Bey der Schenkung unter Ehegatten wird zuerst das allgemeine Princip ausgesprochen, daß in solchen Fällen auch das mit dem Dritten abgeschlossene Rechtsgeschäft völlig nichtig sey (a).
Die einfachste Anwendung dieses Princips ist folgende. Der Mann beschenkt seine Frau durch eine Liberation, in- dem er ihrem Glaubiger für sie expromittirt. Hier ist Alles nichtig, sowohl die Verbindlichkeit des Mannes ge- gen den Glaubiger, als die Befreyung der Frau; Alles bleibt in dem früheren Zustand (b). -- Schlechthin nöthig zur Aufrechthaltung des Verbots war diese Behandlung nicht, denn man konnte auch die Verbindlichkeit und die Befreyung gelten lassen, und nur dem Mann eine Con- diction gegen die Frau geben, wie wenn er ihr baares Geld geschenkt hätte. Allein sicherer durchgreifend war jene Behandlung allerdings, indem nun das Verbot nicht durch zufällige Umstände, z. B. durch Insolvenz der Frau, unwirksam gemacht werden konnte.
(a)L. 5 § 2 de don. int. vir. (24. 1.). "Generaliter tenendum est, quod inter ipsos, aut qui ad eos pertinent, aut per in- terpositas personas donationis causa agatur, non valere." -- Von dieser Anwendung handelt Heldewier de donatione inter conjuges per alium facta pro- hibita Lugd. Bat. 1777. 4; er faßt jedoch die Frage viel zu ein- seitig auf.
(b)L. 5 § 4 de don. int. vir. (24. 1.). "Si uxor viri credi- tori donationis causa promise- rit et fidejussorem dederit, ne- que virum liberari, neque mu- lierem obligari vel fidejusso- rem ejus, Julianus ait: perin- deque haberi, ac si nihil pro- misisset."
Beylage X.
II.
Bey der Schenkung unter Ehegatten wird zuerſt das allgemeine Princip ausgeſprochen, daß in ſolchen Fällen auch das mit dem Dritten abgeſchloſſene Rechtsgeſchäft völlig nichtig ſey (a).
Die einfachſte Anwendung dieſes Princips iſt folgende. Der Mann beſchenkt ſeine Frau durch eine Liberation, in- dem er ihrem Glaubiger für ſie expromittirt. Hier iſt Alles nichtig, ſowohl die Verbindlichkeit des Mannes ge- gen den Glaubiger, als die Befreyung der Frau; Alles bleibt in dem früheren Zuſtand (b). — Schlechthin nöthig zur Aufrechthaltung des Verbots war dieſe Behandlung nicht, denn man konnte auch die Verbindlichkeit und die Befreyung gelten laſſen, und nur dem Mann eine Con- diction gegen die Frau geben, wie wenn er ihr baares Geld geſchenkt hätte. Allein ſicherer durchgreifend war jene Behandlung allerdings, indem nun das Verbot nicht durch zufällige Umſtände, z. B. durch Inſolvenz der Frau, unwirkſam gemacht werden konnte.
(a)L. 5 § 2 de don. int. vir. (24. 1.). „Generaliter tenendum est, quod inter ipsos, aut qui ad eos pertinent, aut per in- terpositas personas donationis causa agatur, non valere.” — Von dieſer Anwendung handelt Heldewier de donatione inter conjuges per alium facta pro- hibita Lugd. Bat. 1777. 4; er faßt jedoch die Frage viel zu ein- ſeitig auf.
(b)L. 5 § 4 de don. int. vir. (24. 1.). „Si uxor viri credi- tori donationis causa promise- rit et fidejussorem dederit, ne- que virum liberari, neque mu- lierem obligari vel fidejusso- rem ejus, Julianus ait: perin- deque haberi, ac si nihil pro- misisset.”
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbn="588"facs="#f0602"/><fwtype="header"place="top">Beylage <hirendition="#aq">X.</hi></fw><lb/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi></hi></head><lb/><p>Bey der Schenkung unter Ehegatten wird zuerſt das<lb/>
allgemeine Princip ausgeſprochen, daß in ſolchen Fällen<lb/>
auch das mit dem Dritten abgeſchloſſene Rechtsgeſchäft<lb/>
völlig nichtig ſey <noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 5 § 2 <hirendition="#i">de don. int. vir.</hi><lb/>
(24. 1.). „Generaliter tenendum<lb/>
est, quod inter ipsos, aut qui<lb/>
ad eos pertinent, <hirendition="#i">aut per in-<lb/>
terpositas personas donationis<lb/>
causa agatur,</hi> non valere.”</hi>—<lb/>
Von dieſer Anwendung handelt<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#k">Heldewier</hi> de donatione inter<lb/>
conjuges per alium facta pro-<lb/>
hibita Lugd. Bat.</hi> 1777. 4; er<lb/>
faßt jedoch die Frage viel zu ein-<lb/>ſeitig auf.</note>.</p><lb/><p>Die einfachſte Anwendung dieſes Princips iſt folgende.<lb/>
Der Mann beſchenkt ſeine Frau durch eine Liberation, in-<lb/>
dem er ihrem Glaubiger für ſie expromittirt. Hier iſt<lb/>
Alles nichtig, ſowohl die Verbindlichkeit des Mannes ge-<lb/>
gen den Glaubiger, als die Befreyung der Frau; Alles<lb/>
bleibt in dem früheren Zuſtand <noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 5 § 4 <hirendition="#i">de don. int. vir.</hi><lb/>
(24. 1.). „Si uxor viri credi-<lb/>
tori donationis causa promise-<lb/>
rit et fidejussorem dederit, ne-<lb/>
que virum liberari, neque mu-<lb/>
lierem obligari vel fidejusso-<lb/>
rem ejus, Julianus ait: perin-<lb/>
deque haberi, ac si nihil pro-<lb/>
misisset.”</hi></note>. — Schlechthin nöthig<lb/>
zur Aufrechthaltung des Verbots war dieſe Behandlung<lb/>
nicht, denn man konnte auch die Verbindlichkeit und die<lb/>
Befreyung gelten laſſen, und nur dem Mann eine Con-<lb/>
diction gegen die Frau geben, wie wenn er ihr baares<lb/>
Geld geſchenkt hätte. Allein ſicherer durchgreifend war<lb/>
jene Behandlung allerdings, indem nun das Verbot nicht<lb/>
durch zufällige Umſtände, z. B. durch Inſolvenz der Frau,<lb/>
unwirkſam gemacht werden konnte.</p></div><lb/></div></div></body></text></TEI>
[588/0602]
Beylage X.
II.
Bey der Schenkung unter Ehegatten wird zuerſt das
allgemeine Princip ausgeſprochen, daß in ſolchen Fällen
auch das mit dem Dritten abgeſchloſſene Rechtsgeſchäft
völlig nichtig ſey (a).
Die einfachſte Anwendung dieſes Princips iſt folgende.
Der Mann beſchenkt ſeine Frau durch eine Liberation, in-
dem er ihrem Glaubiger für ſie expromittirt. Hier iſt
Alles nichtig, ſowohl die Verbindlichkeit des Mannes ge-
gen den Glaubiger, als die Befreyung der Frau; Alles
bleibt in dem früheren Zuſtand (b). — Schlechthin nöthig
zur Aufrechthaltung des Verbots war dieſe Behandlung
nicht, denn man konnte auch die Verbindlichkeit und die
Befreyung gelten laſſen, und nur dem Mann eine Con-
diction gegen die Frau geben, wie wenn er ihr baares
Geld geſchenkt hätte. Allein ſicherer durchgreifend war
jene Behandlung allerdings, indem nun das Verbot nicht
durch zufällige Umſtände, z. B. durch Inſolvenz der Frau,
unwirkſam gemacht werden konnte.
(a) L. 5 § 2 de don. int. vir.
(24. 1.). „Generaliter tenendum
est, quod inter ipsos, aut qui
ad eos pertinent, aut per in-
terpositas personas donationis
causa agatur, non valere.” —
Von dieſer Anwendung handelt
Heldewier de donatione inter
conjuges per alium facta pro-
hibita Lugd. Bat. 1777. 4; er
faßt jedoch die Frage viel zu ein-
ſeitig auf.
(b) L. 5 § 4 de don. int. vir.
(24. 1.). „Si uxor viri credi-
tori donationis causa promise-
rit et fidejussorem dederit, ne-
que virum liberari, neque mu-
lierem obligari vel fidejusso-
rem ejus, Julianus ait: perin-
deque haberi, ac si nihil pro-
misisset.”
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 588. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/602>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.