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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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N. 21.)



Seltsamer Naturgeschichten
Des Schweizer-Lands
Wochentliche Erzehlung.


Anhang von den Elementen des Schweizerlands.

AUf den höchsten Alp-Spitzen ist die Luft am kältesten/ weilen dorten
die Winde beständig blasen/ die Wolken gezeuget werden/ und sich
aufhalten/ und die Sonnenstralen keine solche kraft können außüben/
wie an den seiten der Bergen/ und in den Thäleren/ wohin sie durch unzahl-
bar vil zurukprellungen eine empfindliche/ und oft so starke wärme bringen/
daß dergleichen kaum an einichem Ort Europae anzutreffen. Wer diß in
betrachtung ziehet/ und noch darzu die geringe schwere und gewaltige dün-
nung der aufstehenden Luft beyfüget/ der wird bald genugsame ursachen se-
hen der beständigen währung des Berg-Schnees und Eis. Steiget man
nach und nach den Berg ab/ so empfindet man mehrere und mehrere wärme/
bis man kommet in das Thal. Es ist aber ein grosser underscheid zuma-
chen/ je nachdem die Berge und Thäler ligen/ das deßnahen zwar den gan-
zen Sommer durch alle 4. Jahrszeiten in dem Schweizerland regieren/ aber
auch einiche Ort zu einer zeit außstehen müssen die hitz des heissen Erdgür-
tels/ andere die kälte der Nordischen Landen/ andere eine mässige mischung von
beyden/ so daß in denen gedanken stehe/ das zum Exempel in dem Augstm.
in dem einigen Schweizerland anzutreffen seyen alle grad der Wärme und
Kälte/ welche zu selbiger zeit sich finden bey allen Völkern der Welt; und
in betrachtung dessen unsere Eidgnössische Lande anzusehen seyn/ als ein
compendium Universi, dahin der Allweise Schöpfer verlegt hat das/
was er weitläuffig zerstreuet durch die ganze Eriden. Sehet/ wie dise vil-
faltige abenderungen herkommen bald von dem einigen Läger oder situa-
tion
der Bergen! Wo dise sich zeuhen von Mor[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]gen gegen Abend/ also daß
die Morgen und Abend-Sonne zwar ihren zugang haben kan/ die übrige zeit
aber des Tags wegen höhe der Bergen in das Thal nicht/ aussert etwann in

den
N. 21.)



Seltſamer Naturgeſchichten
Des Schweizer-Lands
Wochentliche Erzehlung.


Anhang von den Elementen des Schweizerlands.

AUf den hoͤchſten Alp-Spitzen iſt die Luft am kaͤlteſten/ weilen dorten
die Winde beſtaͤndig blaſen/ die Wolken gezeuget werden/ und ſich
aufhalten/ und die Sonnenſtralen keine ſolche kraft koͤnnen außuͤben/
wie an den ſeiten der Bergen/ und in den Thaͤleren/ wohin ſie durch unzahl-
bar vil zurukprellungen eine empfindliche/ und oft ſo ſtarke waͤrme bringen/
daß dergleichen kaum an einichem Ort Europæ anzutreffen. Wer diß in
betrachtung ziehet/ und noch darzu die geringe ſchwere und gewaltige duͤn-
nung der aufſtehenden Luft beyfuͤget/ der wird bald genugſame urſachen ſe-
hen der beſtaͤndigen waͤhrung des Berg-Schnees und Eis. Steiget man
nach und nach den Berg ab/ ſo empfindet man mehrere und mehrere waͤrme/
bis man kommet in das Thal. Es iſt aber ein groſſer underſcheid zuma-
chen/ je nachdem die Berge und Thaͤler ligen/ das deßnahen zwar den gan-
zen Sommer durch alle 4. Jahrszeiten in dem Schweizerland regieren/ aber
auch einiche Ort zu einer zeit außſtehen muͤſſen die hitz des heiſſen Erdguͤr-
tels/ andere die kaͤlte der Nordiſchen Landẽ/ andere eine maͤſſige miſchung von
beyden/ ſo daß in denen gedanken ſtehe/ das zum Exempel in dem Augſtm.
in dem einigen Schweizerland anzutreffen ſeyen alle grad der Waͤrme und
Kaͤlte/ welche zu ſelbiger zeit ſich finden bey allen Voͤlkern der Welt; und
in betrachtung deſſen unſere Eidgnoͤſſiſche Lande anzuſehen ſeyn/ als ein
compendium Univerſi, dahin der Allweiſe Schoͤpfer verlegt hat das/
was er weitlaͤuffig zerſtreuet durch die ganze Eriden. Sehet/ wie diſe vil-
faltige abenderungen herkommen bald von dem einigen Laͤger oder ſitua-
tion
der Bergen! Wo diſe ſich zeuhen von Mor[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]gen gegen Abend/ alſo daß
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aber des Tags wegen hoͤhe der Bergen in das Thal nicht/ auſſert etwann in

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[(81)[81]/0104] N. 21.) 1. Jul. 1705. Seltſamer Naturgeſchichten Des Schweizer-Lands Wochentliche Erzehlung. Anhang von den Elementen des Schweizerlands. AUf den hoͤchſten Alp-Spitzen iſt die Luft am kaͤlteſten/ weilen dorten die Winde beſtaͤndig blaſen/ die Wolken gezeuget werden/ und ſich aufhalten/ und die Sonnenſtralen keine ſolche kraft koͤnnen außuͤben/ wie an den ſeiten der Bergen/ und in den Thaͤleren/ wohin ſie durch unzahl- bar vil zurukprellungen eine empfindliche/ und oft ſo ſtarke waͤrme bringen/ daß dergleichen kaum an einichem Ort Europæ anzutreffen. Wer diß in betrachtung ziehet/ und noch darzu die geringe ſchwere und gewaltige duͤn- nung der aufſtehenden Luft beyfuͤget/ der wird bald genugſame urſachen ſe- hen der beſtaͤndigen waͤhrung des Berg-Schnees und Eis. Steiget man nach und nach den Berg ab/ ſo empfindet man mehrere und mehrere waͤrme/ bis man kommet in das Thal. Es iſt aber ein groſſer underſcheid zuma- chen/ je nachdem die Berge und Thaͤler ligen/ das deßnahen zwar den gan- zen Sommer durch alle 4. Jahrszeiten in dem Schweizerland regieren/ aber auch einiche Ort zu einer zeit außſtehen muͤſſen die hitz des heiſſen Erdguͤr- tels/ andere die kaͤlte der Nordiſchen Landẽ/ andere eine maͤſſige miſchung von beyden/ ſo daß in denen gedanken ſtehe/ das zum Exempel in dem Augſtm. in dem einigen Schweizerland anzutreffen ſeyen alle grad der Waͤrme und Kaͤlte/ welche zu ſelbiger zeit ſich finden bey allen Voͤlkern der Welt; und in betrachtung deſſen unſere Eidgnoͤſſiſche Lande anzuſehen ſeyn/ als ein compendium Univerſi, dahin der Allweiſe Schoͤpfer verlegt hat das/ was er weitlaͤuffig zerſtreuet durch die ganze Eriden. Sehet/ wie diſe vil- faltige abenderungen herkommen bald von dem einigen Laͤger oder ſitua- tion der Bergen! Wo diſe ſich zeuhen von Mor_gen gegen Abend/ alſo daß die Morgen und Abend-Soñe zwar ihren zugang haben kan/ die uͤbrige zeit aber des Tags wegen hoͤhe der Bergen in das Thal nicht/ auſſert etwann in den

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (81)[81]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/104>, abgerufen am 21.12.2024.