Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
anderer (germanischer) Gesetzgebungen, die davon, wie man behauptet, Nichts wissen wollen. Das wahre Verhältniß ist vielmehr so aufzufassen, daß im positiven Recht vieler Staaten das Erbrecht auf einer niederen Stufe der Entwickelung stehen geblieben ist, anstatt daß dasselbe bei den Römern, in Folge eines glücklichen Taktes, schon von früher Zeit an, die seiner eigenthümlichen Natur allein angemessene Behandlung erfahren hat, wohin dann auch jedes abweichende positive Recht unaufhaltsam hinstrebt (d). Es würde auch unrichtig seyn, diese Verschiedenheit als eine blos theoretische aufzufassen, über deren Werth oder Unwerth man etwa so oder anders denken möchte. Viel- mehr ist es gerade das praktische Bedürfniß neuerer Zeit, das nur in der ausgebildeten Universalsuccession seine volle Befriedigung findet, da in dem ungeheuren Aufschwung aller Vermögensverhältnisse die Obligationen eine stets zu- nehmende Wichtigkeit erlangen.
§. 376. IV.Erbrecht. (Fortsetzung.)
Ich gehe nun über zur Darstellung der wichtigsten Mei- nungsverschiedenheiten über die auf das Erbrecht anwend- baren Gesetze, so wie sie sich unter den Schriftstellern, und, damit zusammenhängend, in der Praxis verschiedener Län-
(d) S. o. B. 1 § 57. S. 382. 383.
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
anderer (germaniſcher) Geſetzgebungen, die davon, wie man behauptet, Nichts wiſſen wollen. Das wahre Verhältniß iſt vielmehr ſo aufzufaſſen, daß im poſitiven Recht vieler Staaten das Erbrecht auf einer niederen Stufe der Entwickelung ſtehen geblieben iſt, anſtatt daß daſſelbe bei den Römern, in Folge eines glücklichen Taktes, ſchon von früher Zeit an, die ſeiner eigenthümlichen Natur allein angemeſſene Behandlung erfahren hat, wohin dann auch jedes abweichende poſitive Recht unaufhaltſam hinſtrebt (d). Es würde auch unrichtig ſeyn, dieſe Verſchiedenheit als eine blos theoretiſche aufzufaſſen, über deren Werth oder Unwerth man etwa ſo oder anders denken möchte. Viel- mehr iſt es gerade das praktiſche Bedürfniß neuerer Zeit, das nur in der ausgebildeten Univerſalſucceſſion ſeine volle Befriedigung findet, da in dem ungeheuren Aufſchwung aller Vermögensverhältniſſe die Obligationen eine ſtets zu- nehmende Wichtigkeit erlangen.
§. 376. IV.Erbrecht. (Fortſetzung.)
Ich gehe nun über zur Darſtellung der wichtigſten Mei- nungsverſchiedenheiten über die auf das Erbrecht anwend- baren Geſetze, ſo wie ſie ſich unter den Schriftſtellern, und, damit zuſammenhängend, in der Praxis verſchiedener Län-
(d) S. o. B. 1 § 57. S. 382. 383.
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Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
anderer (germaniſcher) Geſetzgebungen, die davon, wie man
behauptet, Nichts wiſſen wollen. Das wahre Verhältniß iſt
vielmehr ſo aufzufaſſen, daß im poſitiven Recht vieler Staaten
das Erbrecht auf einer niederen Stufe der Entwickelung ſtehen
geblieben iſt, anſtatt daß daſſelbe bei den Römern, in Folge
eines glücklichen Taktes, ſchon von früher Zeit an,
die ſeiner eigenthümlichen Natur allein angemeſſene
Behandlung erfahren hat, wohin dann auch jedes
abweichende poſitive Recht unaufhaltſam hinſtrebt (d).
Es würde auch unrichtig ſeyn, dieſe Verſchiedenheit als
eine blos theoretiſche aufzufaſſen, über deren Werth oder
Unwerth man etwa ſo oder anders denken möchte. Viel-
mehr iſt es gerade das praktiſche Bedürfniß neuerer Zeit,
das nur in der ausgebildeten Univerſalſucceſſion ſeine volle
Befriedigung findet, da in dem ungeheuren Aufſchwung
aller Vermögensverhältniſſe die Obligationen eine ſtets zu-
nehmende Wichtigkeit erlangen.
§. 376.
IV. Erbrecht. (Fortſetzung.)
Ich gehe nun über zur Darſtellung der wichtigſten Mei-
nungsverſchiedenheiten über die auf das Erbrecht anwend-
baren Geſetze, ſo wie ſie ſich unter den Schriftſtellern, und,
damit zuſammenhängend, in der Praxis verſchiedener Län-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/320>, abgerufen am 22.02.2025.
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