Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.I.
An die Deutschen. Vergaßt auf ewig ihr der hohen Ahnen? Jhr uneins all', an Stumpfheit alle gleich, Gelehrte, Layen, Herrn und Unterthanen! Ach schmolz der Väter Tugendkraft so weich, Die ernst wie Rom so Schwerdt als Griffel führten, Bald welterobernd, bald von Kunstsinn bleich, Das Ritterthum durch Cäsars Würde zierten, Der neuen Dichtkunst vollsten Strom ergossen, Europa, als die Kirche brach, regierten? Jn Deutschland war der heilge Krieg entsprossen, Als Deutschland sich im Frieden ganz zerstörte, Da war das letzte deutsche Blut geflossen. Noch da gabs Stimmen, einen kaum der hörte. Von Fürsten Recht, bey Bürgern edle Sitte War Wenger Ziel, seit sich das Reich verkehrte. Was mögen Einzle, fehlt die große Mitte? Jn Thaten hat uns Gottes Will' umschränkt, Die Kraft der Kunst gewährt er sonder Bitte. Schon früh hat uns Gelehrsamkeit getränkt Mit alter Völker Mark. Zur Geistessonne Wird Kraft und Kunst durch stillen Bund gelenkt. I.
An die Deutschen. Vergaßt auf ewig ihr der hohen Ahnen? Jhr uneins all', an Stumpfheit alle gleich, Gelehrte, Layen, Herrn und Unterthanen! Ach schmolz der Vaͤter Tugendkraft so weich, Die ernst wie Rom so Schwerdt als Griffel fuͤhrten, Bald welterobernd, bald von Kunstsinn bleich, Das Ritterthum durch Caͤsars Wuͤrde zierten, Der neuen Dichtkunst vollsten Strom ergossen, Europa, als die Kirche brach, regierten? Jn Deutschland war der heilge Krieg entsprossen, Als Deutschland sich im Frieden ganz zerstoͤrte, Da war das letzte deutsche Blut geflossen. Noch da gabs Stimmen, einen kaum der hoͤrte. Von Fuͤrsten Recht, bey Buͤrgern edle Sitte War Wenger Ziel, seit sich das Reich verkehrte. Was moͤgen Einzle, fehlt die große Mitte? Jn Thaten hat uns Gottes Will' umschraͤnkt, Die Kraft der Kunst gewaͤhrt er sonder Bitte. Schon fruͤh hat uns Gelehrsamkeit getraͤnkt Mit alter Voͤlker Mark. Zur Geistessonne Wird Kraft und Kunst durch stillen Bund gelenkt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0177" n="165"/> <div n="2"> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi><lb/><hi rendition="#g">An die Deutschen</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/><lb/> <l>Vergaßt auf ewig ihr der hohen Ahnen?</l><lb/> <l>Jhr uneins all', an Stumpfheit alle gleich,</l><lb/> <l>Gelehrte, Layen, Herrn und Unterthanen!</l><lb/> <l>Ach schmolz der Vaͤter Tugendkraft so weich,</l><lb/> <l>Die ernst wie Rom so Schwerdt als Griffel fuͤhrten,</l><lb/> <l>Bald welterobernd, bald von Kunstsinn bleich,</l><lb/> <l>Das Ritterthum durch Caͤsars Wuͤrde zierten,</l><lb/> <l>Der neuen Dichtkunst vollsten Strom ergossen,</l><lb/> <l>Europa, als die Kirche brach, regierten?</l><lb/> <l>Jn Deutschland war der heilge Krieg entsprossen,</l><lb/> <l>Als Deutschland sich im Frieden ganz zerstoͤrte,</l><lb/> <l>Da war das letzte deutsche Blut geflossen.</l><lb/> <l>Noch da gabs Stimmen, einen kaum der hoͤrte.</l><lb/> <l>Von Fuͤrsten Recht, bey Buͤrgern edle Sitte</l><lb/> <l>War Wenger Ziel, seit sich das Reich verkehrte.</l><lb/> <l>Was moͤgen Einzle, fehlt die große Mitte?</l><lb/> <l>Jn Thaten hat uns Gottes Will' umschraͤnkt,</l><lb/> <l>Die Kraft der Kunst gewaͤhrt er sonder Bitte.</l><lb/> <l>Schon fruͤh hat uns Gelehrsamkeit getraͤnkt</l><lb/> <l>Mit alter Voͤlker Mark. Zur Geistessonne</l><lb/> <l>Wird Kraft und Kunst durch stillen Bund gelenkt.</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [165/0177]
I.
An die Deutschen.
Vergaßt auf ewig ihr der hohen Ahnen?
Jhr uneins all', an Stumpfheit alle gleich,
Gelehrte, Layen, Herrn und Unterthanen!
Ach schmolz der Vaͤter Tugendkraft so weich,
Die ernst wie Rom so Schwerdt als Griffel fuͤhrten,
Bald welterobernd, bald von Kunstsinn bleich,
Das Ritterthum durch Caͤsars Wuͤrde zierten,
Der neuen Dichtkunst vollsten Strom ergossen,
Europa, als die Kirche brach, regierten?
Jn Deutschland war der heilge Krieg entsprossen,
Als Deutschland sich im Frieden ganz zerstoͤrte,
Da war das letzte deutsche Blut geflossen.
Noch da gabs Stimmen, einen kaum der hoͤrte.
Von Fuͤrsten Recht, bey Buͤrgern edle Sitte
War Wenger Ziel, seit sich das Reich verkehrte.
Was moͤgen Einzle, fehlt die große Mitte?
Jn Thaten hat uns Gottes Will' umschraͤnkt,
Die Kraft der Kunst gewaͤhrt er sonder Bitte.
Schon fruͤh hat uns Gelehrsamkeit getraͤnkt
Mit alter Voͤlker Mark. Zur Geistessonne
Wird Kraft und Kunst durch stillen Bund gelenkt.
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/177>, abgerufen am 03.03.2025. |