im Gange, so wird durch dessen Anfang (gerade wie bey der Klagverjährung) nur der Zeitpunkt bestimmt, von welchem an die zwey Menschenalter aufwärts zu berech- nen sind (v).
3) Die mala fides, die hier in der That nicht vorkom- men kann, so daß die im canonischen Recht allgemein aus- gedrückte Vorschrift ihrer Beachtung hier ohne Anwendung bleibt. Denn mala fides ist das Bewußtseyn eines wirk- lich vorhandenen Unrechts. Ist nun die Unrechtmäßigkeit des Besitzes erweislich, so muß dessen Entstehung bekannt seyn, in welchem Fall er nicht ein unvordenklicher seyn kann. Außerdem aber kann wohl aus Äußerungen des Besitzers, der sich über die Natur seines Besitzes täuscht, hervorge- hen, daß er ihn für einen unrechtmäßigen hält; eine solche Meynung aber begründet die mala fides nicht (w).
Die zweifelhafteste Frage ist die, ob der Gegenbeweis auch auf die den zwey letzten Menschenaltern vorherge- hende Zeit gerichtet werden darf. Darauf wird eine befriedi- gende Antwort erst möglich seyn, nachdem die eigenthüm- liche Wirkung der unvordenklichen Zeit festgestellt seyn wird.
im Gange, ſo wird durch deſſen Anfang (gerade wie bey der Klagverjährung) nur der Zeitpunkt beſtimmt, von welchem an die zwey Menſchenalter aufwärts zu berech- nen ſind (v).
3) Die mala fides, die hier in der That nicht vorkom- men kann, ſo daß die im canoniſchen Recht allgemein aus- gedrückte Vorſchrift ihrer Beachtung hier ohne Anwendung bleibt. Denn mala fides iſt das Bewußtſeyn eines wirk- lich vorhandenen Unrechts. Iſt nun die Unrechtmäßigkeit des Beſitzes erweislich, ſo muß deſſen Entſtehung bekannt ſeyn, in welchem Fall er nicht ein unvordenklicher ſeyn kann. Außerdem aber kann wohl aus Äußerungen des Beſitzers, der ſich über die Natur ſeines Beſitzes täuſcht, hervorge- hen, daß er ihn für einen unrechtmäßigen hält; eine ſolche Meynung aber begründet die mala fides nicht (w).
Die zweifelhafteſte Frage iſt die, ob der Gegenbeweis auch auf die den zwey letzten Menſchenaltern vorherge- hende Zeit gerichtet werden darf. Darauf wird eine befriedi- gende Antwort erſt möglich ſeyn, nachdem die eigenthüm- liche Wirkung der unvordenklichen Zeit feſtgeſtellt ſeyn wird.
Beſtrittener als irgend eine andere Frage iſt in der
(v)Thibaut S. 186. Pfeif- fer S. 24—26. Arndts S. 158.
(w)Thibaut S. 187. Pfeif- fer § 7. — Unrichtig iſt die Mey- nung von Neller p. 109.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0541"n="527"/><fwplace="top"type="header">§. 201. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung. (Fortſ.)</fw><lb/>
im Gange, ſo wird durch deſſen Anfang (gerade wie bey<lb/>
der Klagverjährung) nur der Zeitpunkt beſtimmt, von<lb/>
welchem an die zwey Menſchenalter aufwärts zu berech-<lb/>
nen ſind <noteplace="foot"n="(v)"><hirendition="#g">Thibaut</hi> S. 186. <hirendition="#g">Pfeif-<lb/>
fer</hi> S. 24—26. <hirendition="#g">Arndts</hi> S. 158.</note>.</p><lb/><p>3) Die <hirendition="#aq">mala fides,</hi> die hier in der That nicht vorkom-<lb/>
men kann, ſo daß die im canoniſchen Recht allgemein aus-<lb/>
gedrückte Vorſchrift ihrer Beachtung hier ohne Anwendung<lb/>
bleibt. Denn <hirendition="#aq">mala fides</hi> iſt das Bewußtſeyn eines wirk-<lb/>
lich vorhandenen Unrechts. Iſt nun die Unrechtmäßigkeit des<lb/>
Beſitzes erweislich, ſo muß deſſen Entſtehung bekannt ſeyn,<lb/>
in welchem Fall er nicht ein unvordenklicher ſeyn kann.<lb/>
Außerdem aber kann wohl aus Äußerungen des Beſitzers,<lb/>
der ſich über die Natur ſeines Beſitzes täuſcht, hervorge-<lb/>
hen, daß er ihn für einen unrechtmäßigen hält; eine ſolche<lb/>
Meynung aber begründet die <hirendition="#aq">mala fides</hi> nicht <noteplace="foot"n="(w)"><hirendition="#g">Thibaut</hi> S. 187. <hirendition="#g">Pfeif-<lb/>
fer</hi> § 7. — Unrichtig iſt die Mey-<lb/>
nung von <hirendition="#aq"><hirendition="#k">Neller</hi> p.</hi> 109.</note>.</p><lb/><p>Die zweifelhafteſte Frage iſt die, ob der Gegenbeweis<lb/>
auch auf die den zwey letzten Menſchenaltern vorherge-<lb/>
hende Zeit gerichtet werden darf. Darauf wird eine befriedi-<lb/>
gende Antwort erſt möglich ſeyn, nachdem die eigenthüm-<lb/>
liche Wirkung der unvordenklichen Zeit feſtgeſtellt ſeyn wird.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 201.<lb/><hirendition="#aq">VI.</hi><hirendition="#g">Die Zeit</hi>. 6. <hirendition="#g">Unvordenkliche Zeit. Anwendung</hi>.<lb/>
(Fortſetzung.)</head><lb/><p>Beſtrittener als irgend eine andere Frage iſt in der<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[527/0541]
§. 201. Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung. (Fortſ.)
im Gange, ſo wird durch deſſen Anfang (gerade wie bey
der Klagverjährung) nur der Zeitpunkt beſtimmt, von
welchem an die zwey Menſchenalter aufwärts zu berech-
nen ſind (v).
3) Die mala fides, die hier in der That nicht vorkom-
men kann, ſo daß die im canoniſchen Recht allgemein aus-
gedrückte Vorſchrift ihrer Beachtung hier ohne Anwendung
bleibt. Denn mala fides iſt das Bewußtſeyn eines wirk-
lich vorhandenen Unrechts. Iſt nun die Unrechtmäßigkeit des
Beſitzes erweislich, ſo muß deſſen Entſtehung bekannt ſeyn,
in welchem Fall er nicht ein unvordenklicher ſeyn kann.
Außerdem aber kann wohl aus Äußerungen des Beſitzers,
der ſich über die Natur ſeines Beſitzes täuſcht, hervorge-
hen, daß er ihn für einen unrechtmäßigen hält; eine ſolche
Meynung aber begründet die mala fides nicht (w).
Die zweifelhafteſte Frage iſt die, ob der Gegenbeweis
auch auf die den zwey letzten Menſchenaltern vorherge-
hende Zeit gerichtet werden darf. Darauf wird eine befriedi-
gende Antwort erſt möglich ſeyn, nachdem die eigenthüm-
liche Wirkung der unvordenklichen Zeit feſtgeſtellt ſeyn wird.
§. 201.
VI. Die Zeit. 6. Unvordenkliche Zeit. Anwendung.
(Fortſetzung.)
Beſtrittener als irgend eine andere Frage iſt in der
(v) Thibaut S. 186. Pfeif-
fer S. 24—26. Arndts S. 158.
(w) Thibaut S. 187. Pfeif-
fer § 7. — Unrichtig iſt die Mey-
nung von Neller p. 109.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/541>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.