Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

Abend aber sollet ihr von meinem getreuen
Mägdgen fernere mündliche und schrifftliche
Nachricht empfangen. Lebet wohl mein Her-
tzens-Schatz, ich bin

eure getreue
Charlotte.

Niemahls habe ich einen spec. Thaler mit grös-
sern Vergnügen ausgegeben, als denjenigen, wel-
chen mein glücklicher Liebes-Courrier, nemlich der
Galanterie-Händler, itzo von mir empfing, so lange
aber meiner Augen höchst ergötzliche Weyde, sich
noch am Fenster blicken ließ, ging ich nicht von der
Stelle, sondern wartete so lange im Wein-Hause,
bis sie sich endlich in den Wagen setzte, und davon
fuhr, da ich denn wiederum zurück ins Post-Haus
ging, und meine Zeit mit verliebter Sehnsucht so
lange vertrieb, bis folgenden Tages fast gegen
Abend Charlottens Getreue mir folgende Zeilen
überbrachte:

Mein Liebster!

Folget der Uberbringerin dieses, meinem ge-
treuen Mägdgen ohne Scheu an denjenigen
Ort, wo sie euch hinführet, damit ich das Ver-
gnügen habe, euch auf einige Stunden zu spre-
chen. Nehmet mir immittelst nicht uugütig,
daß voritzo nicht weitläufftiger geschrieben,
denn eine gute Freundin hat mich auch bey
nächtlicher Weile, an dieser mir sonst höchst
ergötzlichen Arbeit verhindert. Meine Peini-
ger sind fort.

Adieu mon coeur.
Die-

Abend aber ſollet ihr von meinem getreuen
Maͤgdgen fernere muͤndliche und ſchrifftliche
Nachricht empfangen. Lebet wohl mein Her-
tzens-Schatz, ich bin

eure getreue
Charlotte.

Niemahls habe ich einen ſpec. Thaler mit groͤſ-
ſern Vergnuͤgen ausgegeben, als denjenigen, wel-
chen mein gluͤcklicher Liebes-Courrier, nemlich der
Galanterie-Haͤndler, itzo von mir empfing, ſo lange
aber meiner Augen hoͤchſt ergoͤtzliche Weyde, ſich
noch am Fenſter blicken ließ, ging ich nicht von der
Stelle, ſondern wartete ſo lange im Wein-Hauſe,
bis ſie ſich endlich in den Wagen ſetzte, und davon
fuhr, da ich denn wiederum zuruͤck ins Poſt-Haus
ging, und meine Zeit mit verliebter Sehnſucht ſo
lange vertrieb, bis folgenden Tages faſt gegen
Abend Charlottens Getreue mir folgende Zeilen
uͤberbrachte:

Mein Liebſter!

Folget der Uberbringerin dieſes, meinem ge-
treuen Maͤgdgen ohne Scheu an denjenigen
Ort, wo ſie euch hinfuͤhret, damit ich das Ver-
gnuͤgen habe, euch auf einige Stunden zu ſpre-
chen. Nehmet mir immittelſt nicht uuguͤtig,
daß voritzo nicht weitlaͤufftiger geſchrieben,
denn eine gute Freundin hat mich auch bey
naͤchtlicher Weile, an dieſer mir ſonſt hoͤchſt
ergoͤtzlichen Arbeit verhindert. Meine Peini-
ger ſind fort.

Adieu mon coeur.
Die-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <div type="letter">
                <p>
                  <pb facs="#f0154" n="140"/> <hi rendition="#fr">Abend aber &#x017F;ollet ihr von meinem getreuen<lb/>
Ma&#x0364;gdgen fernere mu&#x0364;ndliche und &#x017F;chrifftliche<lb/>
Nachricht empfangen. Lebet wohl mein Her-<lb/>
tzens-Schatz, ich bin</hi> </p><lb/>
                <closer>
                  <salute> <hi rendition="#et">eure getreue<lb/><hi rendition="#aq">Charlotte.</hi></hi> </salute>
                </closer>
              </div>
            </body>
          </floatingText><lb/>
          <p>Niemahls habe ich einen <hi rendition="#aq">&#x017F;pec.</hi> Thaler mit gro&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern Vergnu&#x0364;gen ausgegeben, als denjenigen, wel-<lb/>
chen mein glu&#x0364;cklicher Liebes-<hi rendition="#aq">Courrier,</hi> nemlich der<lb/><hi rendition="#aq">Galanterie-</hi>Ha&#x0364;ndler, itzo von mir empfing, &#x017F;o lange<lb/>
aber meiner Augen ho&#x0364;ch&#x017F;t ergo&#x0364;tzliche Weyde, &#x017F;ich<lb/>
noch am Fen&#x017F;ter blicken ließ, ging ich nicht von der<lb/>
Stelle, &#x017F;ondern wartete &#x017F;o lange im Wein-Hau&#x017F;e,<lb/>
bis &#x017F;ie &#x017F;ich endlich in den Wagen &#x017F;etzte, und davon<lb/>
fuhr, da ich denn wiederum zuru&#x0364;ck ins Po&#x017F;t-Haus<lb/>
ging, und meine Zeit mit verliebter Sehn&#x017F;ucht &#x017F;o<lb/>
lange vertrieb, bis folgenden Tages fa&#x017F;t gegen<lb/>
Abend <hi rendition="#aq">Charlottens</hi> Getreue mir folgende Zeilen<lb/>
u&#x0364;berbrachte:</p><lb/>
          <floatingText>
            <body>
              <div type="letter">
                <salute> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Mein Lieb&#x017F;ter!</hi> </hi> </salute><lb/>
                <p> <hi rendition="#in">F</hi> <hi rendition="#fr">olget der Uberbringerin die&#x017F;es, meinem ge-<lb/>
treuen Ma&#x0364;gdgen ohne Scheu an denjenigen<lb/>
Ort, wo &#x017F;ie euch hinfu&#x0364;hret, damit ich das Ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen habe, euch auf einige Stunden zu &#x017F;pre-<lb/>
chen. Nehmet mir immittel&#x017F;t nicht uugu&#x0364;tig,<lb/>
daß voritzo nicht weitla&#x0364;ufftiger ge&#x017F;chrieben,<lb/>
denn eine gute Freundin hat mich auch bey<lb/>
na&#x0364;chtlicher Weile, an die&#x017F;er mir &#x017F;on&#x017F;t ho&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
ergo&#x0364;tzlichen Arbeit verhindert. Meine Peini-<lb/>
ger &#x017F;ind fort.</hi> </p>
                <closer>
                  <salute> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Adieu mon coeur.</hi> </hi> </salute>
                </closer>
              </div>
            </body>
          </floatingText><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Die-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0154] Abend aber ſollet ihr von meinem getreuen Maͤgdgen fernere muͤndliche und ſchrifftliche Nachricht empfangen. Lebet wohl mein Her- tzens-Schatz, ich bin eure getreue Charlotte. Niemahls habe ich einen ſpec. Thaler mit groͤſ- ſern Vergnuͤgen ausgegeben, als denjenigen, wel- chen mein gluͤcklicher Liebes-Courrier, nemlich der Galanterie-Haͤndler, itzo von mir empfing, ſo lange aber meiner Augen hoͤchſt ergoͤtzliche Weyde, ſich noch am Fenſter blicken ließ, ging ich nicht von der Stelle, ſondern wartete ſo lange im Wein-Hauſe, bis ſie ſich endlich in den Wagen ſetzte, und davon fuhr, da ich denn wiederum zuruͤck ins Poſt-Haus ging, und meine Zeit mit verliebter Sehnſucht ſo lange vertrieb, bis folgenden Tages faſt gegen Abend Charlottens Getreue mir folgende Zeilen uͤberbrachte: Mein Liebſter! Folget der Uberbringerin dieſes, meinem ge- treuen Maͤgdgen ohne Scheu an denjenigen Ort, wo ſie euch hinfuͤhret, damit ich das Ver- gnuͤgen habe, euch auf einige Stunden zu ſpre- chen. Nehmet mir immittelſt nicht uuguͤtig, daß voritzo nicht weitlaͤufftiger geſchrieben, denn eine gute Freundin hat mich auch bey naͤchtlicher Weile, an dieſer mir ſonſt hoͤchſt ergoͤtzlichen Arbeit verhindert. Meine Peini- ger ſind fort. Adieu mon coeur. Die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/154
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/154>, abgerufen am 21.11.2024.