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Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781.

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ein Schauspiel.
der Freyheit fuhr über ihm wie ein Bliz in die
Nacht, der sie finsterer zurückläßt -- Lebt wol, ihr
Vaterlandsthäler! einst saht ihr den Knaben Karl,
und der Knabe Karl war ein glücklicher Knabe --
izt saht ihr de# Mann, und er war in Verzweif-
lung. Er dreht sich schnell nach dem äussersten Ende der Ge-
gend, allwo er plötzlich stille steht und nach dem Schloß mit
Wehmuth herüberblickt.
Sie nicht sehen, nicht einen
Blick? -- und nur eine Mauer gewesen zwischen
mir und Amalia -- Nein! sehen mus ich sie --
mus ich ihn -- es soll mich zermalmen! Er kehrt um.
Vater! Vater! dein Sohn naht -- weg mit dir,
schwarzes rauchendes Blut! weg holer grasser zu-
kender Tode blick! Nur diese Stunde laß mir frey
-- Amalia! Vater! dein Karl naht! Er geht schnell
auf das Schloß zu.
-- Quäle mich, wenn der Tag
erwacht, laß nicht ab von mir, wenn die Nacht
kommt -- quäle mich in schröcklichen Träumen!
nur vergiffte mir diese einzige Wollust nicht! Er
steht an der Pforte.
Wie wird mir? was ist das
Moor? Sey ein Mann! -- -- Todesschauer --
-- Schrecken Ahndung -- --

    Er geht hinein.
[Abbildung]

Drit-
J 4
ein Schauſpiel.
der Freyheit fuhr uͤber ihm wie ein Bliz in die
Nacht, der ſie finſterer zuruͤcklaͤßt — Lebt wol, ihr
Vaterlandsthaͤler! einſt ſaht ihr den Knaben Karl,
und der Knabe Karl war ein gluͤcklicher Knabe —
izt ſaht ihr de# Mann, und er war in Verzweif-
lung. Er dreht ſich ſchnell nach dem aͤuſſerſten Ende der Ge-
gend, allwo er ploͤtzlich ſtille ſteht und nach dem Schloß mit
Wehmuth heruͤberblickt.
Sie nicht ſehen, nicht einen
Blick? — und nur eine Mauer geweſen zwiſchen
mir und Amalia — Nein! ſehen mus ich ſie —
mus ich ihn — es ſoll mich zermalmen! Er kehrt um.
Vater! Vater! dein Sohn naht — weg mit dir,
ſchwarzes rauchendes Blut! weg holer graſſer zu-
kender Tode blick! Nur dieſe Stunde laß mir frey
— Amalia! Vater! dein Karl naht! Er geht ſchnell
auf das Schloß zu.
— Quaͤle mich, wenn der Tag
erwacht, laß nicht ab von mir, wenn die Nacht
kommt — quaͤle mich in ſchroͤcklichen Traͤumen!
nur vergiffte mir dieſe einzige Wolluſt nicht! Er
ſteht an der Pforte.
Wie wird mir? was iſt das
Moor? Sey ein Mann! — — Todesſchauer —
— Schrecken Ahndung — —

    Er geht hinein.
[Abbildung]

Drit-
J 4
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[135/0157] ein Schauſpiel. der Freyheit fuhr uͤber ihm wie ein Bliz in die Nacht, der ſie finſterer zuruͤcklaͤßt — Lebt wol, ihr Vaterlandsthaͤler! einſt ſaht ihr den Knaben Karl, und der Knabe Karl war ein gluͤcklicher Knabe — izt ſaht ihr de# Mann, und er war in Verzweif- lung. Er dreht ſich ſchnell nach dem aͤuſſerſten Ende der Ge- gend, allwo er ploͤtzlich ſtille ſteht und nach dem Schloß mit Wehmuth heruͤberblickt. Sie nicht ſehen, nicht einen Blick? — und nur eine Mauer geweſen zwiſchen mir und Amalia — Nein! ſehen mus ich ſie — mus ich ihn — es ſoll mich zermalmen! Er kehrt um. Vater! Vater! dein Sohn naht — weg mit dir, ſchwarzes rauchendes Blut! weg holer graſſer zu- kender Tode blick! Nur dieſe Stunde laß mir frey — Amalia! Vater! dein Karl naht! Er geht ſchnell auf das Schloß zu. — Quaͤle mich, wenn der Tag erwacht, laß nicht ab von mir, wenn die Nacht kommt — quaͤle mich in ſchroͤcklichen Traͤumen! nur vergiffte mir dieſe einzige Wolluſt nicht! Er ſteht an der Pforte. Wie wird mir? was iſt das Moor? Sey ein Mann! — — Todesſchauer — — Schrecken Ahndung — — Er geht hinein. [Abbildung] Drit- J 4

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Die Räuber. [Stuttgart], Frankfurt u. a., 1781, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_raeuber_1781/157>, abgerufen am 26.04.2024.