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Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.

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Erstes Buch.
Jch wuste nicht, wohin: Es hieß, den Weeg erzwingen,
Und sich mit Mühsamkeit aus dem Gedränge schwingen.
Der Leute Zulauf war ein wieder-Ruck-wärts-Fluß;
Man folgte sich so dicht und fest, und Fuß für Fuß,
315Daß es beschwerlich war, sich aus dem Schwall zu winden,
Um einen Seiten-Weeg nach einem Platz zu finden.
Thalia tratt mir nach, die Wahrheit aber vor;
So kamen wir mit Müh an eines Hauses Thor,
Das nicht verschlossen war, ein wenig offen stunde:
320Wir waren voller Trost, daß sich ein Durchgang funde.
Die Wahrheit stämmte sich, und wir mit ihr, daran,
Daß wir es unbeschwert und schertzend aufgethan.
Gleich suchten wir den Weeg, durch dieses Haus zu gehen,
Allein wir spührten nichts, um was wir umgesehen.
325Es brach aus einem Eck des Hofs ein Licht hervor,
Das aber seine Kraft in schlechtem Oehl verlohr;
Die Sorge war umsonst; so konnten wir dort fragen,
Uns nicht mit Ungeduld und Finsterniß zu plagen.
Die Wahrheit sagte mir: "komm, schauen wir hinein,
330"Vielleicht erfahren wir, was uns kan dienlich seyn!
Wir sahen durch die Thür: da lagen vier Persohnen
Jn unbequemer Ruh. So wolten wir sie schonen.
Die Wahrheit lächelte: doch hielten wir uns still,
Und riethen, was der Ort, das Zimmer sagen will:

Weil

Erſtes Buch.
Jch wuſte nicht, wohin: Es hieß, den Weeg erzwingen,
Und ſich mit Muͤhſamkeit aus dem Gedraͤnge ſchwingen.
Der Leute Zulauf war ein wieder-Ruck-waͤrts-Fluß;
Man folgte ſich ſo dicht und feſt, und Fuß fuͤr Fuß,
315Daß es beſchwerlich war, ſich aus dem Schwall zu winden,
Um einen Seiten-Weeg nach einem Platz zu finden.
Thalia tratt mir nach, die Wahrheit aber vor;
So kamen wir mit Muͤh an eines Hauſes Thor,
Das nicht verſchloſſen war, ein wenig offen ſtunde:
320Wir waren voller Troſt, daß ſich ein Durchgang funde.
Die Wahrheit ſtaͤmmte ſich, und wir mit ihr, daran,
Daß wir es unbeſchwert und ſchertzend aufgethan.
Gleich ſuchten wir den Weeg, durch dieſes Haus zu gehen,
Allein wir ſpuͤhrten nichts, um was wir umgeſehen.
325Es brach aus einem Eck des Hofs ein Licht hervor,
Das aber ſeine Kraft in ſchlechtem Oehl verlohr;
Die Sorge war umſonſt; ſo konnten wir dort fragen,
Uns nicht mit Ungeduld und Finſterniß zu plagen.
Die Wahrheit ſagte mir: „komm, ſchauen wir hinein,
330„Vielleicht erfahren wir, was uns kan dienlich ſeyn!
Wir ſahen durch die Thuͤr: da lagen vier Perſohnen
Jn unbequemer Ruh. So wolten wir ſie ſchonen.
Die Wahrheit laͤchelte: doch hielten wir uns ſtill,
Und riethen, was der Ort, das Zimmer ſagen will:

Weil
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[0038] Erſtes Buch. Jch wuſte nicht, wohin: Es hieß, den Weeg erzwingen, Und ſich mit Muͤhſamkeit aus dem Gedraͤnge ſchwingen. Der Leute Zulauf war ein wieder-Ruck-waͤrts-Fluß; Man folgte ſich ſo dicht und feſt, und Fuß fuͤr Fuß, Daß es beſchwerlich war, ſich aus dem Schwall zu winden, Um einen Seiten-Weeg nach einem Platz zu finden. Thalia tratt mir nach, die Wahrheit aber vor; So kamen wir mit Muͤh an eines Hauſes Thor, Das nicht verſchloſſen war, ein wenig offen ſtunde: Wir waren voller Troſt, daß ſich ein Durchgang funde. Die Wahrheit ſtaͤmmte ſich, und wir mit ihr, daran, Daß wir es unbeſchwert und ſchertzend aufgethan. Gleich ſuchten wir den Weeg, durch dieſes Haus zu gehen, Allein wir ſpuͤhrten nichts, um was wir umgeſehen. Es brach aus einem Eck des Hofs ein Licht hervor, Das aber ſeine Kraft in ſchlechtem Oehl verlohr; Die Sorge war umſonſt; ſo konnten wir dort fragen, Uns nicht mit Ungeduld und Finſterniß zu plagen. Die Wahrheit ſagte mir: „komm, ſchauen wir hinein, „Vielleicht erfahren wir, was uns kan dienlich ſeyn! Wir ſahen durch die Thuͤr: da lagen vier Perſohnen Jn unbequemer Ruh. So wolten wir ſie ſchonen. Die Wahrheit laͤchelte: doch hielten wir uns ſtill, Und riethen, was der Ort, das Zimmer ſagen will: Weil

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Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/38>, abgerufen am 26.04.2024.