Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite
Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Vertrag mit Anhalt-Bernburg 1840, Gesetz-Sammlung
1840. S. 250.
- - Braunschweig 1841, -
1842. S. 1.
§. 349.
Widerstreitende Territorialrechte in verschiedenen
Staaten. (Fortsetzung.)

Unsere Untersuchung hat bisher dahin geführt, daß auch
bei der Entscheidung über solche Rechtsverhältnisse, welche
mit verschiedenen unabhängigen Staaten in Berührung
kommen, der Richter dasjenige örtliche Recht anzuwenden
hat, dem das streitige Rechtsverhältniß angehört, ohne Un-
terschied, ob dieses örtliche Recht das einheimische Recht
dieses Richters, oder das Recht eines fremden Staates
sein mag (§ 348.).

Dieser Grundsatz aber muß nunmehr beschränkt werden
mit Rücksicht auf manche Arten von Gesetzen, deren beson-
dere Natur einer so freien Behandlung der Rechtsgemein-
schaft unter verschiedenen Staaten widerstrebt. Bei solchen
Gesetzen wird der Richter das einheimische Recht aus-
schließender anzuwenden haben, als es jener Grundsatz ge-
stattet, das fremde Recht dagegen unangewendet lassen
müssen, auch wo jener Grundsatz die Anwendung rechtfer-
tigen würde. Daraus entsteht eine Reihe von Ausnahme-
fällen wichtiger Art, deren Gränzen festzustellen vielleicht
die schwierigste Aufgabe in dieser ganzen Lehre sein mag.

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Vertrag mit Anhalt-Bernburg 1840, Geſetz-Sammlung
1840. S. 250.
‒ ‒ Braunſchweig 1841, ‒
1842. S. 1.
§. 349.
Widerſtreitende Territorialrechte in verſchiedenen
Staaten. (Fortſetzung.)

Unſere Unterſuchung hat bisher dahin geführt, daß auch
bei der Entſcheidung über ſolche Rechtsverhältniſſe, welche
mit verſchiedenen unabhängigen Staaten in Berührung
kommen, der Richter dasjenige örtliche Recht anzuwenden
hat, dem das ſtreitige Rechtsverhältniß angehört, ohne Un-
terſchied, ob dieſes örtliche Recht das einheimiſche Recht
dieſes Richters, oder das Recht eines fremden Staates
ſein mag (§ 348.).

Dieſer Grundſatz aber muß nunmehr beſchränkt werden
mit Rückſicht auf manche Arten von Geſetzen, deren beſon-
dere Natur einer ſo freien Behandlung der Rechtsgemein-
ſchaft unter verſchiedenen Staaten widerſtrebt. Bei ſolchen
Geſetzen wird der Richter das einheimiſche Recht aus-
ſchließender anzuwenden haben, als es jener Grundſatz ge-
ſtattet, das fremde Recht dagegen unangewendet laſſen
müſſen, auch wo jener Grundſatz die Anwendung rechtfer-
tigen würde. Daraus entſteht eine Reihe von Ausnahme-
fällen wichtiger Art, deren Gränzen feſtzuſtellen vielleicht
die ſchwierigſte Aufgabe in dieſer ganzen Lehre ſein mag.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0054" n="32"/>
            <fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">III.</hi> Herr&#x017F;chaft der Rechtsregeln. Kap. <hi rendition="#aq">I.</hi> Örtliche Gränzen.</fw><lb/>
            <list>
              <item>Vertrag mit Anhalt-Bernburg 1840, Ge&#x017F;etz-Sammlung<lb/>
1840. S. 250.</item><lb/>
              <item>&#x2012; &#x2012; Braun&#x017F;chweig 1841, &#x2012;<lb/>
1842. S. 1.</item>
            </list>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 349.<lb/><hi rendition="#g">Wider&#x017F;treitende Territorialrechte in ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Staaten. (Fort&#x017F;etzung.)</hi></head><lb/>
            <p>Un&#x017F;ere Unter&#x017F;uchung hat bisher dahin geführt, daß auch<lb/>
bei der Ent&#x017F;cheidung über &#x017F;olche Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e, welche<lb/>
mit ver&#x017F;chiedenen unabhängigen Staaten in Berührung<lb/>
kommen, der Richter dasjenige örtliche Recht anzuwenden<lb/>
hat, dem das &#x017F;treitige Rechtsverhältniß angehört, ohne Un-<lb/>
ter&#x017F;chied, ob die&#x017F;es örtliche Recht das einheimi&#x017F;che Recht<lb/>
die&#x017F;es Richters, oder das Recht eines fremden Staates<lb/>
&#x017F;ein mag (§ 348.).</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;er Grund&#x017F;atz aber muß nunmehr be&#x017F;chränkt werden<lb/>
mit Rück&#x017F;icht auf manche Arten von Ge&#x017F;etzen, deren be&#x017F;on-<lb/>
dere Natur einer &#x017F;o freien Behandlung der Rechtsgemein-<lb/>
&#x017F;chaft unter ver&#x017F;chiedenen Staaten wider&#x017F;trebt. Bei &#x017F;olchen<lb/>
Ge&#x017F;etzen wird der Richter das einheimi&#x017F;che Recht aus-<lb/>
&#x017F;chließender anzuwenden haben, als es jener Grund&#x017F;atz ge-<lb/>
&#x017F;tattet, das fremde Recht dagegen unangewendet la&#x017F;&#x017F;en<lb/>&#x017F;&#x017F;en, auch wo jener Grund&#x017F;atz die Anwendung rechtfer-<lb/>
tigen würde. Daraus ent&#x017F;teht eine Reihe von Ausnahme-<lb/>
fällen wichtiger Art, deren Gränzen fe&#x017F;tzu&#x017F;tellen vielleicht<lb/>
die &#x017F;chwierig&#x017F;te Aufgabe in die&#x017F;er ganzen Lehre &#x017F;ein mag.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0054] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. Vertrag mit Anhalt-Bernburg 1840, Geſetz-Sammlung 1840. S. 250. ‒ ‒ Braunſchweig 1841, ‒ 1842. S. 1. §. 349. Widerſtreitende Territorialrechte in verſchiedenen Staaten. (Fortſetzung.) Unſere Unterſuchung hat bisher dahin geführt, daß auch bei der Entſcheidung über ſolche Rechtsverhältniſſe, welche mit verſchiedenen unabhängigen Staaten in Berührung kommen, der Richter dasjenige örtliche Recht anzuwenden hat, dem das ſtreitige Rechtsverhältniß angehört, ohne Un- terſchied, ob dieſes örtliche Recht das einheimiſche Recht dieſes Richters, oder das Recht eines fremden Staates ſein mag (§ 348.). Dieſer Grundſatz aber muß nunmehr beſchränkt werden mit Rückſicht auf manche Arten von Geſetzen, deren beſon- dere Natur einer ſo freien Behandlung der Rechtsgemein- ſchaft unter verſchiedenen Staaten widerſtrebt. Bei ſolchen Geſetzen wird der Richter das einheimiſche Recht aus- ſchließender anzuwenden haben, als es jener Grundſatz ge- ſtattet, das fremde Recht dagegen unangewendet laſſen müſſen, auch wo jener Grundſatz die Anwendung rechtfer- tigen würde. Daraus entſteht eine Reihe von Ausnahme- fällen wichtiger Art, deren Gränzen feſtzuſtellen vielleicht die ſchwierigſte Aufgabe in dieſer ganzen Lehre ſein mag.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/54
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/54>, abgerufen am 22.12.2024.