Nach der gewöhnlichen Lehre unsrer Rechtslehrer soll auch eine noch unerworbene oder ruhende Erbschaft (he- reditas jacens) unter die jurischen Personen gehören, folg- lich mit den Corporationen auf gleiche Linie zu stellen seyn. In der That scheint auch eine Stelle des Florentinus diese Zusammenstellung unmittelbar zu bestätigen (a). Wir ha- ben aber zu untersuchen, in welchem Sinn dieselbe für wahr zu halten sey.
Zuvörderst könnte man sich die Sache so denken wol- len, als ob nach dem Antritt des Erben dessen Herrschaft über das Vermögen erst von dem Zeitpunkt dieses Antritts anzurechnen wäre, so daß zwischen dem Tod und dem Antritt stets ein Zeitraum übrig bliebe, in welchem ledig- lich ein fingirter Herr des Vermögens, die Erbschaft selbst, angenommen werden könnte. So ist es aber in der That nicht; vielmehr wird das Recht des Erben, welcher an- getreten hat, gerade so betrachtet, als hätte es unmittel- bar nach dem Tode angefangen, so daß überhaupt kein Zeitpunkt anzunehmen ist, worin das Vermögen nicht un- ter der Herrschaft entweder des Erblassers, oder des Er-
(a)L. 22 de fidejuss. (46. 1.). "Mortuo reo promittendi, et ante aditam hereditatem fide- jussor accipi potest: quia he- reditas personae vice-fungitur, sicuti municipium, et decuria, et societas." (vgl. § 85. h).
§. 102. Juriſtiſche Perſonen. Erbſchaften.
§. 102. Juriſtiſche Perſonen. — Erbſchaften.
Nach der gewöhnlichen Lehre unſrer Rechtslehrer ſoll auch eine noch unerworbene oder ruhende Erbſchaft (he- reditas jacens) unter die juriſchen Perſonen gehören, folg- lich mit den Corporationen auf gleiche Linie zu ſtellen ſeyn. In der That ſcheint auch eine Stelle des Florentinus dieſe Zuſammenſtellung unmittelbar zu beſtätigen (a). Wir ha- ben aber zu unterſuchen, in welchem Sinn dieſelbe für wahr zu halten ſey.
Zuvörderſt könnte man ſich die Sache ſo denken wol- len, als ob nach dem Antritt des Erben deſſen Herrſchaft über das Vermögen erſt von dem Zeitpunkt dieſes Antritts anzurechnen wäre, ſo daß zwiſchen dem Tod und dem Antritt ſtets ein Zeitraum übrig bliebe, in welchem ledig- lich ein fingirter Herr des Vermögens, die Erbſchaft ſelbſt, angenommen werden könnte. So iſt es aber in der That nicht; vielmehr wird das Recht des Erben, welcher an- getreten hat, gerade ſo betrachtet, als hätte es unmittel- bar nach dem Tode angefangen, ſo daß überhaupt kein Zeitpunkt anzunehmen iſt, worin das Vermögen nicht un- ter der Herrſchaft entweder des Erblaſſers, oder des Er-
(a)L. 22 de fidejuss. (46. 1.). „Mortuo reo promittendi, et ante aditam hereditatem fide- jussor accipi potest: quia he- reditas personae vice-fungitur, sicuti municipium, et decuria, et societas.” (vgl. § 85. h).
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§. 102. Juriſtiſche Perſonen. Erbſchaften.
§. 102.
Juriſtiſche Perſonen. — Erbſchaften.
Nach der gewöhnlichen Lehre unſrer Rechtslehrer ſoll
auch eine noch unerworbene oder ruhende Erbſchaft (he-
reditas jacens) unter die juriſchen Perſonen gehören, folg-
lich mit den Corporationen auf gleiche Linie zu ſtellen ſeyn.
In der That ſcheint auch eine Stelle des Florentinus dieſe
Zuſammenſtellung unmittelbar zu beſtätigen (a). Wir ha-
ben aber zu unterſuchen, in welchem Sinn dieſelbe für
wahr zu halten ſey.
Zuvörderſt könnte man ſich die Sache ſo denken wol-
len, als ob nach dem Antritt des Erben deſſen Herrſchaft
über das Vermögen erſt von dem Zeitpunkt dieſes Antritts
anzurechnen wäre, ſo daß zwiſchen dem Tod und dem
Antritt ſtets ein Zeitraum übrig bliebe, in welchem ledig-
lich ein fingirter Herr des Vermögens, die Erbſchaft ſelbſt,
angenommen werden könnte. So iſt es aber in der That
nicht; vielmehr wird das Recht des Erben, welcher an-
getreten hat, gerade ſo betrachtet, als hätte es unmittel-
bar nach dem Tode angefangen, ſo daß überhaupt kein
Zeitpunkt anzunehmen iſt, worin das Vermögen nicht un-
ter der Herrſchaft entweder des Erblaſſers, oder des Er-
(a) L. 22 de fidejuss. (46. 1.).
„Mortuo reo promittendi, et
ante aditam hereditatem fide-
jussor accipi potest: quia he-
reditas personae vice-fungitur,
sicuti municipium, et decuria,
et societas.” (vgl. § 85. h).
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/377>, abgerufen am 22.12.2024.
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