Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800.Werke der Alten hingegen, sind nur Variazionen, verschiedene Ausdrücke, eines und desselben Jdeals. Für den systematischen Gliederbau, die Construction und Organisazion bleiben sie die höchsten Muster, und sind, wenn ich so sagen darf, die Werke unter den Werken. Antonio. Was ich zum Gastmahl beytragen kann, ist eine etwas leichtere Speise. Amalia hat mir schon verziehn und erlaubt, daß ich meine besondern Belehrungen an sie allgemein machen darf. Brief über den Roman.
Jch muß, was ich gestern zu Jhrer Vertheidigung zu sagen schien, zurücknehmen, liebe Freundin! und Jhnen so gut als völlig Unrecht geben. Sie selbst geben es sich am Ende des Streites darin, daß Sie Sich so tief eingelassen, weil es gegen die weibliche Würde sey, aus dem angebohrnen Element von heiterm Scherz und ewiger Poesie zu dem gründlichen oder schwerfälligem Ernst der Männer sich, wie Sie es richtig nannten, herabzustimmen. Jch stimme Jhnen gegen Sie selbst bey, daß Sie Unrecht haben. Ja ich behaupte noch außerdem, daß es nicht genug sey, Unrecht anzuerkennen; man muß es auch büßen, und die wie mirs scheint, ganz zweckmäßige Buße dafür, daß Sie Sich mit der Kritik gemein gemacht haben, soll nun seyn, daß Sie Sich die Geduld abnöthigen, Werke der Alten hingegen, sind nur Variazionen, verschiedene Ausdruͤcke, eines und desselben Jdeals. Fuͤr den systematischen Gliederbau, die Construction und Organisazion bleiben sie die hoͤchsten Muster, und sind, wenn ich so sagen darf, die Werke unter den Werken. Antonio. Was ich zum Gastmahl beytragen kann, ist eine etwas leichtere Speise. Amalia hat mir schon verziehn und erlaubt, daß ich meine besondern Belehrungen an sie allgemein machen darf. Brief uͤber den Roman.
Jch muß, was ich gestern zu Jhrer Vertheidigung zu sagen schien, zuruͤcknehmen, liebe Freundin! und Jhnen so gut als voͤllig Unrecht geben. Sie selbst geben es sich am Ende des Streites darin, daß Sie Sich so tief eingelassen, weil es gegen die weibliche Wuͤrde sey, aus dem angebohrnen Element von heiterm Scherz und ewiger Poesie zu dem gruͤndlichen oder schwerfaͤlligem Ernst der Maͤnner sich, wie Sie es richtig nannten, herabzustimmen. Jch stimme Jhnen gegen Sie selbst bey, daß Sie Unrecht haben. Ja ich behaupte noch außerdem, daß es nicht genug sey, Unrecht anzuerkennen; man muß es auch buͤßen, und die wie mirs scheint, ganz zweckmaͤßige Buße dafuͤr, daß Sie Sich mit der Kritik gemein gemacht haben, soll nun seyn, daß Sie Sich die Geduld abnoͤthigen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0120" n="112"/> Werke der Alten hingegen, sind nur Variazionen, verschiedene Ausdruͤcke, eines und desselben Jdeals. Fuͤr den systematischen Gliederbau, die Construction und Organisazion bleiben sie die hoͤchsten Muster, und sind, wenn ich so sagen darf, die Werke unter den Werken.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p><hi rendition="#g">Antonio</hi>. Was ich zum Gastmahl beytragen kann, ist eine etwas leichtere Speise. Amalia hat mir schon verziehn und erlaubt, daß ich meine besondern Belehrungen an sie allgemein machen darf.</p><lb/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Brief uͤber den Roman</hi>.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Jch muß, was ich gestern zu Jhrer Vertheidigung zu sagen schien, zuruͤcknehmen, liebe Freundin! und Jhnen so gut als voͤllig Unrecht geben. Sie selbst geben es sich am Ende des Streites darin, daß Sie Sich so tief eingelassen, weil es gegen die weibliche Wuͤrde sey, aus dem angebohrnen Element von heiterm Scherz und ewiger Poesie zu dem gruͤndlichen oder schwerfaͤlligem Ernst der Maͤnner sich, wie Sie es richtig nannten, herabzustimmen. Jch stimme Jhnen gegen Sie selbst bey, daß Sie Unrecht haben. Ja ich behaupte noch außerdem, daß es nicht genug sey, Unrecht anzuerkennen; man muß es auch buͤßen, und die wie mirs scheint, ganz zweckmaͤßige Buße dafuͤr, daß Sie Sich mit der Kritik gemein gemacht haben, soll nun seyn, daß Sie Sich die Geduld abnoͤthigen, </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0120]
Werke der Alten hingegen, sind nur Variazionen, verschiedene Ausdruͤcke, eines und desselben Jdeals. Fuͤr den systematischen Gliederbau, die Construction und Organisazion bleiben sie die hoͤchsten Muster, und sind, wenn ich so sagen darf, die Werke unter den Werken.
Antonio. Was ich zum Gastmahl beytragen kann, ist eine etwas leichtere Speise. Amalia hat mir schon verziehn und erlaubt, daß ich meine besondern Belehrungen an sie allgemein machen darf.
Brief uͤber den Roman.
Jch muß, was ich gestern zu Jhrer Vertheidigung zu sagen schien, zuruͤcknehmen, liebe Freundin! und Jhnen so gut als voͤllig Unrecht geben. Sie selbst geben es sich am Ende des Streites darin, daß Sie Sich so tief eingelassen, weil es gegen die weibliche Wuͤrde sey, aus dem angebohrnen Element von heiterm Scherz und ewiger Poesie zu dem gruͤndlichen oder schwerfaͤlligem Ernst der Maͤnner sich, wie Sie es richtig nannten, herabzustimmen. Jch stimme Jhnen gegen Sie selbst bey, daß Sie Unrecht haben. Ja ich behaupte noch außerdem, daß es nicht genug sey, Unrecht anzuerkennen; man muß es auch buͤßen, und die wie mirs scheint, ganz zweckmaͤßige Buße dafuͤr, daß Sie Sich mit der Kritik gemein gemacht haben, soll nun seyn, daß Sie Sich die Geduld abnoͤthigen,
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Zitationshilfe: | Schlegel, August Wilhelm von; Schlegel, Friedrich von (Hrsg.): Athenaeum. Bd. 3. Berlin, 1800, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schlegel_athenaeum_1800/120>, abgerufen am 27.07.2024. |