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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Beylage XIV.
aus dem Edict oder durch die fortbildende Interpretation der
Juristen entstanden waren; dagegen ist es ganz in seinem
Sinn, wenn wir auch diejenigen Klagen mit hinzu rech-
nen, die erst nach der Zeit des Paulus durch kaiserliche
Edicte eingeführt wurden, und es wird sich sogleich zeigen,
daß Justinian diese Consequenz in mehreren Fällen aus-
drücklich anerkannt hat.

XIII.

Paulus verlangt aber ferner zur Anwendung der con-
dictio ex lege,
daß die Klage lege nova eingeführt sey;
welches ist nun hier die Gränze der alten und neuen leges,
und worin liegt der Grund dieser Einschränkung?

Manche haben gesagt, Paulus meyne alle Volksschlüsse,
die nach den Zwölf Tafeln erlassen waren (a); dann wä-
ren ausgeschlossen die in den Zwölf Tafeln eingeführten
furti actiones, dagegen müßte die actio L. Aquiliae eine
condictio ex lege genannt werden, die doch durchaus keine
Condiction war, welches unten dargethan werden wird (b).
Paulus dachte ohne Zweifel an die wichtige Veränderung,
die in Folge der L. Aebutia vorgegangen war, indem da-

(a) Glück B. 13 S. 252.
(b) Ich darf kaum erwarten,
daß Jemand die Einwendung ver-
suchen möge, die L. Aquilia gebe
deswegen nicht Veranlassung zu
einer condictio ex lege, weil sie
ja das anzuwendende genus ac-
tionis
ausdrücklich bestimmt habe,
nämlich eben die bekannte actio
Legis Aquiliae.
Wenn Dieses
als Bestimmung des genus actio-
nis
gelten dürfte, so wäre, nach
der Angabe des Paulus, überhaupt
keine condictio ex lege möglich
gewesen, da es keinen Römischen
Volksschluß gab, der nicht mit
einem solchen persönlichen Namen
hätte bezeichnet werden können.

Beylage XIV.
aus dem Edict oder durch die fortbildende Interpretation der
Juriſten entſtanden waren; dagegen iſt es ganz in ſeinem
Sinn, wenn wir auch diejenigen Klagen mit hinzu rech-
nen, die erſt nach der Zeit des Paulus durch kaiſerliche
Edicte eingeführt wurden, und es wird ſich ſogleich zeigen,
daß Juſtinian dieſe Conſequenz in mehreren Fällen aus-
drücklich anerkannt hat.

XIII.

Paulus verlangt aber ferner zur Anwendung der con-
dictio ex lege,
daß die Klage lege nova eingeführt ſey;
welches iſt nun hier die Gränze der alten und neuen leges,
und worin liegt der Grund dieſer Einſchränkung?

Manche haben geſagt, Paulus meyne alle Volksſchlüſſe,
die nach den Zwölf Tafeln erlaſſen waren (a); dann wä-
ren ausgeſchloſſen die in den Zwölf Tafeln eingeführten
furti actiones, dagegen müßte die actio L. Aquiliae eine
condictio ex lege genannt werden, die doch durchaus keine
Condiction war, welches unten dargethan werden wird (b).
Paulus dachte ohne Zweifel an die wichtige Veränderung,
die in Folge der L. Aebutia vorgegangen war, indem da-

(a) Glück B. 13 S. 252.
(b) Ich darf kaum erwarten,
daß Jemand die Einwendung ver-
ſuchen möge, die L. Aquilia gebe
deswegen nicht Veranlaſſung zu
einer condictio ex lege, weil ſie
ja das anzuwendende genus ac-
tionis
ausdrücklich beſtimmt habe,
nämlich eben die bekannte actio
Legis Aquiliae.
Wenn Dieſes
als Beſtimmung des genus actio-
nis
gelten dürfte, ſo wäre, nach
der Angabe des Paulus, überhaupt
keine condictio ex lege möglich
geweſen, da es keinen Römiſchen
Volksſchluß gab, der nicht mit
einem ſolchen perſönlichen Namen
hätte bezeichnet werden können.
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[544/0558] Beylage XIV. aus dem Edict oder durch die fortbildende Interpretation der Juriſten entſtanden waren; dagegen iſt es ganz in ſeinem Sinn, wenn wir auch diejenigen Klagen mit hinzu rech- nen, die erſt nach der Zeit des Paulus durch kaiſerliche Edicte eingeführt wurden, und es wird ſich ſogleich zeigen, daß Juſtinian dieſe Conſequenz in mehreren Fällen aus- drücklich anerkannt hat. XIII. Paulus verlangt aber ferner zur Anwendung der con- dictio ex lege, daß die Klage lege nova eingeführt ſey; welches iſt nun hier die Gränze der alten und neuen leges, und worin liegt der Grund dieſer Einſchränkung? Manche haben geſagt, Paulus meyne alle Volksſchlüſſe, die nach den Zwölf Tafeln erlaſſen waren (a); dann wä- ren ausgeſchloſſen die in den Zwölf Tafeln eingeführten furti actiones, dagegen müßte die actio L. Aquiliae eine condictio ex lege genannt werden, die doch durchaus keine Condiction war, welches unten dargethan werden wird (b). Paulus dachte ohne Zweifel an die wichtige Veränderung, die in Folge der L. Aebutia vorgegangen war, indem da- (a) Glück B. 13 S. 252. (b) Ich darf kaum erwarten, daß Jemand die Einwendung ver- ſuchen möge, die L. Aquilia gebe deswegen nicht Veranlaſſung zu einer condictio ex lege, weil ſie ja das anzuwendende genus ac- tionis ausdrücklich beſtimmt habe, nämlich eben die bekannte actio Legis Aquiliae. Wenn Dieſes als Beſtimmung des genus actio- nis gelten dürfte, ſo wäre, nach der Angabe des Paulus, überhaupt keine condictio ex lege möglich geweſen, da es keinen Römiſchen Volksſchluß gab, der nicht mit einem ſolchen perſönlichen Namen hätte bezeichnet werden können.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/558>, abgerufen am 21.11.2024.