Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite
Verba. Activum, medium.
2. Verba (Conjugation).§. 268.
Von der conjugation des indogermanischen im
algemeinen
.

Wie der nominalstamm zum wirklichen nomen, zum worte
(sazglide) wird durch das casussuffix, so der verbalstamm durch
die personalendung. Leztere ist also das, was das verbum
zum verbum macht und vom nomen scharf ab sezt. Im indoger-
manischen felt urspr. die personalendung nie. Formen wie semi-
tisch, z. b. hebr. qatal, arab. qatala 'interfecit', oder türkisch
sewer 'amans', d. h. 'amat', one personalendung, sind ursprüng-
lich im indogermanischen nicht vorhanden. Im indogermani-
schen ist nur das verbum, was personalendung hat oder urspr.
hatte, eben so wie nur das nomen ist, was ein casussuffix hat
oder hatte. Dise eigenschaft des indogermanischen zeichnet
es vor den meisten bekanten sprachen auß und es ist villeicht
die vermutung nicht zu gewagt, daß wol nur das indogerma-
nische die morphologische scheidung von nomen und verbum
durch gefürt habe*).

1. Personalendungen. Durch die personalendungen
scheidet das indogermanische drei personen in drei zalen,
singularis, pluralis, dualis. Dise personalendungen sind die
an geschmolzenen wurzeln der entsprechenden pronomina. Sie
treten im indogermanischen einmal gesezt ans ende des verbal-
stammes und haben dann die function die person im nomina-
tiv zu bezeichnen; sie treten aber auch zweimal gesezt an den
außlaut des verbalstammes und dann fungiert das erste prono-
men als objectscasus (accusativ, dativ), das zweite als nomi-
nativ. Die erste art nent man activum, z. b. vagha-ti vehit,
die zweite art medium, z. b. vagha-ta-ti vehitur. Letztere
form ist erhalten in den ältesten vertretern der indischen, era-

*) Die hier auß gesprochene vermutung durch untersuchung der zu-
gänglichen sprachen zu bestätigen oder zu widerlegen soll eine meiner
nächsten arbeiten sein, deren außfürung seit einigen jaren durch die auß-
arbeitung des vor ligenden compendiums unterbrochen ward.
Verba. Activum, medium.
2. Verba (Conjugation).§. 268.
Von der conjugation des indogermanischen im
algemeinen
.

Wie der nominalstamm zum wirklichen nomen, zum worte
(sazglide) wird durch das casussuffix, so der verbalstamm durch
die personalendung. Leztere ist also das, was das verbum
zum verbum macht und vom nomen scharf ab sezt. Im indoger-
manischen felt urspr. die personalendung nie. Formen wie semi-
tisch, z. b. hebr. qâtal, arab. qatala ‘interfecit’, oder türkisch
sewer ‘amans’, d. h. ‘amat’, one personalendung, sind ursprüng-
lich im indogermanischen nicht vorhanden. Im indogermani-
schen ist nur dás verbum, was personalendung hat oder urspr.
hatte, eben so wie nur dás nomen ist, was ein casussuffix hat
oder hatte. Dise eigenschaft des indogermanischen zeichnet
es vor den meisten bekanten sprachen auß und es ist villeicht
die vermutung nicht zu gewagt, daß wol nur das indogerma-
nische die morphologische scheidung von nomen und verbum
durch gefürt habe*).

1. Personalendungen. Durch die personalendungen
scheidet das indogermanische drei personen in drei zalen,
singularis, pluralis, dualis. Dise personalendungen sind die
an geschmolzenen wurzeln der entsprechenden pronomina. Sie
treten im indogermanischen einmal gesezt ans ende des verbal-
stammes und haben dann die function die person im nomina-
tiv zu bezeichnen; sie treten aber auch zweimal gesezt an den
außlaut des verbalstammes und dann fungiert das erste prono-
men als objectscasus (accusativ, dativ), das zweite als nomi-
nativ. Die erste art nent man activum, z. b. vagha-ti vehit,
die zweite art medium, z. b. vagha-ta-ti vehitur. Letztere
form ist erhalten in den ältesten vertretern der indischen, era-

*) Die hier auß gesprochene vermutung durch untersuchung der zu-
gänglichen sprachen zu bestätigen oder zu widerlegen soll eine meiner
nächsten arbeiten sein, deren außfürung seit einigen jaren durch die auß-
arbeitung des vor ligenden compendiums unterbrochen ward.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0230" n="504"/>
          <fw place="top" type="header">Verba. Activum, medium.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">2. Verba (Conjugation).</hi> </head>
            <note place="left">§. 268.</note><lb/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#g">Von der conjugation des indogermanischen im<lb/>
algemeinen</hi>.</head><lb/>
              <p>Wie der nominalstamm zum wirklichen nomen, zum worte<lb/>
(sazglide) wird durch das casussuffix, so der verbalstamm durch<lb/>
die <hi rendition="#g">personalendung</hi>. Leztere ist also das, was das verbum<lb/>
zum verbum macht und vom nomen scharf ab sezt. Im indoger-<lb/>
manischen felt urspr. die personalendung nie. Formen wie semi-<lb/>
tisch, z. b. hebr. <hi rendition="#i">qâtal,</hi> arab. <hi rendition="#i">qatala</hi> &#x2018;interfecit&#x2019;, oder türkisch<lb/><hi rendition="#i">sewer</hi> &#x2018;amans&#x2019;, d. h. &#x2018;amat&#x2019;, one personalendung, sind ursprüng-<lb/>
lich im indogermanischen nicht vorhanden. Im indogermani-<lb/>
schen ist nur dás verbum, was personalendung hat oder urspr.<lb/>
hatte, eben so wie nur dás nomen ist, was ein casussuffix hat<lb/>
oder hatte. Dise eigenschaft des indogermanischen zeichnet<lb/>
es vor den meisten bekanten sprachen auß <choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice> es ist villeicht<lb/>
die vermutung nicht zu gewagt, daß wol nur das indogerma-<lb/>
nische die morphologische scheidung von nomen und verbum<lb/>
durch gefürt habe<note place="foot" n="*)">Die hier auß gesprochene vermutung durch untersuchung der zu-<lb/>
gänglichen sprachen zu bestätigen oder zu widerlegen soll eine meiner<lb/>
nächsten arbeiten sein, deren außfürung seit einigen jaren durch die auß-<lb/>
arbeitung des vor ligenden compendiums unterbrochen ward.</note>.</p><lb/>
              <p>1. <hi rendition="#g">Personalendungen</hi>. Durch die personalendungen<lb/>
scheidet das indogermanische <hi rendition="#g">drei personen</hi> in <hi rendition="#g">drei zalen</hi>,<lb/>
singularis, pluralis, dualis. Dise personalendungen sind die<lb/>
an geschmolzenen wurzeln der entsprechenden pronomina. Sie<lb/>
treten im indogermanischen einmal gesezt ans ende des verbal-<lb/>
stammes und haben dann die function die person im nomina-<lb/>
tiv zu bezeichnen; sie treten aber auch zweimal gesezt an den<lb/>
außlaut des verbalstammes und dann fungiert das erste prono-<lb/>
men als objectscasus (accusativ, dativ), das zweite als nomi-<lb/>
nativ. Die erste art nent man <hi rendition="#g">activum</hi>, z. b. <hi rendition="#i">vagha-ti</hi> vehit,<lb/>
die zweite art <hi rendition="#g">medium</hi>, z. b. <hi rendition="#i">vagha-ta-ti</hi> vehitur. Letztere<lb/>
form ist erhalten in den ältesten vertretern der indischen, era-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[504/0230] Verba. Activum, medium. 2. Verba (Conjugation). Von der conjugation des indogermanischen im algemeinen. Wie der nominalstamm zum wirklichen nomen, zum worte (sazglide) wird durch das casussuffix, so der verbalstamm durch die personalendung. Leztere ist also das, was das verbum zum verbum macht und vom nomen scharf ab sezt. Im indoger- manischen felt urspr. die personalendung nie. Formen wie semi- tisch, z. b. hebr. qâtal, arab. qatala ‘interfecit’, oder türkisch sewer ‘amans’, d. h. ‘amat’, one personalendung, sind ursprüng- lich im indogermanischen nicht vorhanden. Im indogermani- schen ist nur dás verbum, was personalendung hat oder urspr. hatte, eben so wie nur dás nomen ist, was ein casussuffix hat oder hatte. Dise eigenschaft des indogermanischen zeichnet es vor den meisten bekanten sprachen auß und es ist villeicht die vermutung nicht zu gewagt, daß wol nur das indogerma- nische die morphologische scheidung von nomen und verbum durch gefürt habe *). 1. Personalendungen. Durch die personalendungen scheidet das indogermanische drei personen in drei zalen, singularis, pluralis, dualis. Dise personalendungen sind die an geschmolzenen wurzeln der entsprechenden pronomina. Sie treten im indogermanischen einmal gesezt ans ende des verbal- stammes und haben dann die function die person im nomina- tiv zu bezeichnen; sie treten aber auch zweimal gesezt an den außlaut des verbalstammes und dann fungiert das erste prono- men als objectscasus (accusativ, dativ), das zweite als nomi- nativ. Die erste art nent man activum, z. b. vagha-ti vehit, die zweite art medium, z. b. vagha-ta-ti vehitur. Letztere form ist erhalten in den ältesten vertretern der indischen, era- *) Die hier auß gesprochene vermutung durch untersuchung der zu- gänglichen sprachen zu bestätigen oder zu widerlegen soll eine meiner nächsten arbeiten sein, deren außfürung seit einigen jaren durch die auß- arbeitung des vor ligenden compendiums unterbrochen ward.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/230
Zitationshilfe: Schleicher, August: Compendium der vergleichenden Grammatik der indogermanischen Sprachen. Bd. 2. Weimar, 1862, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleicher_indogermanische02_1862/230>, abgerufen am 03.12.2024.