bannforsten, sondern suchten auch die übrigen Waldnutzungen, unter denen namentlich die Schweinemast eine hervorragende Stelle einnahm, entweder mit Rücksicht auf die Wildstandsruhe oder um Wild-
B. Zweiter (spezieller) Teil.
Die nervenzerrüttende Unruhe der Städte in Verbindung mit der rasch steigenden Arbeitsintensität läſst eine zeitweise Ausspannung als eine gebieterische Notwendigkeit erscheinen, und wo wäre diese besser zu finden, als in der majestätischen Ruhe des Waldes, welchem in dieser Beziehung nur das unendliche Meer an die Seite zu stellen ist!
Neben dem direkten Nutzen, welchen der Aufenthalt in der von Staub und schädlichen Mikroorganismen möglichst freien Luft des Waldes, fern von dem hastenden Treiben der Welt gewährt, ist auch der Gewinn in ästhetischer und ethischer Richtung nicht zu unter- schätzen.
Bezüglich der viel gerühmten Bedeutung des Waldes in dieser Hinsicht sei auf die klassischen Schilderungen von Riehl (Land und Leute, 6. Aufl., S. 43 ff.) verwiesen.
Wenn auch zugegeben werden muſs, daſs die deutsche Vorliebe für den Wald auf diesem Gebiete zu vielen ebenso wohlgemeinten wie schönklingenden Ergüssen und zu Behauptungen geführt hat, welche vor einer kühlen Erwägung nicht stand zu halten vermögen, so dürfte es doch keinem Zweifel unterliegen, daſs der Wald auch abgesehen von seiner rein materiellen Bedeutung, bei der ganzen Entwickelung un- seres modernen Lebens eine äuſserst wohlthätige und sehr hoch zu schätzende soziale Funktion ausübt.
B. Zweiter (spezieller) Teil.
Einleitung.
§ 1. Die Forsthoheit und deren Entwickelung bis zum Schlusse des 18. Jahrhunderts. Die Einwirkung der Staatsgewalt bezw. der Landesherren auf die Forstwirtschaft beginnt mit der Ausdehnung der Bannforsten auf fremdes Gebiet.
Während die Inforestation ursprünglich wohl nur zur Folge hatte, daſs dem Inhaber der Bannforste lediglich das Jagdrecht, und zwar häufig bloſs bezüglich des Hochwildes, vorbehalten wurde, begannen diese ihrem Rechte schon im Laufe des 9. Jahrhunderts eine Ausdeh- nung zu geben, welche für die spätere Zeit von der gröſsten Bedeutung wurde. Sie verboten nämlich nicht nur gröſsere Rodungen in den Bannforsten, sondern suchten auch die übrigen Waldnutzungen, unter denen namentlich die Schweinemast eine hervorragende Stelle einnahm, entweder mit Rücksicht auf die Wildstandsruhe oder um Wild-
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B. Zweiter (spezieller) Teil.
Die nervenzerrüttende Unruhe der Städte in Verbindung mit der
rasch steigenden Arbeitsintensität läſst eine zeitweise Ausspannung als
eine gebieterische Notwendigkeit erscheinen, und wo wäre diese besser
zu finden, als in der majestätischen Ruhe des Waldes, welchem in dieser
Beziehung nur das unendliche Meer an die Seite zu stellen ist!
Neben dem direkten Nutzen, welchen der Aufenthalt in der von
Staub und schädlichen Mikroorganismen möglichst freien Luft des Waldes,
fern von dem hastenden Treiben der Welt gewährt, ist auch der
Gewinn in ästhetischer und ethischer Richtung nicht zu unter-
schätzen.
Bezüglich der viel gerühmten Bedeutung des Waldes in dieser
Hinsicht sei auf die klassischen Schilderungen von Riehl (Land und Leute,
6. Aufl., S. 43 ff.) verwiesen.
Wenn auch zugegeben werden muſs, daſs die deutsche Vorliebe für
den Wald auf diesem Gebiete zu vielen ebenso wohlgemeinten wie
schönklingenden Ergüssen und zu Behauptungen geführt hat, welche
vor einer kühlen Erwägung nicht stand zu halten vermögen, so dürfte
es doch keinem Zweifel unterliegen, daſs der Wald auch abgesehen
von seiner rein materiellen Bedeutung, bei der ganzen Entwickelung un-
seres modernen Lebens eine äuſserst wohlthätige und sehr hoch zu
schätzende soziale Funktion ausübt.
B. Zweiter (spezieller) Teil.
Einleitung.
§ 1. Die Forsthoheit und deren Entwickelung bis zum Schlusse
des 18. Jahrhunderts. Die Einwirkung der Staatsgewalt bezw. der
Landesherren auf die Forstwirtschaft beginnt mit der Ausdehnung
der Bannforsten auf fremdes Gebiet.
Während die Inforestation ursprünglich wohl nur zur Folge hatte,
daſs dem Inhaber der Bannforste lediglich das Jagdrecht, und zwar
häufig bloſs bezüglich des Hochwildes, vorbehalten wurde, begannen
diese ihrem Rechte schon im Laufe des 9. Jahrhunderts eine Ausdeh-
nung zu geben, welche für die spätere Zeit von der gröſsten Bedeutung
wurde. Sie verboten nämlich nicht nur gröſsere Rodungen in den
Bannforsten, sondern suchten auch die übrigen Waldnutzungen,
unter denen namentlich die Schweinemast eine hervorragende Stelle
einnahm, entweder mit Rücksicht auf die Wildstandsruhe oder um Wild-
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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/86>, abgerufen am 03.03.2025.
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