Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801.

Bild:
<< vorherige Seite
Dritter Auftritt.
Graf Schrewsbury zu den Vorigen.
Maria.
Es ist nicht darum! Gott, mir ist ganz anders
Zu Muth -- Ach edler Schrewsbury! Ihr kommt,
Vom Himmel mir ein Engel zugesendet!
-- Ich kann sie nicht sehn! Rettet, rettet mich
Von dem verhaßten Anblick --

Schrewsbury.
Kommt zu euch, Königin! Faßt euren Muth
Zusammen. Das ist die entscheidungsvolle Stunde.

Maria.
Ich habe drauf geharret -- Jahre lang
Mich drauf bereitet, alles hab' ich mir
Gesagt und ins Gedächtniß eingeschrieben,
Wie ich sie rühren wollte und bewegen!
Vergessen plötzlich, ausgelöscht ist alles,
Nichts lebt in mir in diesem Augenblick,
Als meiner Leiden brennendes Gefühl.
In blut'gen Haß gewendet wider sie
Ist mir das Herz, es fliehen alle guten
Gedanken, und die Schlangenhaare schüttelnd
Umstehen mich die finstern Höllengeister.

Dritter Auftritt.
Graf Schrewsbury zu den Vorigen.
Maria.
Es iſt nicht darum! Gott, mir iſt ganz anders
Zu Muth — Ach edler Schrewsbury! Ihr kommt,
Vom Himmel mir ein Engel zugeſendet!
— Ich kann ſie nicht ſehn! Rettet, rettet mich
Von dem verhaßten Anblick —

Schrewsbury.
Kommt zu euch, Koͤnigin! Faßt euren Muth
Zuſammen. Das iſt die entſcheidungsvolle Stunde.

Maria.
Ich habe drauf geharret — Jahre lang
Mich drauf bereitet, alles hab' ich mir
Geſagt und ins Gedaͤchtniß eingeſchrieben,
Wie ich ſie ruͤhren wollte und bewegen!
Vergeſſen ploͤtzlich, ausgeloͤſcht iſt alles,
Nichts lebt in mir in dieſem Augenblick,
Als meiner Leiden brennendes Gefuͤhl.
In blut'gen Haß gewendet wider ſie
Iſt mir das Herz, es fliehen alle guten
Gedanken, und die Schlangenhaare ſchuͤttelnd
Umſtehen mich die finſtern Hoͤllengeiſter.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0128" n="122"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Dritter Auftritt</hi>.</head><lb/>
          <stage>Graf Schrewsbury zu den Vorigen.</stage><lb/>
          <sp who="#MARSTUA">
            <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t nicht darum! Gott, mir i&#x017F;t ganz anders<lb/>
Zu Muth &#x2014; Ach edler Schrewsbury! Ihr kommt,<lb/>
Vom Himmel mir ein Engel zuge&#x017F;endet!<lb/>
&#x2014; Ich kann &#x017F;ie nicht &#x017F;ehn! Rettet, rettet mich<lb/>
Von dem verhaßten Anblick &#x2014;</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#TALBGRA">
            <speaker><hi rendition="#g">Schrewsbury</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Kommt zu euch, Ko&#x0364;nigin! Faßt euren Muth<lb/>
Zu&#x017F;ammen. Das i&#x017F;t die ent&#x017F;cheidungsvolle Stunde.</p><lb/>
          </sp>
          <sp who="#MARSTUA">
            <speaker><hi rendition="#g">Maria</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ich habe drauf geharret &#x2014; Jahre lang<lb/>
Mich drauf bereitet, alles hab' ich mir<lb/>
Ge&#x017F;agt und ins Geda&#x0364;chtniß einge&#x017F;chrieben,<lb/>
Wie ich &#x017F;ie ru&#x0364;hren wollte und bewegen!<lb/>
Verge&#x017F;&#x017F;en plo&#x0364;tzlich, ausgelo&#x0364;&#x017F;cht i&#x017F;t alles,<lb/>
Nichts lebt in mir in die&#x017F;em Augenblick,<lb/>
Als meiner Leiden brennendes Gefu&#x0364;hl.<lb/>
In blut'gen Haß gewendet wider &#x017F;ie<lb/>
I&#x017F;t mir das Herz, es fliehen alle guten<lb/>
Gedanken, und die Schlangenhaare &#x017F;chu&#x0364;ttelnd<lb/>
Um&#x017F;tehen mich die fin&#x017F;tern Ho&#x0364;llengei&#x017F;ter.</p><lb/>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0128] Dritter Auftritt. Graf Schrewsbury zu den Vorigen. Maria. Es iſt nicht darum! Gott, mir iſt ganz anders Zu Muth — Ach edler Schrewsbury! Ihr kommt, Vom Himmel mir ein Engel zugeſendet! — Ich kann ſie nicht ſehn! Rettet, rettet mich Von dem verhaßten Anblick — Schrewsbury. Kommt zu euch, Koͤnigin! Faßt euren Muth Zuſammen. Das iſt die entſcheidungsvolle Stunde. Maria. Ich habe drauf geharret — Jahre lang Mich drauf bereitet, alles hab' ich mir Geſagt und ins Gedaͤchtniß eingeſchrieben, Wie ich ſie ruͤhren wollte und bewegen! Vergeſſen ploͤtzlich, ausgeloͤſcht iſt alles, Nichts lebt in mir in dieſem Augenblick, Als meiner Leiden brennendes Gefuͤhl. In blut'gen Haß gewendet wider ſie Iſt mir das Herz, es fliehen alle guten Gedanken, und die Schlangenhaare ſchuͤttelnd Umſtehen mich die finſtern Hoͤllengeiſter.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/128
Zitationshilfe: Schiller, [Friedrich]: Maria Stuart. Tübingen u. a., 1801, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_stuart_1801/128>, abgerufen am 20.11.2024.