Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
Melvil.
Wie? Ist der Königin nicht wohl?
Burgoyn.
Sie fühlt sich stark, sie täuscht ihr Heldenmuth.
Und keiner Speise glaubt sie zu bedürfen,
Doch ihrer wartet noch ein schwerer Kampf,
Und ihre Feinde sollen sich nicht rühmen,
Daß Furcht des Todes ihre Wangen bleichte,
Wenn die Natur aus Schwachheit unterliegt.

Melvil (zur Amme, die hereintritt).
Will sie mich sehn?
Kennedy.
Gleich wird sie selbst hier seyn.
-- Ihr scheint euch mit Verwundrung umzusehn,
Und eure Blicke fragen mich: was soll
Das Prachtgeräth in diesem Ort des Todes?
-- O Sir! Wir litten Mangel, da wir lebten,
Erst mit dem Tode kommt der Ueberfluß zurück.
Vierter Auftritt.
Vorige. Zwei andre Kammerfrauen der Maria, gleichfalls
in Trauerkleidern. Sie brechen bei Melvils Anblick in
laute Thränen aus.
Melvil.
Was für ein Anblick! Welch ein Wiedersehn!
Gertrude! Rosamund!

Melvil.
Wie? Iſt der Koͤnigin nicht wohl?
Burgoyn.
Sie fuͤhlt ſich ſtark, ſie taͤuſcht ihr Heldenmuth.
Und keiner Speiſe glaubt ſie zu beduͤrfen,
Doch ihrer wartet noch ein ſchwerer Kampf,
Und ihre Feinde ſollen ſich nicht ruͤhmen,
Daß Furcht des Todes ihre Wangen bleichte,
Wenn die Natur aus Schwachheit unterliegt.

Melvil (zur Amme, die hereintritt).
Will ſie mich ſehn?
Kennedy.
Gleich wird ſie ſelbſt hier ſeyn.
— Ihr ſcheint euch mit Verwundrung umzuſehn,
Und eure Blicke fragen mich: was ſoll
Das Prachtgeraͤth in dieſem Ort des Todes?
— O Sir! Wir litten Mangel, da wir lebten,
Erſt mit dem Tode kommt der Ueberfluß zuruͤck.
Vierter Auftritt.
Vorige. Zwei andre Kammerfrauen der Maria, gleichfalls
in Trauerkleidern. Sie brechen bei Melvils Anblick in
laute Thraͤnen aus.
Melvil.
Was fuͤr ein Anblick! Welch ein Wiederſehn!
Gertrude! Roſamund!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0209" n="203"/>
          <sp who="#MEL">
            <speaker><hi rendition="#g">Melvil</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Wie? I&#x017F;t der Ko&#x0364;nigin nicht wohl?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#BURG">
            <speaker><hi rendition="#g">Burgoyn</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Sie fu&#x0364;hlt &#x017F;ich &#x017F;tark, &#x017F;ie ta&#x0364;u&#x017F;cht ihr Heldenmuth.<lb/>
Und keiner Spei&#x017F;e glaubt &#x017F;ie zu bedu&#x0364;rfen,<lb/>
Doch ihrer wartet noch ein &#x017F;chwerer Kampf,<lb/>
Und ihre Feinde &#x017F;ollen &#x017F;ich nicht ru&#x0364;hmen,<lb/>
Daß Furcht des Todes ihre Wangen bleichte,<lb/>
Wenn die Natur aus Schwachheit unterliegt.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MEL">
            <speaker> <hi rendition="#g">Melvil</hi> </speaker>
            <stage>(zur Amme, die hereintritt).</stage><lb/>
            <p>Will &#x017F;ie mich &#x017F;ehn?</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#HANKEN">
            <speaker><hi rendition="#g">Kennedy</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Gleich wird &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t hier &#x017F;eyn.<lb/>
&#x2014; Ihr &#x017F;cheint euch mit Verwundrung umzu&#x017F;ehn,<lb/>
Und eure Blicke fragen mich: was &#x017F;oll<lb/>
Das Prachtgera&#x0364;th in die&#x017F;em Ort des Todes?<lb/>
&#x2014; O Sir! Wir litten Mangel, da wir lebten,<lb/>
Er&#x017F;t mit dem Tode kommt der Ueberfluß zuru&#x0364;ck.</p>
          </sp>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Vierter Auftritt</hi>.</head><lb/>
          <stage>Vorige. Zwei andre Kammerfrauen der Maria, gleichfalls<lb/>
in Trauerkleidern. Sie brechen bei Melvils Anblick in<lb/>
laute Thra&#x0364;nen aus.</stage><lb/>
          <sp who="#MEL">
            <speaker><hi rendition="#g">Melvil</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Was fu&#x0364;r ein Anblick! Welch ein Wieder&#x017F;ehn!<lb/>
Gertrude! Ro&#x017F;amund!</p><lb/>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0209] Melvil. Wie? Iſt der Koͤnigin nicht wohl? Burgoyn. Sie fuͤhlt ſich ſtark, ſie taͤuſcht ihr Heldenmuth. Und keiner Speiſe glaubt ſie zu beduͤrfen, Doch ihrer wartet noch ein ſchwerer Kampf, Und ihre Feinde ſollen ſich nicht ruͤhmen, Daß Furcht des Todes ihre Wangen bleichte, Wenn die Natur aus Schwachheit unterliegt. Melvil (zur Amme, die hereintritt). Will ſie mich ſehn? Kennedy. Gleich wird ſie ſelbſt hier ſeyn. — Ihr ſcheint euch mit Verwundrung umzuſehn, Und eure Blicke fragen mich: was ſoll Das Prachtgeraͤth in dieſem Ort des Todes? — O Sir! Wir litten Mangel, da wir lebten, Erſt mit dem Tode kommt der Ueberfluß zuruͤck. Vierter Auftritt. Vorige. Zwei andre Kammerfrauen der Maria, gleichfalls in Trauerkleidern. Sie brechen bei Melvils Anblick in laute Thraͤnen aus. Melvil. Was fuͤr ein Anblick! Welch ein Wiederſehn! Gertrude! Roſamund!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/209
Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/209>, abgerufen am 21.12.2024.