Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ses aber wird nur von nichts-werthen Bräutenvermuthet. Was aber ehrliche und Christliche Bräute sind/ die lieben ihrem Bräutigam von Hertzen/ und nechst GOtt über alles/ sehen nur auff seinem Willen/ haben darneben an allen dem einem grossen Gefallen was sie von ihm be- kommen/ es sey auch so gering es wolle. Wie ich mich denn erinnere/ daß vor diesem eine Ehr- und Tugend liebende Braut in Dreßden/ von ihren damahls mit Mörseburgischer Gesand- schafft in Wien sich befindenden Liebsten/ ein paar in einander geflochtene Kirschen-Stiele in einem Brieffe bekam/ die sie so werth hielt/ als ob es die kostbareste Diamantene Rose gewesen/ zu- mahl/ da sie wuste/ daß ihr Liebster solche mit ei- genen Händen zusammen geflochten hatte. A- ber leider! giebt es ietzt der gleichen rühmens- werthe Bräute gar wenig. Das 84. Capitel. Wer Eßig ansetzen will/ der muß WEnn sauertöpffige böse Leute den Eßig dasjenige
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. ſes aber wird nur von nichts-werthen Braͤutenvermuthet. Was aber ehrliche und Chriſtliche Braͤute ſind/ die lieben ihrem Braͤutigam von Hertzen/ und nechſt GOtt uͤber alles/ ſehen nur auff ſeinem Willen/ haben darneben an allen dem einem groſſen Gefallen was ſie von ihm be- kommen/ es ſey auch ſo gering es wolle. Wie ich mich denn erinnere/ daß vor dieſem eine Ehr- und Tugend liebende Braut in Dreßden/ von ihren damahls mit Moͤrſeburgiſcher Geſand- ſchafft in Wien ſich befindenden Liebſten/ ein paar in einander geflochtene Kirſchen-Stiele in einem Brieffe bekam/ die ſie ſo werth hielt/ als ob es die koſtbareſte Diamantene Roſe geweſen/ zu- mahl/ da ſie wuſte/ daß ihr Liebſter ſolche mit ei- genen Haͤnden zuſammen geflochten hatte. A- ber leider! giebt es ietzt der gleichen ruͤhmens- werthe Braͤute gar wenig. Das 84. Capitel. Wer Eßig anſetzen will/ der muß WEnn ſauertoͤpffige boͤſe Leute den Eßig dasjenige
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
ſes aber wird nur von nichts-werthen Braͤuten
vermuthet. Was aber ehrliche und Chriſtliche
Braͤute ſind/ die lieben ihrem Braͤutigam von
Hertzen/ und nechſt GOtt uͤber alles/ ſehen nur
auff ſeinem Willen/ haben darneben an allen
dem einem groſſen Gefallen was ſie von ihm be-
kommen/ es ſey auch ſo gering es wolle. Wie
ich mich denn erinnere/ daß vor dieſem eine Ehr-
und Tugend liebende Braut in Dreßden/ von
ihren damahls mit Moͤrſeburgiſcher Geſand-
ſchafft in Wien ſich befindenden Liebſten/ ein
paar in einander geflochtene Kirſchen-Stiele in
einem Brieffe bekam/ die ſie ſo werth hielt/ als ob
es die koſtbareſte Diamantene Roſe geweſen/ zu-
mahl/ da ſie wuſte/ daß ihr Liebſter ſolche mit ei-
genen Haͤnden zuſammen geflochten hatte. A-
ber leider! giebt es ietzt der gleichen ruͤhmens-
werthe Braͤute gar wenig.
Das 84. Capitel.
Wer Eßig anſetzen will/ der muß
ſauer darzu ſehen/ und boͤſe ſeyn/ ſonſt
geraͤth der Eßig nicht.
WEnn ſauertoͤpffige boͤſe Leute den Eßig
oder dergleichen/ eine Saͤure aus ihrer
Eigenſchafft und Natur mittheilen koͤn-
nen/ ſo wird nothwendig im Gegentheil folgen/
daß fromme/ holdſelige und freundliche Leute
dasjenige
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