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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung/ derer von super-klugen
Das 51. Capitel.

In Sechswochen soll man ein Kind
nicht in Mantel fassen/ es wird sonst
melancholisch/ oder bekömmt
stets zu trauren.

ES ist zwar nicht gewöhnlich/ daß man die
Sechswochen-Kinder in Mantel fasse/
weil sie nicht aus der Stuben getragen
werden; iedoch aber/ wenn es ja geschehen solte/
so kan keines weges dieses Unheil daraus er-
wachsen/ daß ein solches Kind um dieser Ursach
willen solte melancholisch werden/ oder stets zu
trauren bekommen. Denn wenn es wahr wä-
re/ so müsten viel 1000. Menschen melancho-
lisch seyn/ weil an vielen Orten die Gewohnheit
ist/ daß die kleinen Kinder von den Wehe-Müt-
tern in Mänteln in die Heilige Tauffe getra-
gen werden/ allwo die Gevatterin nur das Kind
wieder aus der Kirche trägt. Und wie lange
ist es denn wohl/ daß auch die Gevattern Män-
tel um gehabt/ sonderlich auff denen Dörffern/
daß also fast alle Kinder in 6. Wochen in Män-
teln getragen worden/ wenn diese nun alle hät-
ten melancholisch werden sollen/ wer hätte denn
die Musicanten ernähret? Und so ihr ja so tolle
seyn und sagen woltet/ die meisten hätten stets zu
trauren bekommen; so sage ich dargegen/ daß

derjenige
Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
Das 51. Capitel.

In Sechswochen ſoll man ein Kind
nicht in Mantel faſſen/ es wird ſonſt
melancholiſch/ oder bekoͤmmt
ſtets zu trauren.

ES iſt zwar nicht gewoͤhnlich/ daß man die
Sechswochen-Kinder in Mantel faſſe/
weil ſie nicht aus der Stuben getragen
werden; iedoch aber/ wenn es ja geſchehen ſolte/
ſo kan keines weges dieſes Unheil daraus er-
wachſen/ daß ein ſolches Kind um dieſer Urſach
willen ſolte melancholiſch werden/ oder ſtets zu
trauren bekommen. Denn wenn es wahr waͤ-
re/ ſo muͤſten viel 1000. Menſchen melancho-
liſch ſeyn/ weil an vielen Orten die Gewohnheit
iſt/ daß die kleinen Kinder von den Wehe-Muͤt-
tern in Maͤnteln in die Heilige Tauffe getra-
gen werden/ allwo die Gevatterin nur das Kind
wieder aus der Kirche traͤgt. Und wie lange
iſt es denn wohl/ daß auch die Gevattern Maͤn-
tel um gehabt/ ſonderlich auff denen Doͤrffern/
daß alſo faſt alle Kinder in 6. Wochen in Maͤn-
teln getragen worden/ wenn dieſe nun alle haͤt-
ten melancholiſch werden ſollen/ wer haͤtte denn
die Muſicanten ernaͤhret? Und ſo ihr ja ſo tolle
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trauren bekommen; ſo ſage ich dargegen/ daß

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[88/0110] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen Das 51. Capitel. In Sechswochen ſoll man ein Kind nicht in Mantel faſſen/ es wird ſonſt melancholiſch/ oder bekoͤmmt ſtets zu trauren. ES iſt zwar nicht gewoͤhnlich/ daß man die Sechswochen-Kinder in Mantel faſſe/ weil ſie nicht aus der Stuben getragen werden; iedoch aber/ wenn es ja geſchehen ſolte/ ſo kan keines weges dieſes Unheil daraus er- wachſen/ daß ein ſolches Kind um dieſer Urſach willen ſolte melancholiſch werden/ oder ſtets zu trauren bekommen. Denn wenn es wahr waͤ- re/ ſo muͤſten viel 1000. Menſchen melancho- liſch ſeyn/ weil an vielen Orten die Gewohnheit iſt/ daß die kleinen Kinder von den Wehe-Muͤt- tern in Maͤnteln in die Heilige Tauffe getra- gen werden/ allwo die Gevatterin nur das Kind wieder aus der Kirche traͤgt. Und wie lange iſt es denn wohl/ daß auch die Gevattern Maͤn- tel um gehabt/ ſonderlich auff denen Doͤrffern/ daß alſo faſt alle Kinder in 6. Wochen in Maͤn- teln getragen worden/ wenn dieſe nun alle haͤt- ten melancholiſch werden ſollen/ wer haͤtte denn die Muſicanten ernaͤhret? Und ſo ihr ja ſo tolle ſeyn und ſagen woltet/ die meiſten haͤtten ſtets zu trauren bekommen; ſo ſage ich dargegen/ daß derjenige

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/110>, abgerufen am 21.11.2024.