Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.II. Nicht einmal einbalsamirt haben sie ihn, wie es wohl sonst königlichen Leichen geziemt. Die Angst vor der Pestilenz war zu groß. Da der Herzog von Villequier als erster Kämmerer von Dr. Andouille verlangte, er möge den Leichnam öffnen, hat der Arzt dem Höfling nicht ohne Schlagfertigkeit erwidert: er sei dazu bereit, nur müsse der Herzog während der Operation den Kopf des Todten halten, wie's ihm sein Amt gebiete. Da aber hat sich der Herzog fortgeschlichen und nicht ein Wort erwidert. Und so wirft man die verpesteten Überreste des "Vielgeliebten" in einen metallenen Sarg, gießt ein paar Kannen Spiritus darauf und senkt den Deckel darüber. Ein paar elende Arbeiter und armselige Vertreter des niederen Clerus umstehen, Wache haltend, den vernachlässigten Katafalk - II. Nicht einmal einbalsamirt haben sie ihn, wie es wohl sonst königlichen Leichen geziemt. Die Angst vor der Pestilenz war zu groß. Da der Herzog von Villequier als erster Kämmerer von Dr. Andouillé verlangte, er möge den Leichnam öffnen, hat der Arzt dem Höfling nicht ohne Schlagfertigkeit erwidert: er sei dazu bereit, nur müsse der Herzog während der Operation den Kopf des Todten halten, wie’s ihm sein Amt gebiete. Da aber hat sich der Herzog fortgeschlichen und nicht ein Wort erwidert. Und so wirft man die verpesteten Überreste des „Vielgeliebten“ in einen metallenen Sarg, gießt ein paar Kannen Spiritus darauf und senkt den Deckel darüber. Ein paar elende Arbeiter und armselige Vertreter des niederen Clerus umstehen, Wache haltend, den vernachlässigten Katafalk – <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0031" n="31"/> <div n="1"> <head>II.</head> <p>Nicht einmal einbalsamirt haben sie ihn, wie es wohl sonst königlichen Leichen geziemt. Die Angst vor der Pestilenz war zu groß. Da der Herzog von Villequier als erster Kämmerer von Dr. Andouillé verlangte, er möge den Leichnam öffnen, hat der Arzt dem Höfling nicht ohne Schlagfertigkeit erwidert: er sei dazu bereit, nur müsse der Herzog während der Operation den Kopf des Todten halten, wie’s ihm sein Amt gebiete. Da aber hat sich der Herzog fortgeschlichen und nicht ein Wort erwidert.</p> <p>Und so wirft man die verpesteten Überreste des „Vielgeliebten“ in einen metallenen Sarg, gießt ein paar Kannen Spiritus darauf und senkt den Deckel darüber. Ein paar elende Arbeiter und armselige Vertreter des niederen Clerus umstehen, Wache haltend, den vernachlässigten Katafalk – </p> </div> </body> </text> </TEI> [31/0031]
II. Nicht einmal einbalsamirt haben sie ihn, wie es wohl sonst königlichen Leichen geziemt. Die Angst vor der Pestilenz war zu groß. Da der Herzog von Villequier als erster Kämmerer von Dr. Andouillé verlangte, er möge den Leichnam öffnen, hat der Arzt dem Höfling nicht ohne Schlagfertigkeit erwidert: er sei dazu bereit, nur müsse der Herzog während der Operation den Kopf des Todten halten, wie’s ihm sein Amt gebiete. Da aber hat sich der Herzog fortgeschlichen und nicht ein Wort erwidert.
Und so wirft man die verpesteten Überreste des „Vielgeliebten“ in einen metallenen Sarg, gießt ein paar Kannen Spiritus darauf und senkt den Deckel darüber. Ein paar elende Arbeiter und armselige Vertreter des niederen Clerus umstehen, Wache haltend, den vernachlässigten Katafalk –
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Zitationshilfe: | Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887/31>, abgerufen am 22.12.2024. |