Zweites Kapitel. System der Seelenwandrung und Emanation.
Unter allen Philosophieen oder Religionen, wel- che Asien als ihr Vaterland erkennen, ist keine so zuverläßig indischen Ursprungs, keine, mit Aus- schluß der mosaischen Urkunde, älter als das Sy- stem der Emanation und Seelenwandrung. Das Wesentliche desselben wird im ersten Buche der Gesetze Monu's vorgetragen, einem Denkmale, dem keine gesunde Kritik ein geringeres Alter an- weisen wird, als dem ältesten, was die westlich europäische Welt irgend aufzuweisen hat. Seit Jahrtausenden, wie noch heute, ist es die Grund- lage der indischen Verfassung und Gesetzgebung, man kann sagen des indischen Lebens, und eben so unverkennbar das Grundgewebe indischer Sage und Mythologie, der herrschende Geist dersel-
Zweites Kapitel. Syſtem der Seelenwandrung und Emanation.
Unter allen Philoſophieen oder Religionen, wel- che Aſien als ihr Vaterland erkennen, iſt keine ſo zuverlaͤßig indiſchen Urſprungs, keine, mit Aus- ſchluß der moſaiſchen Urkunde, aͤlter als das Sy- ſtem der Emanation und Seelenwandrung. Das Weſentliche deſſelben wird im erſten Buche der Geſetze Monu’s vorgetragen, einem Denkmale, dem keine geſunde Kritik ein geringeres Alter an- weiſen wird, als dem aͤlteſten, was die weſtlich europaͤiſche Welt irgend aufzuweiſen hat. Seit Jahrtauſenden, wie noch heute, iſt es die Grund- lage der indiſchen Verfaſſung und Geſetzgebung, man kann ſagen des indiſchen Lebens, und eben ſo unverkennbar das Grundgewebe indiſcher Sage und Mythologie, der herrſchende Geiſt derſel-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0114"n="95"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#g">Zweites Kapitel.<lb/>
Syſtem der Seelenwandrung und<lb/>
Emanation</hi>.</head><lb/><p><hirendition="#in">U</hi>nter allen Philoſophieen oder Religionen, wel-<lb/>
che Aſien als ihr Vaterland erkennen, iſt keine ſo<lb/>
zuverlaͤßig indiſchen Urſprungs, keine, mit Aus-<lb/>ſchluß der moſaiſchen Urkunde, aͤlter als das Sy-<lb/>ſtem der Emanation und Seelenwandrung. Das<lb/>
Weſentliche deſſelben wird im erſten Buche der<lb/><hirendition="#g">Geſetze Monu’s</hi> vorgetragen, einem Denkmale,<lb/>
dem keine geſunde Kritik ein geringeres Alter an-<lb/>
weiſen wird, als dem aͤlteſten, was die weſtlich<lb/>
europaͤiſche Welt irgend aufzuweiſen hat. Seit<lb/>
Jahrtauſenden, wie noch heute, iſt es die Grund-<lb/>
lage der indiſchen Verfaſſung und Geſetzgebung,<lb/>
man kann ſagen des indiſchen Lebens, und eben<lb/>ſo unverkennbar das Grundgewebe indiſcher Sage<lb/>
und Mythologie, der herrſchende Geiſt derſel-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[95/0114]
Zweites Kapitel.
Syſtem der Seelenwandrung und
Emanation.
Unter allen Philoſophieen oder Religionen, wel-
che Aſien als ihr Vaterland erkennen, iſt keine ſo
zuverlaͤßig indiſchen Urſprungs, keine, mit Aus-
ſchluß der moſaiſchen Urkunde, aͤlter als das Sy-
ſtem der Emanation und Seelenwandrung. Das
Weſentliche deſſelben wird im erſten Buche der
Geſetze Monu’s vorgetragen, einem Denkmale,
dem keine geſunde Kritik ein geringeres Alter an-
weiſen wird, als dem aͤlteſten, was die weſtlich
europaͤiſche Welt irgend aufzuweiſen hat. Seit
Jahrtauſenden, wie noch heute, iſt es die Grund-
lage der indiſchen Verfaſſung und Geſetzgebung,
man kann ſagen des indiſchen Lebens, und eben
ſo unverkennbar das Grundgewebe indiſcher Sage
und Mythologie, der herrſchende Geiſt derſel-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schlegel, Friedrich von: Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg, 1808, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_indier_1808/114>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.