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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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Lieutenants Charge zu treten; Aber weit gefehlt,
denn in einigen Tagen lieff folgender verzweiffelt
eckele Brief bey mir ein:

Monsieur,
und Jnsonders Hochgeehrter Herr Fähndrich.

Derselbe nehme mir nicht übel, daß ich
auf
expressen Befehl meines gestrengen
Herrn, des Wohlgebohrnen Herrn von
V.**
welcher das Jus Patronatus in unserm Dorffe
hat, diese eigenhändige Zeilen an Denselben
absenden thue. Sintemahl und demnach es
nunmehro leyder schon vor etlichen Wochen
ans Licht gekommen, daß Er die Wohlge-
bohrne Fräulein
Charlotte verführen, und, wie
vermuthet wird, wohl gar um ihr Fräulein-
schafft bringen wollen, doch
sit ferbis fenia,
wo ich mich irre, hat es nach dem Ausspruche
des
Terentius, wohl recht geheissen: Tempus omniae
padefacit,
welches in Teutschen Reimen also
klingen und lauten thut:

Es ist so kleine nichts gesponnen,
Das nicht käm mit der Zeit zur Sonnen.

Der wohlgebohrne Herr nebst seiner gantzen
Hoch Adelichen
Familie, männliches und weib-
liches Geschlechts, ist grausam erbittert und
im Zorne ergrimmet auf ihn, und so gar etli-
che Bauren selbst wollen das Ding gar nicht
billigen, daß er, als einer, den der gestrenge
Herr dem Bettel-Stabe entrissen, und ihn erst-
lich zum rechtschaffenen Kerl gemacht hat,
ist so undanckbar gewesen, und hat aus dem

Stau-
II. Theil. i

Lieutenants Charge zu treten; Aber weit gefehlt,
denn in einigen Tagen lieff folgender verzweiffelt
eckele Brief bey mir ein:

Monſieur,
und Jnſonders Hochgeehrter Herr Faͤhndrich.

Derſelbe nehme mir nicht uͤbel, daß ich
auf
expreſſen Befehl meines geſtrengen
Herrn, des Wohlgebohrnen Herrn von
V.**
welcher das Jus Patronatus in unſerm Dorffe
hat, dieſe eigenhaͤndige Zeilen an Denſelben
abſenden thue. Sintemahl und demnach es
nunmehro leyder ſchon vor etlichen Wochen
ans Licht gekommen, daß Er die Wohlge-
bohrne Fraͤulein
Charlotte verfuͤhren, und, wie
vermuthet wird, wohl gar um ihr Fraͤulein-
ſchafft bringen wollen, doch
ſit ferbis fenia,
wo ich mich irre, hat es nach dem Ausſpruche
des
Terentius, wohl recht geheiſſen: Tempus omniæ
padefacit,
welches in Teutſchen Reimen alſo
klingen und lauten thut:

Es iſt ſo kleine nichts geſponnen,
Das nicht kaͤm mit der Zeit zur Sonnen.

Der wohlgebohrne Herr nebſt ſeiner gantzen
Hoch Adelichen
Familie, maͤñliches und weib-
liches Geſchlechts, iſt grauſam erbittert und
im Zorne ergrimmet auf ihn, und ſo gar etli-
che Bauren ſelbſt wollen das Ding gar nicht
billigen, daß er, als einer, den der geſtrenge
Herr dem Bettel-Stabe entriſſen, und ihn erſt-
lich zum rechtſchaffenen Kerl gemacht hat,
iſt ſo undanckbar geweſen, und hat aus dem

Stau-
II. Theil. i
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[129/0143] Lieutenants Charge zu treten; Aber weit gefehlt, denn in einigen Tagen lieff folgender verzweiffelt eckele Brief bey mir ein: Monſieur, und Jnſonders Hochgeehrter Herr Faͤhndrich. Derſelbe nehme mir nicht uͤbel, daß ich auf expreſſen Befehl meines geſtrengen Herrn, des Wohlgebohrnen Herrn von V.** welcher das Jus Patronatus in unſerm Dorffe hat, dieſe eigenhaͤndige Zeilen an Denſelben abſenden thue. Sintemahl und demnach es nunmehro leyder ſchon vor etlichen Wochen ans Licht gekommen, daß Er die Wohlge- bohrne Fraͤulein Charlotte verfuͤhren, und, wie vermuthet wird, wohl gar um ihr Fraͤulein- ſchafft bringen wollen, doch ſit ferbis fenia, wo ich mich irre, hat es nach dem Ausſpruche des Terentius, wohl recht geheiſſen: Tempus omniæ padefacit, welches in Teutſchen Reimen alſo klingen und lauten thut: Es iſt ſo kleine nichts geſponnen, Das nicht kaͤm mit der Zeit zur Sonnen. Der wohlgebohrne Herr nebſt ſeiner gantzen Hoch Adelichen Familie, maͤñliches und weib- liches Geſchlechts, iſt grauſam erbittert und im Zorne ergrimmet auf ihn, und ſo gar etli- che Bauren ſelbſt wollen das Ding gar nicht billigen, daß er, als einer, den der geſtrenge Herr dem Bettel-Stabe entriſſen, und ihn erſt- lich zum rechtſchaffenen Kerl gemacht hat, iſt ſo undanckbar geweſen, und hat aus dem Stau- II. Theil. i

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/143>, abgerufen am 21.12.2024.