Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

den, der dumm war, übervortheilt
hatte: aber sie that es auf eine drol-
lige, fast kindische Art, mit Witz
und mehr aus Übermuth als aus
Rohheit. Ihre ganze Klugheit wandte
sie darauf, sich der Zudringlichkeit
und Unart der Männer zu erweh-
ren, und es gelang ihr so sehr, daß
die rohen, wüsten Menschen mit
einer innigen Achtung von ihr spra-
chen, die dem, welcher sie nicht
kannte und nur von ihrem Gewerbe
wußte, sehr komisch dünkte. Das
war es auch, was den neugierigen
Julius zuerst reizte, eine so sonder-
bare Bekanntschaft zu suchen und er
fand bald noch mehr Ursach zu er-
staunen. Bey den gewöhnlichen
Männern litt und that sie, was sie

den, der dumm war, übervortheilt
hatte: aber ſie that es auf eine drol-
lige, faſt kindiſche Art, mit Witz
und mehr aus Übermuth als aus
Rohheit. Ihre ganze Klugheit wandte
ſie darauf, ſich der Zudringlichkeit
und Unart der Männer zu erweh-
ren, und es gelang ihr ſo ſehr, daß
die rohen, wüſten Menſchen mit
einer innigen Achtung von ihr ſpra-
chen, die dem, welcher ſie nicht
kannte und nur von ihrem Gewerbe
wußte, ſehr komiſch dünkte. Das
war es auch, was den neugierigen
Julius zuerſt reizte, eine ſo ſonder-
bare Bekanntſchaft zu ſuchen und er
fand bald noch mehr Urſach zu er-
ſtaunen. Bey den gewöhnlichen
Männern litt und that ſie, was ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0155" n="150"/>
den, der dumm war, übervortheilt<lb/>
hatte: aber &#x017F;ie that es auf eine drol-<lb/>
lige, fa&#x017F;t kindi&#x017F;che Art, mit Witz<lb/>
und mehr aus Übermuth als aus<lb/>
Rohheit. Ihre ganze Klugheit wandte<lb/>
&#x017F;ie darauf, &#x017F;ich der Zudringlichkeit<lb/>
und Unart der Männer zu erweh-<lb/>
ren, und es gelang ihr &#x017F;o &#x017F;ehr, daß<lb/>
die rohen, wü&#x017F;ten Men&#x017F;chen mit<lb/>
einer innigen Achtung von ihr &#x017F;pra-<lb/>
chen, die dem, welcher &#x017F;ie nicht<lb/>
kannte und nur von ihrem Gewerbe<lb/>
wußte, &#x017F;ehr komi&#x017F;ch dünkte. Das<lb/>
war es auch, was den neugierigen<lb/>
Julius zuer&#x017F;t reizte, eine &#x017F;o &#x017F;onder-<lb/>
bare Bekannt&#x017F;chaft zu &#x017F;uchen und er<lb/>
fand bald noch mehr Ur&#x017F;ach zu er-<lb/>
&#x017F;taunen. Bey den gewöhnlichen<lb/>
Männern litt und that &#x017F;ie, was &#x017F;ie<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0155] den, der dumm war, übervortheilt hatte: aber ſie that es auf eine drol- lige, faſt kindiſche Art, mit Witz und mehr aus Übermuth als aus Rohheit. Ihre ganze Klugheit wandte ſie darauf, ſich der Zudringlichkeit und Unart der Männer zu erweh- ren, und es gelang ihr ſo ſehr, daß die rohen, wüſten Menſchen mit einer innigen Achtung von ihr ſpra- chen, die dem, welcher ſie nicht kannte und nur von ihrem Gewerbe wußte, ſehr komiſch dünkte. Das war es auch, was den neugierigen Julius zuerſt reizte, eine ſo ſonder- bare Bekanntſchaft zu ſuchen und er fand bald noch mehr Urſach zu er- ſtaunen. Bey den gewöhnlichen Männern litt und that ſie, was ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Darüber hinaus sind keine weiteren Teile erschien… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/155
Zitationshilfe: Schlegel, Friedrich von: Lucinde. Berlin, 1799, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_lucinde_1799/155>, abgerufen am 26.04.2024.