Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite


und Umfang noch nie gesehen worden war. Er
übertrug ihnen nämlich die Ausführung eines aus
zwölf großen Tafeln bestehenden Altarblatts in
einer Kapelle der St. Johanniskirche zu Gent, und
Hubert sowohl als Johann van Eyck ergriffen mit
freudiger Bereitwilligkeit diese Gelegenheit, ihrem
fürstlichen Beschützer und sich selbst ein dauerndes
und würdiges Denkmal zu stiften. Sie verließen des-
halb ihren selbstgewählten Wohnplatz in Brügge und
zogen nach Gent; fröhlich begaben sie sich dort in
treuer gewohnter Gemeinschaft an die Arbeit. Doch
Hubert erkrankte und starb, lange vor Vollendung
des Werkes, am achtzehnten September des Jahres
1426, in einem Alter von sechzig Jahren. Er ward
in der nämlichen Kirche ehrenvoll begraben zu
deren Schmuck er die letzten Tage seines Lebens
verwendet hatte. Ein Monument mit einer Grab-
schrift bezeichnete noch gegen das Ende des sechzehn-
ten Jahrhunderts den Ort, wo dieser große Meister
unsern seiner ihm vorangegangnen Schwester Mar-
garetha beerdigt ward. Auch diese hatte in Gent
das Ziel ihres Lebens erreicht, beklagt von den


und Umfang noch nie geſehen worden war. Er
übertrug ihnen nämlich die Ausführung eines aus
zwölf großen Tafeln beſtehenden Altarblatts in
einer Kapelle der St. Johanniskirche zu Gent, und
Hubert ſowohl als Johann van Eyck ergriffen mit
freudiger Bereitwilligkeit dieſe Gelegenheit, ihrem
fürſtlichen Beſchützer und ſich ſelbſt ein dauerndes
und würdiges Denkmal zu ſtiften. Sie verließen des-
halb ihren ſelbſtgewählten Wohnplatz in Brügge und
zogen nach Gent; fröhlich begaben ſie ſich dort in
treuer gewohnter Gemeinſchaft an die Arbeit. Doch
Hubert erkrankte und ſtarb, lange vor Vollendung
des Werkes, am achtzehnten September des Jahres
1426, in einem Alter von ſechzig Jahren. Er ward
in der nämlichen Kirche ehrenvoll begraben zu
deren Schmuck er die letzten Tage ſeines Lebens
verwendet hatte. Ein Monument mit einer Grab-
ſchrift bezeichnete noch gegen das Ende des ſechzehn-
ten Jahrhunderts den Ort, wo dieſer große Meiſter
unſern ſeiner ihm vorangegangnen Schweſter Mar-
garetha beerdigt ward. Auch dieſe hatte in Gent
das Ziel ihres Lebens erreicht, beklagt von den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="52"/><lb/>
und Umfang noch nie ge&#x017F;ehen worden war. Er<lb/>
übertrug ihnen nämlich die Ausführung eines aus<lb/>
zwölf großen Tafeln be&#x017F;tehenden Altarblatts in<lb/>
einer Kapelle der St. Johanniskirche zu Gent, und<lb/>
Hubert &#x017F;owohl als Johann van Eyck ergriffen mit<lb/>
freudiger Bereitwilligkeit die&#x017F;e Gelegenheit, ihrem<lb/>
für&#x017F;tlichen Be&#x017F;chützer und &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ein dauerndes<lb/>
und würdiges Denkmal zu &#x017F;tiften. Sie verließen des-<lb/>
halb ihren &#x017F;elb&#x017F;tgewählten Wohnplatz in Brügge und<lb/>
zogen nach Gent; fröhlich begaben &#x017F;ie &#x017F;ich dort in<lb/>
treuer gewohnter Gemein&#x017F;chaft an die Arbeit. Doch<lb/>
Hubert erkrankte und &#x017F;tarb, lange vor Vollendung<lb/>
des Werkes, am achtzehnten September des Jahres<lb/>
1426, in einem Alter von &#x017F;echzig Jahren. Er ward<lb/>
in der nämlichen Kirche ehrenvoll begraben zu<lb/>
deren Schmuck er die letzten Tage &#x017F;eines Lebens<lb/>
verwendet hatte. Ein Monument mit einer Grab-<lb/>
&#x017F;chrift bezeichnete noch gegen das Ende des &#x017F;echzehn-<lb/>
ten Jahrhunderts den Ort, wo die&#x017F;er große Mei&#x017F;ter<lb/>
un&#x017F;ern &#x017F;einer ihm vorangegangnen Schwe&#x017F;ter Mar-<lb/>
garetha beerdigt ward. Auch die&#x017F;e hatte in Gent<lb/>
das Ziel ihres Lebens erreicht, beklagt von den<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0064] und Umfang noch nie geſehen worden war. Er übertrug ihnen nämlich die Ausführung eines aus zwölf großen Tafeln beſtehenden Altarblatts in einer Kapelle der St. Johanniskirche zu Gent, und Hubert ſowohl als Johann van Eyck ergriffen mit freudiger Bereitwilligkeit dieſe Gelegenheit, ihrem fürſtlichen Beſchützer und ſich ſelbſt ein dauerndes und würdiges Denkmal zu ſtiften. Sie verließen des- halb ihren ſelbſtgewählten Wohnplatz in Brügge und zogen nach Gent; fröhlich begaben ſie ſich dort in treuer gewohnter Gemeinſchaft an die Arbeit. Doch Hubert erkrankte und ſtarb, lange vor Vollendung des Werkes, am achtzehnten September des Jahres 1426, in einem Alter von ſechzig Jahren. Er ward in der nämlichen Kirche ehrenvoll begraben zu deren Schmuck er die letzten Tage ſeines Lebens verwendet hatte. Ein Monument mit einer Grab- ſchrift bezeichnete noch gegen das Ende des ſechzehn- ten Jahrhunderts den Ort, wo dieſer große Meiſter unſern ſeiner ihm vorangegangnen Schweſter Mar- garetha beerdigt ward. Auch dieſe hatte in Gent das Ziel ihres Lebens erreicht, beklagt von den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/64
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/64>, abgerufen am 26.04.2024.