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Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773.

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haben wirklich aus der Menge der Angriffe den mir äusserst
empfindlichen Schluß gezogen, daß sehr viele meiner Hrn. Col-
legen mit mir unzufrieden wären, weil sie nicht wußten, daß
alle diese unaufhörliche Ausfälle nur von zwei oder drei Leuten
kämen. -- Und endlich sind diese meine Ankläger, von denen
ich hier spreche, nicht namenlose junge Leute, gegen deren Mut-
willen Verachtung ein hinlängliches Mittel ist: es sind Leute
von Jahren, und die in eben dem öffentlichen Amte stehen,
wie ich.

Verantworten muß ich mich also: und zwar öffentlich,
vor eben dem Richter, vor dem man mich so oft so laut ver-
klagt, d. i. vor dem Publico; und zwar mer vor dem auswär-
tigen
Publico, dem die Data meiner Verteidigung unbekannt
sind, als vor dem hiesigen, welches zwar mir als Bürgern das
wichtigste ist, das aber aus dem Zusammenhange der Dinge,
den es vor Augen hat, meine Rechtfertigung, auch wenn ich
schwiege, lesen kann, und bereits bisher gelesen hat.

§. 5.

Wenn ich nun meine Verautwortungen künftig nach de-
nen jetzo folgenden Grundsätzen und Regeln einrichte, und kei-
ne dieser Regeln bei der mir abgedrungenen Selbstverteidigung
jemals überschreite: erfülle ich alsdenn nicht eine Pflicht, die ich
mir selbst schuldig bin, ohne diejenige zu verletzen, an die mich
unsre Statuten binden? brauche ich alsdenn nicht ein mir
zuständiges Recht, ohne anderer ihre Rechte zu kränken?

I. Freundschaft und Wolwollen erbitte ich mir als eine
Gefälligkeit: aber Ruhe und Sicherheit fodere ich als ein
Recht. Das ist doch das allergeringste, was ein selbst ruhi-
ger Bürger, er sei in den Wäldern von Kanada, oder am Fuße
des Heimbergs, fodern kan!

II. Dieses Rechtes werde ich auch dadurch nicht verlustig,
wenn ich in Einem Jahre statt 100, 1000 Zuhörer hätte;
wenn ich in Einem Jahre statt 100, 1000 Thaler einnähme;

wenn
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haben wirklich aus der Menge der Angriffe den mir äuſſerſt
empfindlichen Schluß gezogen, daß ſehr viele meiner Hrn. Col-
legen mit mir unzufrieden wären, weil ſie nicht wußten, daß
alle dieſe unaufhörliche Ausfälle nur von zwei oder drei Leuten
kämen. — Und endlich ſind dieſe meine Ankläger, von denen
ich hier ſpreche, nicht namenloſe junge Leute, gegen deren Mut-
willen Verachtung ein hinlängliches Mittel iſt: es ſind Leute
von Jahren, und die in eben dem öffentlichen Amte ſtehen,
wie ich.

Verantworten muß ich mich alſo: und zwar öffentlich,
vor eben dem Richter, vor dem man mich ſo oft ſo laut ver-
klagt, d. i. vor dem Publico; und zwar mer vor dem auswär-
tigen
Publico, dem die Data meiner Verteidigung unbekannt
ſind, als vor dem hieſigen, welches zwar mir als Bürgern das
wichtigſte iſt, das aber aus dem Zuſammenhange der Dinge,
den es vor Augen hat, meine Rechtfertigung, auch wenn ich
ſchwiege, leſen kann, und bereits bisher geleſen hat.

§. 5.

Wenn ich nun meine Verautwortungen künftig nach de-
nen jetzo folgenden Grundſätzen und Regeln einrichte, und kei-
ne dieſer Regeln bei der mir abgedrungenen Selbſtverteidigung
jemals überſchreite: erfülle ich alsdenn nicht eine Pflicht, die ich
mir ſelbſt ſchuldig bin, ohne diejenige zu verletzen, an die mich
unſre Statuten binden? brauche ich alsdenn nicht ein mir
zuſtändiges Recht, ohne anderer ihre Rechte zu kränken?

I. Freundſchaft und Wolwollen erbitte ich mir als eine
Gefälligkeit: aber Ruhe und Sicherheit fodere ich als ein
Recht. Das iſt doch das allergeringſte, was ein ſelbſt ruhi-
ger Bürger, er ſei in den Wäldern von Kanada, oder am Fuße
des Heimbergs, fodern kan!

II. Dieſes Rechtes werde ich auch dadurch nicht verluſtig,
wenn ich in Einem Jahre ſtatt 100, 1000 Zuhörer hätte;
wenn ich in Einem Jahre ſtatt 100, 1000 Thaler einnähme;

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[407[183]/0203] haben wirklich aus der Menge der Angriffe den mir äuſſerſt empfindlichen Schluß gezogen, daß ſehr viele meiner Hrn. Col- legen mit mir unzufrieden wären, weil ſie nicht wußten, daß alle dieſe unaufhörliche Ausfälle nur von zwei oder drei Leuten kämen. — Und endlich ſind dieſe meine Ankläger, von denen ich hier ſpreche, nicht namenloſe junge Leute, gegen deren Mut- willen Verachtung ein hinlängliches Mittel iſt: es ſind Leute von Jahren, und die in eben dem öffentlichen Amte ſtehen, wie ich. Verantworten muß ich mich alſo: und zwar öffentlich, vor eben dem Richter, vor dem man mich ſo oft ſo laut ver- klagt, d. i. vor dem Publico; und zwar mer vor dem auswär- tigen Publico, dem die Data meiner Verteidigung unbekannt ſind, als vor dem hieſigen, welches zwar mir als Bürgern das wichtigſte iſt, das aber aus dem Zuſammenhange der Dinge, den es vor Augen hat, meine Rechtfertigung, auch wenn ich ſchwiege, leſen kann, und bereits bisher geleſen hat. §. 5. Wenn ich nun meine Verautwortungen künftig nach de- nen jetzo folgenden Grundſätzen und Regeln einrichte, und kei- ne dieſer Regeln bei der mir abgedrungenen Selbſtverteidigung jemals überſchreite: erfülle ich alsdenn nicht eine Pflicht, die ich mir ſelbſt ſchuldig bin, ohne diejenige zu verletzen, an die mich unſre Statuten binden? brauche ich alsdenn nicht ein mir zuſtändiges Recht, ohne anderer ihre Rechte zu kränken? I. Freundſchaft und Wolwollen erbitte ich mir als eine Gefälligkeit: aber Ruhe und Sicherheit fodere ich als ein Recht. Das iſt doch das allergeringſte, was ein ſelbſt ruhi- ger Bürger, er ſei in den Wäldern von Kanada, oder am Fuße des Heimbergs, fodern kan! II. Dieſes Rechtes werde ich auch dadurch nicht verluſtig, wenn ich in Einem Jahre ſtatt 100, 1000 Zuhörer hätte; wenn ich in Einem Jahre ſtatt 100, 1000 Thaler einnähme; wenn C c 4

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Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 407[183]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/203>, abgerufen am 30.12.2024.