Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. gegeben/ er solle das Kind/ daß er noch zeugenwürde/ lassen Cain nennen/ weil der erste Mör- der also geheissen hätte/ und würde um dieses Nahmens willen das Kind sanfftmüthiger wer- den; oder/ wenn irgend das Alterthum des Nahmens Adams und Evä/ weil solcher von Anbegin der Welt bekandt gewesen/ etwas bey der Sache thun kan/ so wundert mich/ daß solche abergläubische Leute ihre Kinder nicht Affen oder Meer-Katzen nennen lassen/ weil doch das Af- fen-Geschlechte eher gewesen/ als Adam und E- va. Aber kurtz von der Sache zu reden/ wer durch dergleichen Mittel denen Kindern das Le- ben zu verlängern suchet/ der giebt zu erkennen/ daß er sein Vertrauen nicht auff GOtt/ sondern auff abgöttische Mittel setzet; über diß/ so laufft es wieder die tägliche Erfahrung/ weil ich selbst mit Kindern zu Grabe gegangen bin/ die Adam und Eva geheissen haben. Und gleiches Ge- lichters wird auch der folgende Glaubens-Arti- ckul geartet seyn. Das 29. Capitel. Wenn ein Kind soll 100. Jahr alt ICh stehe gäntzlich in den Gedancken/ es ge- het D 4
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. gegeben/ er ſolle das Kind/ daß er noch zeugenwuͤrde/ laſſen Cain nennen/ weil der erſte Moͤr- der alſo geheiſſen haͤtte/ und wuͤrde um dieſes Nahmens willen das Kind ſanfftmuͤthiger wer- den; oder/ wenn irgend das Alterthum des Nahmens Adams und Evaͤ/ weil ſolcher von Anbegin der Welt bekandt geweſen/ etwas bey der Sache thun kan/ ſo wundert mich/ daß ſolche aberglaͤubiſche Leute ihre Kinder nicht Affen oder Meer-Katzen nennen laſſen/ weil doch das Af- fen-Geſchlechte eher geweſen/ als Adam und E- va. Aber kurtz von der Sache zu reden/ wer durch dergleichen Mittel denen Kindern das Le- ben zu verlaͤngern ſuchet/ der giebt zu erkennen/ daß er ſein Vertrauen nicht auff GOtt/ ſondern auff abgoͤttiſche Mittel ſetzet; uͤber diß/ ſo laufft es wieder die taͤgliche Erfahrung/ weil ich ſelbſt mit Kindern zu Grabe gegangen bin/ die Adam und Eva geheiſſen haben. Und gleiches Ge- lichters wird auch der folgende Glaubens-Arti- ckul geartet ſeyn. Das 29. Capitel. Wenn ein Kind ſoll 100. Jahr alt ICh ſtehe gaͤntzlich in den Gedancken/ es ge- het D 4
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
gegeben/ er ſolle das Kind/ daß er noch zeugen
wuͤrde/ laſſen Cain nennen/ weil der erſte Moͤr-
der alſo geheiſſen haͤtte/ und wuͤrde um dieſes
Nahmens willen das Kind ſanfftmuͤthiger wer-
den; oder/ wenn irgend das Alterthum des
Nahmens Adams und Evaͤ/ weil ſolcher von
Anbegin der Welt bekandt geweſen/ etwas bey
der Sache thun kan/ ſo wundert mich/ daß ſolche
aberglaͤubiſche Leute ihre Kinder nicht Affen oder
Meer-Katzen nennen laſſen/ weil doch das Af-
fen-Geſchlechte eher geweſen/ als Adam und E-
va. Aber kurtz von der Sache zu reden/ wer
durch dergleichen Mittel denen Kindern das Le-
ben zu verlaͤngern ſuchet/ der giebt zu erkennen/
daß er ſein Vertrauen nicht auff GOtt/ ſondern
auff abgoͤttiſche Mittel ſetzet; uͤber diß/ ſo laufft
es wieder die taͤgliche Erfahrung/ weil ich ſelbſt
mit Kindern zu Grabe gegangen bin/ die Adam
und Eva geheiſſen haben. Und gleiches Ge-
lichters wird auch der folgende Glaubens-Arti-
ckul geartet ſeyn.
Das 29. Capitel.
Wenn ein Kind ſoll 100. Jahr alt
werden/ muß man aus drey Kirch-
Spielen die Gevattern dar-
zu bitten.
ICh ſtehe gaͤntzlich in den Gedancken/ es ge-
het
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Zitationshilfe: | Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/77>, abgerufen am 07.02.2025. |