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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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frieden, wenn die Person nur halb so schöne, als
sie abgeschildert ist. Jch gab mir viele Mühe, ihm
diesen so plötzlich aufsteigenden Liebes-Appetit zu
verweisen, biß wir wieder nach Europa kämen; da
ich denn selbst mit ihm nach Stockholm reisen und
ihm meine Tochter persönlich zeigen wolte, allein
er ließ nicht ab, biß er mir 50000 Thlr. gegen ei-
ne blosse Handschrifft so zu sagen aufgedrungen und
den väterlichen Consens von mir erpresset hatte. Mit
der Braut getrauete er sich bald fertig zu werden, in-
massen sich, seinen Gedancken nach, ein Frauenzim-
mer durch kostbare Geschencke am allerleichtesten zur
Liebe bewegen liesse.

Da ich nach Hause kam, waren die 50000 Thlr.
schon daselbst, worbey einer von seinen Dienern die
Wache hielt, und folgenden Morgen kam Peterson
gantz früh, trunck mit mir Thee und respectirte mich
von nun an schon würcklich als seinen Schwieger-
Vater, bath sich aber inständig das Bildniß meiner
Tochter aus, allein ich schlug ihm solches rotunde
ab, und gab vor, ich hätte geschworen, diese [3] Bildnis-
se mit Willen nicht von mir kommen zu lassen, so lan-
ge ich lebte, und wenn mir auch jemand eine Tonne
Goldes darvor geben wolte. Solchergestalt war
er nur damit vergnügt, daß ich die 3 Bilder in mei-
ner Kammer an die Wand anhefftete und ihm die
Erlaubniß gab, so offt als ihm beliebte zu mir zu
kommen.

Die 50000 Thlr. legte ich an Zucker, Brasilien-
Holtz, Thier-Häute und andere Brasilianische
Waaren, wurde also von neuen ein ziemlich starcker
Marchandeur. Don Juan d'Arcoli der Portugiese

war
(B) 4

frieden, wenn die Perſon nur halb ſo ſchoͤne, als
ſie abgeſchildert iſt. Jch gab mir viele Muͤhe, ihm
dieſen ſo ploͤtzlich aufſteigenden Liebes-Appetit zu
verweiſen, biß wir wieder nach Europa kaͤmen; da
ich denn ſelbſt mit ihm nach Stockholm reiſen und
ihm meine Tochter perſoͤnlich zeigen wolte, allein
er ließ nicht ab, biß er mir 50000 Thlr. gegen ei-
ne bloſſe Handſchrifft ſo zu ſagen aufgedrungen und
den vaͤterlichen Conſens von mir erpreſſet hatte. Mit
der Braut getrauete er ſich bald fertig zu werden, in-
maſſen ſich, ſeinen Gedancken nach, ein Frauenzim-
mer durch koſtbare Geſchencke am allerleichteſten zur
Liebe bewegen lieſſe.

Da ich nach Hauſe kam, waren die 50000 Thlr.
ſchon daſelbſt, worbey einer von ſeinen Dienern die
Wache hielt, und folgenden Morgen kam Peterſon
gantz fruͤh, trunck mit mir Thée und reſpectirte mich
von nun an ſchon wuͤrcklich als ſeinen Schwieger-
Vater, bath ſich aber inſtaͤndig das Bildniß meiner
Tochter aus, allein ich ſchlug ihm ſolches rotunde
ab, und gab vor, ich haͤtte geſchworen, dieſe [3] Bildniſ-
ſe mit Willen nicht von mir kommen zu laſſen, ſo lan-
ge ich lebte, und wenn mir auch jemand eine Tonne
Goldes darvor geben wolte. Solchergeſtalt war
er nur damit vergnuͤgt, daß ich die 3 Bilder in mei-
ner Kammer an die Wand anhefftete und ihm die
Erlaubniß gab, ſo offt als ihm beliebte zu mir zu
kommen.

Die 50000 Thlr. legte ich an Zucker, Braſilien-
Holtz, Thier-Haͤute und andere Braſilianiſche
Waaren, wurde alſo von neuen ein ziemlich ſtarcker
Marchandeur. Don Juan d’Arcoli der Portugieſe

war
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[23/0031] frieden, wenn die Perſon nur halb ſo ſchoͤne, als ſie abgeſchildert iſt. Jch gab mir viele Muͤhe, ihm dieſen ſo ploͤtzlich aufſteigenden Liebes-Appetit zu verweiſen, biß wir wieder nach Europa kaͤmen; da ich denn ſelbſt mit ihm nach Stockholm reiſen und ihm meine Tochter perſoͤnlich zeigen wolte, allein er ließ nicht ab, biß er mir 50000 Thlr. gegen ei- ne bloſſe Handſchrifft ſo zu ſagen aufgedrungen und den vaͤterlichen Conſens von mir erpreſſet hatte. Mit der Braut getrauete er ſich bald fertig zu werden, in- maſſen ſich, ſeinen Gedancken nach, ein Frauenzim- mer durch koſtbare Geſchencke am allerleichteſten zur Liebe bewegen lieſſe. Da ich nach Hauſe kam, waren die 50000 Thlr. ſchon daſelbſt, worbey einer von ſeinen Dienern die Wache hielt, und folgenden Morgen kam Peterſon gantz fruͤh, trunck mit mir Thée und reſpectirte mich von nun an ſchon wuͤrcklich als ſeinen Schwieger- Vater, bath ſich aber inſtaͤndig das Bildniß meiner Tochter aus, allein ich ſchlug ihm ſolches rotunde ab, und gab vor, ich haͤtte geſchworen, dieſe 3 Bildniſ- ſe mit Willen nicht von mir kommen zu laſſen, ſo lan- ge ich lebte, und wenn mir auch jemand eine Tonne Goldes darvor geben wolte. Solchergeſtalt war er nur damit vergnuͤgt, daß ich die 3 Bilder in mei- ner Kammer an die Wand anhefftete und ihm die Erlaubniß gab, ſo offt als ihm beliebte zu mir zu kommen. Die 50000 Thlr. legte ich an Zucker, Braſilien- Holtz, Thier-Haͤute und andere Braſilianiſche Waaren, wurde alſo von neuen ein ziemlich ſtarcker Marchandeur. Don Juan d’Arcoli der Portugieſe war (B) 4

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/31>, abgerufen am 26.04.2024.