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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 238. Klagverjährung. Geschichte.
lich ausgenommen wurde die actio finium regundorum.
Diese Ausnahme ist im Justinianischen Codex weggelassen,
weil Justinian sie in einer seiner Constitutionen aufgeho-
ben hatte (c). -- Auch die Hypothekarklage gegen den
Schuldner selbst wurde indirect ausgenommen, und diese
Ausnahme ist im Justinianischen Codex beybehalten (d),
weil dieser Gegenstand später auf eigenthümliche Weise
bestimmt wurde. -- Alle jetzt schon vorhandenen Klagen
sollten gleichfalls der Vorschrift der 30 Jahre unterworfen
seyn, jedoch mit der Milderung, daß ihre Verjährungszeit
wenigstens Zehen Jahre, von der Verkündigung des Ge-
setzes an gerechnet, betragen sollte. Diese blos transito-
rische Bestimmung wurde im Justinianischen Codex natür-
lich weggelassen. -- Am zweifelhaftesten ist das Verhältniß
der den persönlichen Zustand betreffenden Präjudicialklagen.
Bey der Aufzählung derjenigen Klassen von Klagen, wo-
für die neue Verjährung gelten soll, sind sie nicht mit ge-
nannt (e), dagegen lautet der Schluß des Gesetzes so all-
gemein, daß er auch auf sie zu beziehen ist (f).


(c) L. 1 § 1 C de ann. exc.
(7. 40.), vgl. unten Note i.
(d) L. 3 C. cit. "Eodem etiam
jure in ejus persona valente,
qui pignus vel hypothecam
non a suo debitore, sed ab alio,
... possidente nititur vindicare."

Hier ist das sogenannte argumen-
tum a contrario
ganz unwider-
legbar. -- Wahrscheinlich lag bey
dieser Ausnahme die Ansicht zum
Grunde, daß gar keine Verjährung
anfangen könne, weil der Schuld-
ner die verpfändete Sache mit dem
Willen des Glaubigers besitze.
(e) L. 3 C. cit. "Sicut in rem
speciales, ita de universitate,
ac personales actiones ..."

Keine dieser Bezeichnungen paßt
auf die Präjudicialklagen.
(f) L. 3 C. cit. "si qua res
vel jus aliquod postuletur, vel
persona qualicunque actione
vel persecutione pulsetur.
"
Un-
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§. 238. Klagverjährung. Geſchichte.
lich ausgenommen wurde die actio finium regundorum.
Dieſe Ausnahme iſt im Juſtinianiſchen Codex weggelaſſen,
weil Juſtinian ſie in einer ſeiner Conſtitutionen aufgeho-
ben hatte (c). — Auch die Hypothekarklage gegen den
Schuldner ſelbſt wurde indirect ausgenommen, und dieſe
Ausnahme iſt im Juſtinianiſchen Codex beybehalten (d),
weil dieſer Gegenſtand ſpäter auf eigenthümliche Weiſe
beſtimmt wurde. — Alle jetzt ſchon vorhandenen Klagen
ſollten gleichfalls der Vorſchrift der 30 Jahre unterworfen
ſeyn, jedoch mit der Milderung, daß ihre Verjährungszeit
wenigſtens Zehen Jahre, von der Verkündigung des Ge-
ſetzes an gerechnet, betragen ſollte. Dieſe blos tranſito-
riſche Beſtimmung wurde im Juſtinianiſchen Codex natür-
lich weggelaſſen. — Am zweifelhafteſten iſt das Verhältniß
der den perſönlichen Zuſtand betreffenden Präjudicialklagen.
Bey der Aufzählung derjenigen Klaſſen von Klagen, wo-
für die neue Verjährung gelten ſoll, ſind ſie nicht mit ge-
nannt (e), dagegen lautet der Schluß des Geſetzes ſo all-
gemein, daß er auch auf ſie zu beziehen iſt (f).


(c) L. 1 § 1 C de ann. exc.
(7. 40.), vgl. unten Note i.
(d) L. 3 C. cit. „Eodem etiam
jure in ejus persona valente,
qui pignus vel hypothecam
non a suo debitore, sed ab alio,
… possidente nititur vindicare.”

Hier iſt das ſogenannte argumen-
tum a contrario
ganz unwider-
legbar. — Wahrſcheinlich lag bey
dieſer Ausnahme die Anſicht zum
Grunde, daß gar keine Verjährung
anfangen könne, weil der Schuld-
ner die verpfändete Sache mit dem
Willen des Glaubigers beſitze.
(e) L. 3 C. cit. „Sicut in rem
speciales, ita de universitate,
ac personales actiones …”

Keine dieſer Bezeichnungen paßt
auf die Präjudicialklagen.
(f) L. 3 C. cit. „si qua res
vel jus aliquod postuletur, vel
persona qualicunque actione
vel persecutione pulsetur.
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[275/0289] §. 238. Klagverjährung. Geſchichte. lich ausgenommen wurde die actio finium regundorum. Dieſe Ausnahme iſt im Juſtinianiſchen Codex weggelaſſen, weil Juſtinian ſie in einer ſeiner Conſtitutionen aufgeho- ben hatte (c). — Auch die Hypothekarklage gegen den Schuldner ſelbſt wurde indirect ausgenommen, und dieſe Ausnahme iſt im Juſtinianiſchen Codex beybehalten (d), weil dieſer Gegenſtand ſpäter auf eigenthümliche Weiſe beſtimmt wurde. — Alle jetzt ſchon vorhandenen Klagen ſollten gleichfalls der Vorſchrift der 30 Jahre unterworfen ſeyn, jedoch mit der Milderung, daß ihre Verjährungszeit wenigſtens Zehen Jahre, von der Verkündigung des Ge- ſetzes an gerechnet, betragen ſollte. Dieſe blos tranſito- riſche Beſtimmung wurde im Juſtinianiſchen Codex natür- lich weggelaſſen. — Am zweifelhafteſten iſt das Verhältniß der den perſönlichen Zuſtand betreffenden Präjudicialklagen. Bey der Aufzählung derjenigen Klaſſen von Klagen, wo- für die neue Verjährung gelten ſoll, ſind ſie nicht mit ge- nannt (e), dagegen lautet der Schluß des Geſetzes ſo all- gemein, daß er auch auf ſie zu beziehen iſt (f). (c) L. 1 § 1 C de ann. exc. (7. 40.), vgl. unten Note i. (d) L. 3 C. cit. „Eodem etiam jure in ejus persona valente, qui pignus vel hypothecam non a suo debitore, sed ab alio, … possidente nititur vindicare.” Hier iſt das ſogenannte argumen- tum a contrario ganz unwider- legbar. — Wahrſcheinlich lag bey dieſer Ausnahme die Anſicht zum Grunde, daß gar keine Verjährung anfangen könne, weil der Schuld- ner die verpfändete Sache mit dem Willen des Glaubigers beſitze. (e) L. 3 C. cit. „Sicut in rem speciales, ita de universitate, ac personales actiones …” Keine dieſer Bezeichnungen paßt auf die Präjudicialklagen. (f) L. 3 C. cit. „si qua res vel jus aliquod postuletur, vel persona qualicunque actione vel persecutione pulsetur.” Un- 18*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/289>, abgerufen am 26.04.2024.