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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Fünfundzwanzigstes Kapitel.
Ausklingen und Ende.


"So schließt Waltari's Lied." -- Er hat brav gesungen, unser
Einsiedel Ekkehard, und sein Waltarilied ist ein ehrwürdig Denkmal
deutschen Geistes, die erste große Dichtung aus dem Kreis heimischer
Heldensage, die trotz verzehrendem Roste der Zeit unversehrt der Nach-
welt erhalten ward. Freilich sind andere Töne darin angeschlagen,
als in den goldverbrämten Büchlein, die der epigonische Poet ausheckt, --
der Geist großer Heldenzeit weht drin, wild und fast schaurig, wie
Rauschen des Sturmes im Eichwald, es klingt und sprüht von
Schwerteshieb und zerspelltem Helm und Schildrand ein Erkleckliches
und ist von minniglichem Flötenton so wenig zu verspüren, als von
angegeistetem Schwatzen über Gott und die Welt und sonst noch Eini-
ges: riesenhafter Kampf und riesenhafter Spaß, altes Reckenthum in
seiner schlichtfürchterlichen Art, ehrliche, fromme, schweigende Liebe und
ächter, dreinschlagender Haß, das waren Ekkehard's Bausteine; aber
darum ist sein Werk auch gesund und gewaltig worden und steht am
Eingang der altdeutschen Dichtung, groß und ehrenfest wie einer jener
erzgewappneten Riesen, die die bildende Kunst späterer Zeiten als
Thorhüter vor der Paläste Eingang zu stellen pflegt.

Und wen die Herbigkeit alter, oft schier heidnischer Anschauung
unlieblich anmuthen möchte, gleich einem rauhen Luftzug an den Dünen
des Meers, draus der frackumhüllte Mensch Erkältung schöpft und ein
Hüftlein, der möge bedenken, daß Einer das Lied sang, der selber in
der Hunnenschlacht gefochten, und daß er's sang, die Locken umsaust
vom Winde, der über die Schneefelder des Säntis gestrichen, viel hun-
dert Klafter über den Niederungen des Thales, die Wolfshaut zum
Mantel, den Felsblock der Höhle zum Schreibtisch, die Bärin zum
Zuhörer.

Fünfundzwanzigſtes Kapitel.
Ausklingen und Ende.


„So ſchließt Waltari's Lied.“ — Er hat brav geſungen, unſer
Einſiedel Ekkehard, und ſein Waltarilied iſt ein ehrwürdig Denkmal
deutſchen Geiſtes, die erſte große Dichtung aus dem Kreis heimiſcher
Heldenſage, die trotz verzehrendem Roſte der Zeit unverſehrt der Nach-
welt erhalten ward. Freilich ſind andere Töne darin angeſchlagen,
als in den goldverbrämten Büchlein, die der epigoniſche Poet ausheckt, —
der Geiſt großer Heldenzeit weht drin, wild und faſt ſchaurig, wie
Rauſchen des Sturmes im Eichwald, es klingt und ſprüht von
Schwerteshieb und zerſpelltem Helm und Schildrand ein Erkleckliches
und iſt von minniglichem Flötenton ſo wenig zu verſpüren, als von
angegeiſtetem Schwatzen über Gott und die Welt und ſonſt noch Eini-
ges: rieſenhafter Kampf und rieſenhafter Spaß, altes Reckenthum in
ſeiner ſchlichtfürchterlichen Art, ehrliche, fromme, ſchweigende Liebe und
ächter, dreinſchlagender Haß, das waren Ekkehard's Bauſteine; aber
darum iſt ſein Werk auch geſund und gewaltig worden und ſteht am
Eingang der altdeutſchen Dichtung, groß und ehrenfeſt wie einer jener
erzgewappneten Rieſen, die die bildende Kunſt ſpäterer Zeiten als
Thorhüter vor der Paläſte Eingang zu ſtellen pflegt.

Und wen die Herbigkeit alter, oft ſchier heidniſcher Anſchauung
unlieblich anmuthen möchte, gleich einem rauhen Luftzug an den Dünen
des Meers, draus der frackumhüllte Menſch Erkältung ſchöpft und ein
Hüftlein, der möge bedenken, daß Einer das Lied ſang, der ſelber in
der Hunnenſchlacht gefochten, und daß er's ſang, die Locken umſaust
vom Winde, der über die Schneefelder des Säntis geſtrichen, viel hun-
dert Klafter über den Niederungen des Thales, die Wolfshaut zum
Mantel, den Felsblock der Höhle zum Schreibtiſch, die Bärin zum
Zuhörer.

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[398/0420] Fünfundzwanzigſtes Kapitel. Ausklingen und Ende. „So ſchließt Waltari's Lied.“ — Er hat brav geſungen, unſer Einſiedel Ekkehard, und ſein Waltarilied iſt ein ehrwürdig Denkmal deutſchen Geiſtes, die erſte große Dichtung aus dem Kreis heimiſcher Heldenſage, die trotz verzehrendem Roſte der Zeit unverſehrt der Nach- welt erhalten ward. Freilich ſind andere Töne darin angeſchlagen, als in den goldverbrämten Büchlein, die der epigoniſche Poet ausheckt, — der Geiſt großer Heldenzeit weht drin, wild und faſt ſchaurig, wie Rauſchen des Sturmes im Eichwald, es klingt und ſprüht von Schwerteshieb und zerſpelltem Helm und Schildrand ein Erkleckliches und iſt von minniglichem Flötenton ſo wenig zu verſpüren, als von angegeiſtetem Schwatzen über Gott und die Welt und ſonſt noch Eini- ges: rieſenhafter Kampf und rieſenhafter Spaß, altes Reckenthum in ſeiner ſchlichtfürchterlichen Art, ehrliche, fromme, ſchweigende Liebe und ächter, dreinſchlagender Haß, das waren Ekkehard's Bauſteine; aber darum iſt ſein Werk auch geſund und gewaltig worden und ſteht am Eingang der altdeutſchen Dichtung, groß und ehrenfeſt wie einer jener erzgewappneten Rieſen, die die bildende Kunſt ſpäterer Zeiten als Thorhüter vor der Paläſte Eingang zu ſtellen pflegt. Und wen die Herbigkeit alter, oft ſchier heidniſcher Anſchauung unlieblich anmuthen möchte, gleich einem rauhen Luftzug an den Dünen des Meers, draus der frackumhüllte Menſch Erkältung ſchöpft und ein Hüftlein, der möge bedenken, daß Einer das Lied ſang, der ſelber in der Hunnenſchlacht gefochten, und daß er's ſang, die Locken umſaust vom Winde, der über die Schneefelder des Säntis geſtrichen, viel hun- dert Klafter über den Niederungen des Thales, die Wolfshaut zum Mantel, den Felsblock der Höhle zum Schreibtiſch, die Bärin zum Zuhörer.

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/420>, abgerufen am 21.11.2024.