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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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Die Räuber,
Daniel. Ach ja wohl! aber eine Unschuld er-
würgen -- einen --
Franz. Bin ich dir etwa Rechenschaft schul-
dig? darf das Beil den Henker fragen, warum
dahin und nicht dorthin? -- aber sieh, wie
langmüthig ich bin -- ich biete dir eine Belohnung
für das, was du mir huldigtest.
Daniel. Aber ich hoffte ein Christe bleiben zu
dörfen, da ich euch huldigte.
Franz. Keine Wiederrede! siehe ich gebe dir
einen ganzen Tag noch Bedenkzeit! Ueberlege es
nochmals. Glück und Unglück -- hörst du, ver-
stehst du? das höchste Glük, und das äusserste
Unglük! Jch will Wunder thun im Peinigen.
Daniel Nach einigem Nachdenken. Jch wills thun,
morgen will ichs thun,
    ab.
Franz.
Die Versuchung ist stark, und der war wohl nicht
zum Märtyrer seines Glaubens geboren --
Wolbekomms dann, Herr Graf! Allem Ansehen
nach werden sie morgen Abend ihr Henker Mahl
halten! -- Es kommt alles nur darauf an, wie
man davon denkt, und der ist ein Narr, der wi-
der seine Vortheile denkt. Den Vater, der viel-
leicht eine Bouteille Wein weiter getrunken hat,
kommt der Kizel an -- und draus wird ein Mensch,
und der Mensch war gewis das lezte, woran bey
gan-
Die Raͤuber,
Daniel. Ach ja wohl! aber eine Unſchuld er-
wuͤrgen — einen —
Franz. Bin ich dir etwa Rechenſchaft ſchul-
dig? darf das Beil den Henker fragen, warum
dahin und nicht dorthin? — aber ſieh, wie
langmuͤthig ich bin — ich biete dir eine Belohnung
fuͤr das, was du mir huldigteſt.
Daniel. Aber ich hoffte ein Chriſte bleiben zu
doͤrfen, da ich euch huldigte.
Franz. Keine Wiederrede! ſiehe ich gebe dir
einen ganzen Tag noch Bedenkzeit! Ueberlege es
nochmals. Gluͤck und Ungluͤck — hoͤrſt du, ver-
ſtehſt du? das hoͤchſte Gluͤk, und das aͤuſſerſte
Ungluͤk! Jch will Wunder thun im Peinigen.
Daniel Nach einigem Nachdenken. Jch wills thun,
morgen will ichs thun,
    ab.
Franz.
Die Verſuchung iſt ſtark, und der war wohl nicht
zum Maͤrtyrer ſeines Glaubens geboren —
Wolbekomms dann, Herr Graf! Allem Anſehen
nach werden ſie morgen Abend ihr Henker Mahl
halten! — Es kommt alles nur darauf an, wie
man davon denkt, und der iſt ein Narr, der wi-
der ſeine Vortheile denkt. Den Vater, der viel-
leicht eine Bouteille Wein weiter getrunken hat,
kommt der Kizel an — und draus wird ein Menſch,
und der Menſch war gewis das lezte, woran bey
gan-
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[146/0168] Die Raͤuber, Daniel. Ach ja wohl! aber eine Unſchuld er- wuͤrgen — einen — Franz. Bin ich dir etwa Rechenſchaft ſchul- dig? darf das Beil den Henker fragen, warum dahin und nicht dorthin? — aber ſieh, wie langmuͤthig ich bin — ich biete dir eine Belohnung fuͤr das, was du mir huldigteſt. Daniel. Aber ich hoffte ein Chriſte bleiben zu doͤrfen, da ich euch huldigte. Franz. Keine Wiederrede! ſiehe ich gebe dir einen ganzen Tag noch Bedenkzeit! Ueberlege es nochmals. Gluͤck und Ungluͤck — hoͤrſt du, ver- ſtehſt du? das hoͤchſte Gluͤk, und das aͤuſſerſte Ungluͤk! Jch will Wunder thun im Peinigen. Daniel Nach einigem Nachdenken. Jch wills thun, morgen will ichs thun, ab. Franz. Die Verſuchung iſt ſtark, und der war wohl nicht zum Maͤrtyrer ſeines Glaubens geboren — Wolbekomms dann, Herr Graf! Allem Anſehen nach werden ſie morgen Abend ihr Henker Mahl halten! — Es kommt alles nur darauf an, wie man davon denkt, und der iſt ein Narr, der wi- der ſeine Vortheile denkt. Den Vater, der viel- leicht eine Bouteille Wein weiter getrunken hat, kommt der Kizel an — und draus wird ein Menſch, und der Menſch war gewis das lezte, woran bey gan-

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/168>, abgerufen am 26.04.2024.