Indem wir jetzt zu den Rechten an einzelnen Sachen, oder den dinglichen Rechten, übergehen, um das Rechtsge- biet, dem sie angehören, zu ermitteln, werden wir schon durch den Gegenstand derselben zur Bestimmung dieses Ge- bietes hingeführt. Denn da ihr Gegenstand sinnlich wahr- nehmbar ist, also einen bestimmten Raum erfüllt, so ist der Ort im Raum, an welchem sie sich befinden, zugleich der Sitz jedes Rechtsverhältnisses, dessen Gegenstand sie seyn sollen. Wer an einer Sache ein Recht erwerben, haben, ausüben will, begiebt sich zu diesem Zweck an ihren Ort und unterwirft sich freiwillig für dieses einzelne Rechts- verhältniß dem in diesem Gebiet herrschenden örtlichen Recht. Wenn also behauptet wird, daß die dinglichen Rechte nach dem örtlichen Recht der gelegenen Sache (lex rei sitae) zu beurtheilen seyen, so beruht diese Behauptung auf dem- selben Grunde, wie die Anwendung der lex domicilii auf den persönlichen Zustand. Beides entspringt aus freiwilli- ger Unterwerfung.
Auch hier zeigt sich der schon oben hervorgehobene innere Zusammenhang des Gerichtsstandes mit dem ört- lichen Recht (a). Zwar war im älteren Römischen Recht
(a) S. o. § 360 Num. 1. Ueber das forum rei sitae ist im Allgemeinen zu vergleichen: Bethmann Hollweg, Versuche S. 69 -- 77, wo die hier folgenden Sätze weiter ausgeführt sind.
§. 366. II. Sachenrecht. Gemeinſame Regeln.
§. 366. II.Sachenrecht. Gemeinſame Regeln.
Indem wir jetzt zu den Rechten an einzelnen Sachen, oder den dinglichen Rechten, übergehen, um das Rechtsge- biet, dem ſie angehören, zu ermitteln, werden wir ſchon durch den Gegenſtand derſelben zur Beſtimmung dieſes Ge- bietes hingeführt. Denn da ihr Gegenſtand ſinnlich wahr- nehmbar iſt, alſo einen beſtimmten Raum erfüllt, ſo iſt der Ort im Raum, an welchem ſie ſich befinden, zugleich der Sitz jedes Rechtsverhältniſſes, deſſen Gegenſtand ſie ſeyn ſollen. Wer an einer Sache ein Recht erwerben, haben, ausüben will, begiebt ſich zu dieſem Zweck an ihren Ort und unterwirft ſich freiwillig für dieſes einzelne Rechts- verhältniß dem in dieſem Gebiet herrſchenden örtlichen Recht. Wenn alſo behauptet wird, daß die dinglichen Rechte nach dem örtlichen Recht der gelegenen Sache (lex rei sitae) zu beurtheilen ſeyen, ſo beruht dieſe Behauptung auf dem- ſelben Grunde, wie die Anwendung der lex domicilii auf den perſönlichen Zuſtand. Beides entſpringt aus freiwilli- ger Unterwerfung.
Auch hier zeigt ſich der ſchon oben hervorgehobene innere Zuſammenhang des Gerichtsſtandes mit dem ört- lichen Recht (a). Zwar war im älteren Römiſchen Recht
(a) S. o. § 360 Num. 1. Ueber das forum rei sitae iſt im Allgemeinen zu vergleichen: Bethmann Hollweg, Verſuche S. 69 — 77, wo die hier folgenden Sätze weiter ausgeführt ſind.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0191"n="169"/><fwplace="top"type="header">§. 366. <hirendition="#aq">II.</hi> Sachenrecht. Gemeinſame Regeln.</fw><lb/><divn="3"><head>§. 366.<lb/><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#g">Sachenrecht. Gemeinſame Regeln</hi>.</head><lb/><p>Indem wir jetzt zu den Rechten an einzelnen Sachen,<lb/>
oder den dinglichen Rechten, übergehen, um das Rechtsge-<lb/>
biet, dem ſie angehören, zu ermitteln, werden wir ſchon<lb/>
durch den Gegenſtand derſelben zur Beſtimmung dieſes Ge-<lb/>
bietes hingeführt. Denn da ihr Gegenſtand ſinnlich wahr-<lb/>
nehmbar iſt, alſo einen beſtimmten Raum erfüllt, ſo iſt der<lb/>
Ort im Raum, an welchem ſie ſich befinden, zugleich der<lb/>
Sitz jedes Rechtsverhältniſſes, deſſen Gegenſtand ſie ſeyn<lb/>ſollen. Wer an einer Sache ein Recht erwerben, haben,<lb/>
ausüben will, begiebt ſich zu dieſem Zweck an ihren Ort<lb/>
und unterwirft ſich freiwillig für dieſes einzelne Rechts-<lb/>
verhältniß dem in dieſem Gebiet herrſchenden örtlichen Recht.<lb/>
Wenn alſo behauptet wird, daß die dinglichen Rechte nach<lb/>
dem örtlichen Recht der gelegenen Sache (<hirendition="#aq">lex rei sitae</hi>)<lb/>
zu beurtheilen ſeyen, ſo beruht dieſe Behauptung auf dem-<lb/>ſelben Grunde, wie die Anwendung der <hirendition="#aq">lex domicilii</hi> auf<lb/>
den perſönlichen Zuſtand. Beides entſpringt aus freiwilli-<lb/>
ger Unterwerfung.</p><lb/><p>Auch hier zeigt ſich der ſchon oben hervorgehobene<lb/>
innere Zuſammenhang des Gerichtsſtandes mit dem ört-<lb/>
lichen Recht <noteplace="foot"n="(a)">S. o. § 360 Num. 1. Ueber das <hirendition="#aq">forum rei sitae</hi> iſt im<lb/>
Allgemeinen zu vergleichen: <hirendition="#g">Bethmann Hollweg</hi>, Verſuche<lb/>
S. 69 — 77, wo die hier folgenden Sätze weiter ausgeführt ſind.</note>. Zwar war im älteren Römiſchen Recht<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[169/0191]
§. 366. II. Sachenrecht. Gemeinſame Regeln.
§. 366.
II. Sachenrecht. Gemeinſame Regeln.
Indem wir jetzt zu den Rechten an einzelnen Sachen,
oder den dinglichen Rechten, übergehen, um das Rechtsge-
biet, dem ſie angehören, zu ermitteln, werden wir ſchon
durch den Gegenſtand derſelben zur Beſtimmung dieſes Ge-
bietes hingeführt. Denn da ihr Gegenſtand ſinnlich wahr-
nehmbar iſt, alſo einen beſtimmten Raum erfüllt, ſo iſt der
Ort im Raum, an welchem ſie ſich befinden, zugleich der
Sitz jedes Rechtsverhältniſſes, deſſen Gegenſtand ſie ſeyn
ſollen. Wer an einer Sache ein Recht erwerben, haben,
ausüben will, begiebt ſich zu dieſem Zweck an ihren Ort
und unterwirft ſich freiwillig für dieſes einzelne Rechts-
verhältniß dem in dieſem Gebiet herrſchenden örtlichen Recht.
Wenn alſo behauptet wird, daß die dinglichen Rechte nach
dem örtlichen Recht der gelegenen Sache (lex rei sitae)
zu beurtheilen ſeyen, ſo beruht dieſe Behauptung auf dem-
ſelben Grunde, wie die Anwendung der lex domicilii auf
den perſönlichen Zuſtand. Beides entſpringt aus freiwilli-
ger Unterwerfung.
Auch hier zeigt ſich der ſchon oben hervorgehobene
innere Zuſammenhang des Gerichtsſtandes mit dem ört-
lichen Recht (a). Zwar war im älteren Römiſchen Recht
(a) S. o. § 360 Num. 1. Ueber das forum rei sitae iſt im
Allgemeinen zu vergleichen: Bethmann Hollweg, Verſuche
S. 69 — 77, wo die hier folgenden Sätze weiter ausgeführt ſind.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/191>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.