Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
steller gewöhnlich ansehen), sondern über die Freilassung, und die mit derselben verbundene Beschränkung des Ver- mögens. Die transitorische Vorschrift war der Natur des Rechtsverhältnisses völlig angemessen.
§. 397. A.Erwerb der Rechte. -- Ausnahmen.
Durch die bisher geführte Untersuchung ist für die zeit- liche Einwirkung neuer Gesetze auf die einzelnen Klassen der Rechtsverhältnisse eine regelmäßige Gränze festgestellt worden. Ausnahmen von diesen Regeln sind in zwei entgegengesetzten Richtungen denkbar; sie können die Wirk- samkeit des neuen Gesetzes, in Vergleichung mit den auf- gestellten Regeln, entweder erweitern oder einschränken.
Eine Erweiterung der Wirksamkeit eines neuen Ge- setzes, also eine rückwirkende Kraft des Gesetzes als Aus- nahme, wird meist den Sinn haben, daß der Gesetzgeber, von dem Gefühl der Wichtigkeit einer neuen Maaßregel durchdrungen, derselben so weit Geltung zu verschaffen sucht, als seine Macht reicht. Ein Beispiel ist oben ange- geben worden an einem Römischen Wuchergesetz (§ 386. f. g.). Schwerlich möchte sich je eine Ausnahme dieser Art rechtfertigen lassen, indem stets der auf diesem Wege zu erreichende Vortheil überwogen werden wird von dem ungünstigen Eindruck, der ein so willkürliches Durchgrei- fen, selbst bei guter Absicht, zu begleiten pflegt. -- Es
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
ſteller gewöhnlich anſehen), ſondern über die Freilaſſung, und die mit derſelben verbundene Beſchränkung des Ver- mögens. Die tranſitoriſche Vorſchrift war der Natur des Rechtsverhältniſſes völlig angemeſſen.
§. 397. A.Erwerb der Rechte. — Ausnahmen.
Durch die bisher geführte Unterſuchung iſt für die zeit- liche Einwirkung neuer Geſetze auf die einzelnen Klaſſen der Rechtsverhältniſſe eine regelmäßige Gränze feſtgeſtellt worden. Ausnahmen von dieſen Regeln ſind in zwei entgegengeſetzten Richtungen denkbar; ſie können die Wirk- ſamkeit des neuen Geſetzes, in Vergleichung mit den auf- geſtellten Regeln, entweder erweitern oder einſchränken.
Eine Erweiterung der Wirkſamkeit eines neuen Ge- ſetzes, alſo eine rückwirkende Kraft des Geſetzes als Aus- nahme, wird meiſt den Sinn haben, daß der Geſetzgeber, von dem Gefühl der Wichtigkeit einer neuen Maaßregel durchdrungen, derſelben ſo weit Geltung zu verſchaffen ſucht, als ſeine Macht reicht. Ein Beiſpiel iſt oben ange- geben worden an einem Römiſchen Wuchergeſetz (§ 386. f. g.). Schwerlich möchte ſich je eine Ausnahme dieſer Art rechtfertigen laſſen, indem ſtets der auf dieſem Wege zu erreichende Vortheil überwogen werden wird von dem ungünſtigen Eindruck, der ein ſo willkürliches Durchgrei- fen, ſelbſt bei guter Abſicht, zu begleiten pflegt. — Es
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0528"n="506"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">III.</hi> Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. <hirendition="#aq">II.</hi> Zeitliche Gränzen.</fw><lb/>ſteller gewöhnlich anſehen), ſondern über die Freilaſſung,<lb/>
und die mit derſelben verbundene Beſchränkung des Ver-<lb/>
mögens. Die tranſitoriſche Vorſchrift war der Natur des<lb/>
Rechtsverhältniſſes völlig angemeſſen.</p></div></div><lb/><divn="3"><head>§. 397.<lb/><hirendition="#aq">A.</hi><hirendition="#g">Erwerb der Rechte. — Ausnahmen</hi>.</head><lb/><p>Durch die bisher geführte Unterſuchung iſt für die zeit-<lb/>
liche Einwirkung neuer Geſetze auf die einzelnen Klaſſen<lb/>
der Rechtsverhältniſſe eine regelmäßige Gränze feſtgeſtellt<lb/>
worden. Ausnahmen von dieſen Regeln ſind in zwei<lb/>
entgegengeſetzten Richtungen denkbar; ſie können die Wirk-<lb/>ſamkeit des neuen Geſetzes, in Vergleichung mit den auf-<lb/>
geſtellten Regeln, entweder erweitern oder einſchränken.</p><lb/><p>Eine <hirendition="#g">Erweiterung</hi> der Wirkſamkeit eines neuen Ge-<lb/>ſetzes, alſo eine rückwirkende Kraft des Geſetzes als Aus-<lb/>
nahme, wird meiſt den Sinn haben, daß der Geſetzgeber,<lb/>
von dem Gefühl der Wichtigkeit einer neuen Maaßregel<lb/>
durchdrungen, derſelben ſo weit Geltung zu verſchaffen<lb/>ſucht, als ſeine Macht reicht. Ein Beiſpiel iſt oben ange-<lb/>
geben worden an einem Römiſchen Wuchergeſetz (§ 386.<lb/><hirendition="#aq">f. g.</hi>). Schwerlich möchte ſich je eine Ausnahme dieſer<lb/>
Art rechtfertigen laſſen, indem ſtets der auf dieſem Wege<lb/>
zu erreichende Vortheil überwogen werden wird von dem<lb/>
ungünſtigen Eindruck, der ein ſo willkürliches Durchgrei-<lb/>
fen, ſelbſt bei guter Abſicht, zu begleiten pflegt. — Es<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[506/0528]
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
ſteller gewöhnlich anſehen), ſondern über die Freilaſſung,
und die mit derſelben verbundene Beſchränkung des Ver-
mögens. Die tranſitoriſche Vorſchrift war der Natur des
Rechtsverhältniſſes völlig angemeſſen.
§. 397.
A. Erwerb der Rechte. — Ausnahmen.
Durch die bisher geführte Unterſuchung iſt für die zeit-
liche Einwirkung neuer Geſetze auf die einzelnen Klaſſen
der Rechtsverhältniſſe eine regelmäßige Gränze feſtgeſtellt
worden. Ausnahmen von dieſen Regeln ſind in zwei
entgegengeſetzten Richtungen denkbar; ſie können die Wirk-
ſamkeit des neuen Geſetzes, in Vergleichung mit den auf-
geſtellten Regeln, entweder erweitern oder einſchränken.
Eine Erweiterung der Wirkſamkeit eines neuen Ge-
ſetzes, alſo eine rückwirkende Kraft des Geſetzes als Aus-
nahme, wird meiſt den Sinn haben, daß der Geſetzgeber,
von dem Gefühl der Wichtigkeit einer neuen Maaßregel
durchdrungen, derſelben ſo weit Geltung zu verſchaffen
ſucht, als ſeine Macht reicht. Ein Beiſpiel iſt oben ange-
geben worden an einem Römiſchen Wuchergeſetz (§ 386.
f. g.). Schwerlich möchte ſich je eine Ausnahme dieſer
Art rechtfertigen laſſen, indem ſtets der auf dieſem Wege
zu erreichende Vortheil überwogen werden wird von dem
ungünſtigen Eindruck, der ein ſo willkürliches Durchgrei-
fen, ſelbſt bei guter Abſicht, zu begleiten pflegt. — Es
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/528>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.