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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Stricti juris, bonae fidei actiones II.
oben angeführten Stellen, darauf ankommt, zwey Arten
von actiones einander wörtlich entgegen zu setzen, das heißt
den Begriff als Glied einer Eintheilung unmittelbar zu be-
zeichnen.

II.

Um nun den Unterschied dieser zwey Arten der Klagen auf
eine erschöpfende Weise zu behandeln, ist es nöthig zwey
an sich verschiedene Fragen zu beantworten. Die erste be-
trifft die praktische Bedeutung jenes Unterschieds, also das
Interesse, welches an die Bezeichnung irgend einer Klage
als einer str. j. oder b. f. actio geknüpft ist. Die zweyte
Frage bezieht sich auf die Gränzscheidung beider Arten,
also auf die Bestimmung, welche Klagen überhaupt zu
der einen oder andern Art zu rechnen sind.

Die Frage nach der praktischen Bedeutung des Unter-
schieds führt zurück auf den viel allgemeineren Gegensatz
der strengen und freyen Klagen (System § 218), welcher
hier nur in einer einzelnen Anwendung erscheint, die aber,
weil sie vorzugsweise häufig und wichtig war, genauer
als andere Anwendungen ausgebildet worden ist.

Im Allgemeinen nun läßt sich der Unterschied dahin
bestimmen, daß dem urtheilenden Richter bey der b. f. ac-
tio
eine freyere Macht eingeräumt war (a), welche am

(a) L. 7 de neg. gestis (3. 5.)
"quia tantundem in b. f. judi-
ciis officium judicis valet, quan-
tum in stipulatione nominatim
ejus rei facta interrogatio".

Stricti juris, bonae fidei actiones II.
oben angeführten Stellen, darauf ankommt, zwey Arten
von actiones einander wörtlich entgegen zu ſetzen, das heißt
den Begriff als Glied einer Eintheilung unmittelbar zu be-
zeichnen.

II.

Um nun den Unterſchied dieſer zwey Arten der Klagen auf
eine erſchöpfende Weiſe zu behandeln, iſt es nöthig zwey
an ſich verſchiedene Fragen zu beantworten. Die erſte be-
trifft die praktiſche Bedeutung jenes Unterſchieds, alſo das
Intereſſe, welches an die Bezeichnung irgend einer Klage
als einer str. j. oder b. f. actio geknüpft iſt. Die zweyte
Frage bezieht ſich auf die Gränzſcheidung beider Arten,
alſo auf die Beſtimmung, welche Klagen überhaupt zu
der einen oder andern Art zu rechnen ſind.

Die Frage nach der praktiſchen Bedeutung des Unter-
ſchieds führt zurück auf den viel allgemeineren Gegenſatz
der ſtrengen und freyen Klagen (Syſtem § 218), welcher
hier nur in einer einzelnen Anwendung erſcheint, die aber,
weil ſie vorzugsweiſe häufig und wichtig war, genauer
als andere Anwendungen ausgebildet worden iſt.

Im Allgemeinen nun läßt ſich der Unterſchied dahin
beſtimmen, daß dem urtheilenden Richter bey der b. f. ac-
tio
eine freyere Macht eingeräumt war (a), welche am

(a) L. 7 de neg. gestis (3. 5.)
„quia tantundem in b. f. judi-
ciis officium judicis valet, quan-
tum in stipulatione nominatim
ejus rei facta interrogatio”.
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[463/0477] Stricti juris, bonae fidei actiones II. oben angeführten Stellen, darauf ankommt, zwey Arten von actiones einander wörtlich entgegen zu ſetzen, das heißt den Begriff als Glied einer Eintheilung unmittelbar zu be- zeichnen. II. Um nun den Unterſchied dieſer zwey Arten der Klagen auf eine erſchöpfende Weiſe zu behandeln, iſt es nöthig zwey an ſich verſchiedene Fragen zu beantworten. Die erſte be- trifft die praktiſche Bedeutung jenes Unterſchieds, alſo das Intereſſe, welches an die Bezeichnung irgend einer Klage als einer str. j. oder b. f. actio geknüpft iſt. Die zweyte Frage bezieht ſich auf die Gränzſcheidung beider Arten, alſo auf die Beſtimmung, welche Klagen überhaupt zu der einen oder andern Art zu rechnen ſind. Die Frage nach der praktiſchen Bedeutung des Unter- ſchieds führt zurück auf den viel allgemeineren Gegenſatz der ſtrengen und freyen Klagen (Syſtem § 218), welcher hier nur in einer einzelnen Anwendung erſcheint, die aber, weil ſie vorzugsweiſe häufig und wichtig war, genauer als andere Anwendungen ausgebildet worden iſt. Im Allgemeinen nun läßt ſich der Unterſchied dahin beſtimmen, daß dem urtheilenden Richter bey der b. f. ac- tio eine freyere Macht eingeräumt war (a), welche am (a) L. 7 de neg. gestis (3. 5.) „quia tantundem in b. f. judi- ciis officium judicis valet, quan- tum in stipulatione nominatim ejus rei facta interrogatio”.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/477>, abgerufen am 21.11.2024.