Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.
Gut! Recht gut, daß ich in Wallung kam. Ich bin, wie ich wünschte. (zum Kammerdiener) Die Mamsell mag hereintreten. (Kammerdiener geht. Sie wirft sich in den Sofa, und nimmt eine vornehm-nachlä- ßige Lage an.) Siebente Szene. Louise Millerin tritt schüchtern herein, und bleibt in ei- ner großen Entfernung von der Lady stehen; Lady hat ihr den Rüken zugewandt, und betrachtet sie eine Zeit lang aufmerksam in dem gegenüber ste- henden Spiegel. (Nach einer Pause.) Louise. Gnädige Frau, ich erwarte ihre Be- fehle. Lady. (dreht sich nach Louisen um, und nikt nur eben mit dem Kopf, fremd und zurükgezogen) Aha! Ist Sie hier? -- Ohne Zweifel die Mamsell -- eine ge- wisse -- Wie nennt man sie doch? Louise. (etwas empfindlich) Miller nennt sich mein Vater, und Ihro Gnaden schikten nach sei- ner Tochter. Lady. Recht! Recht! Ich entsinne mich -- die arme Geigerstochter, wovon neulich die Rede war. (nach einer Pause, vor sich) Sehr interessant, und doch keine Schönheit -- (laut zu Louisen) Trete sie näher mein Kind. (wieder vor sich) Augen, die sich im Weinen übten -- Wie lieb' ich sie, diese Augen! (wiederum laut) Nur näher -- Nur ganz nah -- Gu- tes Kind, ich glaube, du fürchtest mich? Louise.
Gut! Recht gut, daß ich in Wallung kam. Ich bin, wie ich wuͤnſchte. (zum Kammerdiener) Die Mamſell mag hereintreten. (Kammerdiener geht. Sie wirft ſich in den Sofa, und nimmt eine vornehm-nachlaͤ- ßige Lage an.) Siebente Szene. Louiſe Millerin tritt ſchuͤchtern herein, und bleibt in ei- ner großen Entfernung von der Lady ſtehen; Lady hat ihr den Ruͤken zugewandt, und betrachtet ſie eine Zeit lang aufmerkſam in dem gegenuͤber ſte- henden Spiegel. (Nach einer Pauſe.) Louiſe. Gnaͤdige Frau, ich erwarte ihre Be- fehle. Lady. (dreht ſich nach Louiſen um, und nikt nur eben mit dem Kopf, fremd und zuruͤkgezogen) Aha! Iſt Sie hier? — Ohne Zweifel die Mamſell — eine ge- wiſſe — Wie nennt man ſie doch? Louiſe. (etwas empfindlich) Miller nennt ſich mein Vater, und Ihro Gnaden ſchikten nach ſei- ner Tochter. Lady. Recht! Recht! Ich entſinne mich — die arme Geigerstochter, wovon neulich die Rede war. (nach einer Pauſe, vor ſich) Sehr intereſſant, und doch keine Schoͤnheit — (laut zu Louiſen) Trete ſie naͤher mein Kind. (wieder vor ſich) Augen, die ſich im Weinen uͤbten — Wie lieb' ich ſie, dieſe Augen! (wiederum laut) Nur naͤher — Nur ganz nah — Gu- tes Kind, ich glaube, du fuͤrchteſt mich? Louiſe.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#LAD"> <p><pb facs="#f0116" n="112"/> Gut! Recht gut, daß ich in Wallung kam. Ich<lb/> bin, wie ich wuͤnſchte. <stage>(zum Kammerdiener)</stage> Die<lb/> Mamſell mag hereintreten. <stage>(Kammerdiener geht. Sie<lb/> wirft ſich in den Sofa, und nimmt eine vornehm-nachlaͤ-<lb/> ßige Lage an.)</stage></p> </sp> </div><lb/> <div n="2"> <head>Siebente Szene.</head><lb/> <stage>Louiſe Millerin tritt ſchuͤchtern herein, und bleibt in ei-<lb/> ner großen Entfernung von der Lady ſtehen; Lady hat<lb/> ihr den Ruͤken zugewandt, und betrachtet ſie eine<lb/> Zeit lang aufmerkſam in dem gegenuͤber ſte-<lb/> henden Spiegel.</stage><lb/> <stage>(<hi rendition="#g">Nach einer Pauſe</hi>.)</stage><lb/> <sp who="#LOU"> <speaker> <hi rendition="#fr">Louiſe.</hi> </speaker> <p>Gnaͤdige Frau, ich erwarte ihre Be-<lb/> fehle.</p><lb/> </sp> <sp who="#LAD"> <speaker> <hi rendition="#fr">Lady.</hi> </speaker> <p><stage>(dreht ſich nach Louiſen um, und nikt nur<lb/> eben mit dem Kopf, fremd und zuruͤkgezogen)</stage> Aha! Iſt<lb/> Sie hier? — Ohne Zweifel die Mamſell — eine ge-<lb/> wiſſe — Wie nennt man ſie doch?</p><lb/> </sp> <sp who="#LOU"> <speaker> <hi rendition="#fr">Louiſe.</hi> </speaker> <p><stage>(etwas empfindlich)</stage> Miller nennt ſich<lb/> mein Vater, und Ihro Gnaden <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">ſchikten</hi></hi> nach ſei-<lb/> ner Tochter.</p><lb/> </sp> <sp who="#LAD"> <speaker> <hi rendition="#fr">Lady.</hi> </speaker> <p>Recht! Recht! Ich entſinne mich — die<lb/> arme Geigerstochter, wovon neulich die Rede war.<lb/><stage>(nach einer Pauſe, vor ſich)</stage> Sehr intereſſant, und<lb/> doch keine Schoͤnheit — <stage>(laut zu Louiſen)</stage> Trete ſie<lb/> naͤher mein Kind. <stage>(wieder vor ſich)</stage> Augen, die ſich<lb/> im Weinen uͤbten — Wie lieb' ich ſie, dieſe Augen!<lb/><stage>(wiederum laut)</stage> Nur naͤher — Nur ganz nah — Gu-<lb/> tes Kind, ich glaube, du <hi rendition="#fr">fuͤrchteſt</hi> mich?</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Louiſe.</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [112/0116]
Gut! Recht gut, daß ich in Wallung kam. Ich
bin, wie ich wuͤnſchte. (zum Kammerdiener) Die
Mamſell mag hereintreten. (Kammerdiener geht. Sie
wirft ſich in den Sofa, und nimmt eine vornehm-nachlaͤ-
ßige Lage an.)
Siebente Szene.
Louiſe Millerin tritt ſchuͤchtern herein, und bleibt in ei-
ner großen Entfernung von der Lady ſtehen; Lady hat
ihr den Ruͤken zugewandt, und betrachtet ſie eine
Zeit lang aufmerkſam in dem gegenuͤber ſte-
henden Spiegel.
(Nach einer Pauſe.)
Louiſe. Gnaͤdige Frau, ich erwarte ihre Be-
fehle.
Lady. (dreht ſich nach Louiſen um, und nikt nur
eben mit dem Kopf, fremd und zuruͤkgezogen) Aha! Iſt
Sie hier? — Ohne Zweifel die Mamſell — eine ge-
wiſſe — Wie nennt man ſie doch?
Louiſe. (etwas empfindlich) Miller nennt ſich
mein Vater, und Ihro Gnaden ſchikten nach ſei-
ner Tochter.
Lady. Recht! Recht! Ich entſinne mich — die
arme Geigerstochter, wovon neulich die Rede war.
(nach einer Pauſe, vor ſich) Sehr intereſſant, und
doch keine Schoͤnheit — (laut zu Louiſen) Trete ſie
naͤher mein Kind. (wieder vor ſich) Augen, die ſich
im Weinen uͤbten — Wie lieb' ich ſie, dieſe Augen!
(wiederum laut) Nur naͤher — Nur ganz nah — Gu-
tes Kind, ich glaube, du fuͤrchteſt mich?
Louiſe.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |