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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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He
siehet sehr pigmäisch aus, wenn es mit kurz ge-
füget wird.

Mein stilles Glück, die Lust von wenig Stunden,
Jst wie das Glück von einer Sommernacht,
Jst ohne Spur, als wie ein Traum, ver-
schwunden,
Der Bettler oft zu kurzen Herrschern macht.
Haller, 148 S.

Wie lang ist also ein langer Herrscher? Ein
langer König, und ein kurzer Herrscher? Ein
kurzer Dichter, und ein langer Reimschmidt?
Sind die Träume in einer Sommernacht
nur
so glücklich? Wir träumeten einmal in einer
Winternacht, daß Herr v. Haller ein kurzer
Herrscher
auf dem deutschen Pindus wäre.
Es war aber kein Traum: denn wir hören, daß
er wirklich herrschet, und ein langer Herrscher
untern Sylbenhenkern seyn wird. Wird uns
unser Traum ausgehen?
wie die alten Weiber
sagen.

Hellen, a. St. erhellen.

Wir haben schon oben
bewundert, daß unsere heiligen Dichter berechti-
get sind, den armen Wörtern bald ihren Kopf,
bald ihren Schwanz zu rauben; ja das Eingeweid
reissen sie ihnen aus dem Leibe. Der heilige
Lächler
saget unter andern:

-- Ein göttliches Lächeln
Hellt die selige Stirn und unaussprechliche
Freude
Floß, da er ging, um sein Haupt. So wie
der Himmlischen einer,
Der

He
ſiehet ſehr pigmaͤiſch aus, wenn es mit kurz ge-
fuͤget wird.

Mein ſtilles Gluͤck, die Luſt von wenig Stunden,
Jſt wie das Gluͤck von einer Sommernacht,
Jſt ohne Spur, als wie ein Traum, ver-
ſchwunden,
Der Bettler oft zu kurzen Herrſchern macht.
Haller, 148 S.

Wie lang iſt alſo ein langer Herrſcher? Ein
langer Koͤnig, und ein kurzer Herrſcher? Ein
kurzer Dichter, und ein langer Reimſchmidt?
Sind die Traͤume in einer Sommernacht
nur
ſo gluͤcklich? Wir traͤumeten einmal in einer
Winternacht, daß Herr v. Haller ein kurzer
Herrſcher
auf dem deutſchen Pindus waͤre.
Es war aber kein Traum: denn wir hoͤren, daß
er wirklich herrſchet, und ein langer Herrſcher
untern Sylbenhenkern ſeyn wird. Wird uns
unſer Traum ausgehen?
wie die alten Weiber
ſagen.

Hellen, a. St. erhellen.

Wir haben ſchon oben
bewundert, daß unſere heiligen Dichter berechti-
get ſind, den armen Woͤrtern bald ihren Kopf,
bald ihren Schwanz zu rauben; ja das Eingeweid
reiſſen ſie ihnen aus dem Leibe. Der heilige
Laͤchler
ſaget unter andern:

Ein goͤttliches Laͤcheln
Hellt die ſelige Stirn und unausſprechliche
Freude
Floß, da er ging, um ſein Haupt. So wie
der Himmliſchen einer,
Der
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[205/0231] He ſiehet ſehr pigmaͤiſch aus, wenn es mit kurz ge- fuͤget wird. Mein ſtilles Gluͤck, die Luſt von wenig Stunden, Jſt wie das Gluͤck von einer Sommernacht, Jſt ohne Spur, als wie ein Traum, ver- ſchwunden, Der Bettler oft zu kurzen Herrſchern macht. Haller, 148 S. Wie lang iſt alſo ein langer Herrſcher? Ein langer Koͤnig, und ein kurzer Herrſcher? Ein kurzer Dichter, und ein langer Reimſchmidt? Sind die Traͤume in einer Sommernacht nur ſo gluͤcklich? Wir traͤumeten einmal in einer Winternacht, daß Herr v. Haller ein kurzer Herrſcher auf dem deutſchen Pindus waͤre. Es war aber kein Traum: denn wir hoͤren, daß er wirklich herrſchet, und ein langer Herrſcher untern Sylbenhenkern ſeyn wird. Wird uns unſer Traum ausgehen? wie die alten Weiber ſagen. Hellen, a. St. erhellen. Wir haben ſchon oben bewundert, daß unſere heiligen Dichter berechti- get ſind, den armen Woͤrtern bald ihren Kopf, bald ihren Schwanz zu rauben; ja das Eingeweid reiſſen ſie ihnen aus dem Leibe. Der heilige Laͤchler ſaget unter andern: — Ein goͤttliches Laͤcheln Hellt die ſelige Stirn und unausſprechliche Freude Floß, da er ging, um ſein Haupt. So wie der Himmliſchen einer, Der

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/231>, abgerufen am 21.11.2024.