Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
daher wird ferner die später erfüllte Bedingung auf den
Zeitpunkt des Vertrags zurückgeführt (§ 120).

§. 161.
V. Schenkung. -- Vertragsnatur. (Fortsetzung.)

Da wo die Schenkung, wie gewöhnlich, auf Vertrag
gegründet ist, müssen noch besonders einige Fälle beachtet
werden, worin bey dem Willen des Einen, oder auch
Beider, ein Irrthum zum Grund liegt.

Der erste Fall eines solchen möglichen Irrthums be-
trifft die dem Irrenden gegenüberstehende Person (a). Wenn
der Geber in der Person des Empfängers irrt, so ent-
steht natürlich keine Schenkung. Hat also Gajus dem
Sejus ein Geschenk zugedacht, welches aus Versehen an
Titius gekommen, und von diesem, gleichfalls aus Ver-
sehen, angenommen worden ist, so ist überhaupt noch gar
kein Geschäft geschlossen, und auf keiner Seite ein Recht
erworben, so daß der Geber die ganze Schenkung noch
zurücknehmen kann. Anders steht es im umgekehrten Fall,
wenn Gajus dem Titius schenken will, und dazu den Se-
jus als Überbringer gebraucht, welcher aber unredlicher-
weise das Geschenk in eigenem Namen giebt, und so den
Titius veranlaßt, in der von ihm angenommenen Schen-

(a) Von dieser Art des Irr-
thums im Allgemeinen vgl. oben
§ 136. In der Regel ist dadurch
das Daseyn eines Vertrags ganz
ausgeschlossen.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
daher wird ferner die ſpäter erfüllte Bedingung auf den
Zeitpunkt des Vertrags zurückgeführt (§ 120).

§. 161.
V. Schenkung. — Vertragsnatur. (Fortſetzung.)

Da wo die Schenkung, wie gewöhnlich, auf Vertrag
gegründet iſt, müſſen noch beſonders einige Fälle beachtet
werden, worin bey dem Willen des Einen, oder auch
Beider, ein Irrthum zum Grund liegt.

Der erſte Fall eines ſolchen möglichen Irrthums be-
trifft die dem Irrenden gegenüberſtehende Perſon (a). Wenn
der Geber in der Perſon des Empfängers irrt, ſo ent-
ſteht natürlich keine Schenkung. Hat alſo Gajus dem
Sejus ein Geſchenk zugedacht, welches aus Verſehen an
Titius gekommen, und von dieſem, gleichfalls aus Ver-
ſehen, angenommen worden iſt, ſo iſt überhaupt noch gar
kein Geſchäft geſchloſſen, und auf keiner Seite ein Recht
erworben, ſo daß der Geber die ganze Schenkung noch
zurücknehmen kann. Anders ſteht es im umgekehrten Fall,
wenn Gajus dem Titius ſchenken will, und dazu den Se-
jus als Überbringer gebraucht, welcher aber unredlicher-
weiſe das Geſchenk in eigenem Namen giebt, und ſo den
Titius veranlaßt, in der von ihm angenommenen Schen-

(a) Von dieſer Art des Irr-
thums im Allgemeinen vgl. oben
§ 136. In der Regel iſt dadurch
das Daſeyn eines Vertrags ganz
ausgeſchloſſen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0170" n="156"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Ent&#x017F;tehung und Untergang.</fw><lb/>
daher wird ferner die &#x017F;päter erfüllte Bedingung auf den<lb/>
Zeitpunkt des Vertrags zurückgeführt (§ 120).</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 161.<lb/><hi rendition="#aq">V.</hi> <hi rendition="#g">Schenkung. &#x2014; Vertragsnatur</hi>. (Fort&#x017F;etzung.)</head><lb/>
            <p>Da wo die Schenkung, wie gewöhnlich, auf Vertrag<lb/>
gegründet i&#x017F;t, mü&#x017F;&#x017F;en noch be&#x017F;onders einige Fälle beachtet<lb/>
werden, worin bey dem Willen des Einen, oder auch<lb/>
Beider, ein Irrthum zum Grund liegt.</p><lb/>
            <p>Der er&#x017F;te Fall eines &#x017F;olchen möglichen Irrthums be-<lb/>
trifft die dem Irrenden gegenüber&#x017F;tehende Per&#x017F;on <note place="foot" n="(a)">Von die&#x017F;er Art des Irr-<lb/>
thums im Allgemeinen vgl. oben<lb/>
§ 136. In der Regel i&#x017F;t dadurch<lb/>
das Da&#x017F;eyn eines Vertrags ganz<lb/>
ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.</note>. Wenn<lb/>
der Geber in der Per&#x017F;on des Empfängers irrt, &#x017F;o ent-<lb/>
&#x017F;teht natürlich keine Schenkung. Hat al&#x017F;o Gajus dem<lb/>
Sejus ein Ge&#x017F;chenk zugedacht, welches aus Ver&#x017F;ehen an<lb/>
Titius gekommen, und von die&#x017F;em, gleichfalls aus Ver-<lb/>
&#x017F;ehen, angenommen worden i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t überhaupt noch gar<lb/>
kein Ge&#x017F;chäft ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und auf keiner Seite ein Recht<lb/>
erworben, &#x017F;o daß der Geber die ganze Schenkung noch<lb/>
zurücknehmen kann. Anders &#x017F;teht es im umgekehrten Fall,<lb/>
wenn Gajus dem Titius &#x017F;chenken will, und dazu den Se-<lb/>
jus als Überbringer gebraucht, welcher aber unredlicher-<lb/>
wei&#x017F;e das Ge&#x017F;chenk in eigenem Namen giebt, und &#x017F;o den<lb/>
Titius veranlaßt, in der von ihm angenommenen Schen-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0170] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. daher wird ferner die ſpäter erfüllte Bedingung auf den Zeitpunkt des Vertrags zurückgeführt (§ 120). §. 161. V. Schenkung. — Vertragsnatur. (Fortſetzung.) Da wo die Schenkung, wie gewöhnlich, auf Vertrag gegründet iſt, müſſen noch beſonders einige Fälle beachtet werden, worin bey dem Willen des Einen, oder auch Beider, ein Irrthum zum Grund liegt. Der erſte Fall eines ſolchen möglichen Irrthums be- trifft die dem Irrenden gegenüberſtehende Perſon (a). Wenn der Geber in der Perſon des Empfängers irrt, ſo ent- ſteht natürlich keine Schenkung. Hat alſo Gajus dem Sejus ein Geſchenk zugedacht, welches aus Verſehen an Titius gekommen, und von dieſem, gleichfalls aus Ver- ſehen, angenommen worden iſt, ſo iſt überhaupt noch gar kein Geſchäft geſchloſſen, und auf keiner Seite ein Recht erworben, ſo daß der Geber die ganze Schenkung noch zurücknehmen kann. Anders ſteht es im umgekehrten Fall, wenn Gajus dem Titius ſchenken will, und dazu den Se- jus als Überbringer gebraucht, welcher aber unredlicher- weiſe das Geſchenk in eigenem Namen giebt, und ſo den Titius veranlaßt, in der von ihm angenommenen Schen- (a) Von dieſer Art des Irr- thums im Allgemeinen vgl. oben § 136. In der Regel iſt dadurch das Daſeyn eines Vertrags ganz ausgeſchloſſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/170
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/170>, abgerufen am 30.12.2024.