Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

Bild:
<< vorherige Seite
Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
§ 331.
Restitution. -- Einzelne Gründe. -- IV. Irrthum.

Daß es in der That eine Restitution wegen Irrthums
gab, hat nach den übereinstimmenden Zeugnissen des Ul-
pian
und des Paulus keinen Zweifel (§ 320). Man
scheint jedoch diesem Restitutionsgrund nicht dieselbe Wich-
tigkeit, wie dem Zwang und Betrug, beigelegt zu haben,
woraus zu erklären ist, daß derselbe in dem Edict keine,
diesen Fall im Ganzen umfassende Stelle, und in den, an
die Ordnung des Edicts sich anschließenden Digesten keinen
eigenen Titel erhalten hat.

Es kommt nun darauf an, die Fälle der Anwendung
für diese Restitution zu bestimmen und zu begränzen. Man
hat ihr nicht selten die wichtige Bedeutung beigelegt, daß
der Klagberechtigte von dem Nachtheil der Klagverjährung
frei werden könnte, wenn er über das Daseyn der Ver-
letzung im Irrthum wäre, und deshalb Restitution gegen
die Verjährung suchte. Diese Anwendung, wodurch der
große Vortheil dieses Rechtsinstituts sehr entkräftet werden
würde, ist entschieden zu verwerfen (a). -- Eben so ver-
werflich, und noch weit wichtiger, ist die häufig versuchte
Anwendung, nach welcher jedes Rechtsgeschäft, insbesondere
jeder Vertrag, durch Restitution sollte angefochten werden
können, sobald der eine Theil durch irrige Beweggründe
zur Eingehung des Geschäfts veranlaßt worden wäre (b).

(a) S. o. B. 3 S. 416. 418 fg.
(b) S. o. B. 3 S. 354 fg.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
§ 331.
Reſtitution. — Einzelne Gründe. — IV. Irrthum.

Daß es in der That eine Reſtitution wegen Irrthums
gab, hat nach den übereinſtimmenden Zeugniſſen des Ul-
pian
und des Paulus keinen Zweifel (§ 320). Man
ſcheint jedoch dieſem Reſtitutionsgrund nicht dieſelbe Wich-
tigkeit, wie dem Zwang und Betrug, beigelegt zu haben,
woraus zu erklären iſt, daß derſelbe in dem Edict keine,
dieſen Fall im Ganzen umfaſſende Stelle, und in den, an
die Ordnung des Edicts ſich anſchließenden Digeſten keinen
eigenen Titel erhalten hat.

Es kommt nun darauf an, die Fälle der Anwendung
für dieſe Reſtitution zu beſtimmen und zu begränzen. Man
hat ihr nicht ſelten die wichtige Bedeutung beigelegt, daß
der Klagberechtigte von dem Nachtheil der Klagverjährung
frei werden könnte, wenn er über das Daſeyn der Ver-
letzung im Irrthum wäre, und deshalb Reſtitution gegen
die Verjährung ſuchte. Dieſe Anwendung, wodurch der
große Vortheil dieſes Rechtsinſtituts ſehr entkräftet werden
würde, iſt entſchieden zu verwerfen (a). — Eben ſo ver-
werflich, und noch weit wichtiger, iſt die häufig verſuchte
Anwendung, nach welcher jedes Rechtsgeſchäft, insbeſondere
jeder Vertrag, durch Reſtitution ſollte angefochten werden
können, ſobald der eine Theil durch irrige Beweggründe
zur Eingehung des Geſchäfts veranlaßt worden wäre (b).

(a) S. o. B. 3 S. 416. 418 fg.
(b) S. o. B. 3 S. 354 fg.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0218" n="196"/>
          <fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§ 331.<lb/><hi rendition="#g">Re&#x017F;titution. &#x2014; Einzelne Gründe</hi>. &#x2014; <hi rendition="#aq">IV.</hi> <hi rendition="#g">Irrthum</hi>.</head><lb/>
            <p>Daß es in der That eine Re&#x017F;titution wegen Irrthums<lb/>
gab, hat nach den überein&#x017F;timmenden Zeugni&#x017F;&#x017F;en des <hi rendition="#g">Ul-<lb/>
pian</hi> und des <hi rendition="#g">Paulus</hi> keinen Zweifel (§ 320). Man<lb/>
&#x017F;cheint jedoch die&#x017F;em Re&#x017F;titutionsgrund nicht die&#x017F;elbe Wich-<lb/>
tigkeit, wie dem Zwang und Betrug, beigelegt zu haben,<lb/>
woraus zu erklären i&#x017F;t, daß der&#x017F;elbe in dem Edict keine,<lb/>
die&#x017F;en Fall im Ganzen umfa&#x017F;&#x017F;ende Stelle, und in den, an<lb/>
die Ordnung des Edicts &#x017F;ich an&#x017F;chließenden Dige&#x017F;ten keinen<lb/>
eigenen Titel erhalten hat.</p><lb/>
            <p>Es kommt nun darauf an, die Fälle der Anwendung<lb/>
für die&#x017F;e Re&#x017F;titution zu be&#x017F;timmen und zu begränzen. Man<lb/>
hat ihr nicht &#x017F;elten die wichtige Bedeutung beigelegt, daß<lb/>
der Klagberechtigte von dem Nachtheil der Klagverjährung<lb/>
frei werden könnte, wenn er über das Da&#x017F;eyn der Ver-<lb/>
letzung im Irrthum wäre, und deshalb Re&#x017F;titution gegen<lb/>
die Verjährung &#x017F;uchte. Die&#x017F;e Anwendung, wodurch der<lb/>
große Vortheil die&#x017F;es Rechtsin&#x017F;tituts &#x017F;ehr entkräftet werden<lb/>
würde, i&#x017F;t ent&#x017F;chieden zu verwerfen <note place="foot" n="(a)">S. o. B. 3 S. 416. 418 fg.</note>. &#x2014; Eben &#x017F;o ver-<lb/>
werflich, und noch weit wichtiger, i&#x017F;t die häufig ver&#x017F;uchte<lb/>
Anwendung, nach welcher jedes Rechtsge&#x017F;chäft, insbe&#x017F;ondere<lb/>
jeder Vertrag, durch Re&#x017F;titution &#x017F;ollte angefochten werden<lb/>
können, &#x017F;obald der eine Theil durch irrige Beweggründe<lb/>
zur Eingehung des Ge&#x017F;chäfts veranlaßt worden wäre <note place="foot" n="(b)">S. o. B. 3 S. 354 fg.</note>.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0218] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. § 331. Reſtitution. — Einzelne Gründe. — IV. Irrthum. Daß es in der That eine Reſtitution wegen Irrthums gab, hat nach den übereinſtimmenden Zeugniſſen des Ul- pian und des Paulus keinen Zweifel (§ 320). Man ſcheint jedoch dieſem Reſtitutionsgrund nicht dieſelbe Wich- tigkeit, wie dem Zwang und Betrug, beigelegt zu haben, woraus zu erklären iſt, daß derſelbe in dem Edict keine, dieſen Fall im Ganzen umfaſſende Stelle, und in den, an die Ordnung des Edicts ſich anſchließenden Digeſten keinen eigenen Titel erhalten hat. Es kommt nun darauf an, die Fälle der Anwendung für dieſe Reſtitution zu beſtimmen und zu begränzen. Man hat ihr nicht ſelten die wichtige Bedeutung beigelegt, daß der Klagberechtigte von dem Nachtheil der Klagverjährung frei werden könnte, wenn er über das Daſeyn der Ver- letzung im Irrthum wäre, und deshalb Reſtitution gegen die Verjährung ſuchte. Dieſe Anwendung, wodurch der große Vortheil dieſes Rechtsinſtituts ſehr entkräftet werden würde, iſt entſchieden zu verwerfen (a). — Eben ſo ver- werflich, und noch weit wichtiger, iſt die häufig verſuchte Anwendung, nach welcher jedes Rechtsgeſchäft, insbeſondere jeder Vertrag, durch Reſtitution ſollte angefochten werden können, ſobald der eine Theil durch irrige Beweggründe zur Eingehung des Geſchäfts veranlaßt worden wäre (b). (a) S. o. B. 3 S. 416. 418 fg. (b) S. o. B. 3 S. 354 fg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/218
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/218>, abgerufen am 21.11.2024.