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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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Buch I. Quellen. Kap. II. Allg. Natur der Quellen.
Rechtsinstitute im Ganzen zur Anschauung: diese, hervor-
gerufen durch den Gegensatz streitender Ansprüche, sind
durch ihren Zweck genöthigt, das Rechtsverhältniß in
scharf bestimmten Gränzen aufzufassen und darzustellen.

Wenn übrigens hier behauptet worden ist, daß die in
einzelnen Fällen vorgekommene Übung des Volksrechts als
Mittel der Erkenntniß desselben betrachtet werden müsse,
so kann dieses als eine mittelbare Erkenntniß bezeichnet
werden, nöthig für Diejenigen, welche dieses Recht gleich-
sam von außen betrachten, ohne selbst zu den Gliedern
der Genossenschaft zu gehören, in welcher das Volksrecht
entstanden ist und sein fortdauerndes Leben führt (§ 7. 8).
Denn für diese bedarf es einer solchen Folgerung aus ein-
zelnen Fällen der Übung nicht, da ihre Erkenntniß eine
unmittelbare, auf Anschauung beruhende, ist (§ 30).

§. 13.
Gesetzgebung.

Selbst wenn das positive Recht die höchste Sicherheit
und Bestimmtheit hätte, so könnte dennoch Irrthum oder

nicht gerade einem gelehrten Ju-
ristenstande angehörte, also die
allgemeine Volksansicht repräsen-
tirte. So beziehen auch die Rö-
mer selbst die res judicatae, als
Rechtsquellen, auf die Prätoren
als ihre Urheber. Auctor ad
Herenn. II.
13. -- Dieses Alles
gilt jedoch nur von den gewöhn-
lichen Richtern, die einzeln oder
doch in geringer Zahl vom
Prätor für jeden Fall beson-
ders ernannt wurden. In den
Centumviralsachen dagegen wa-
ren es die Urtheiler selbst, von
welchen der Rechtssatz ausging
(indem diesen keine formula vor-
geschrieben wurde), und so hat
sich namentlich die querela inof-
ficiosi
ausgebildet.

Buch I. Quellen. Kap. II. Allg. Natur der Quellen.
Rechtsinſtitute im Ganzen zur Anſchauung: dieſe, hervor-
gerufen durch den Gegenſatz ſtreitender Anſprüche, ſind
durch ihren Zweck genöthigt, das Rechtsverhältniß in
ſcharf beſtimmten Gränzen aufzufaſſen und darzuſtellen.

Wenn übrigens hier behauptet worden iſt, daß die in
einzelnen Fällen vorgekommene Übung des Volksrechts als
Mittel der Erkenntniß deſſelben betrachtet werden müſſe,
ſo kann dieſes als eine mittelbare Erkenntniß bezeichnet
werden, nöthig für Diejenigen, welche dieſes Recht gleich-
ſam von außen betrachten, ohne ſelbſt zu den Gliedern
der Genoſſenſchaft zu gehören, in welcher das Volksrecht
entſtanden iſt und ſein fortdauerndes Leben führt (§ 7. 8).
Denn für dieſe bedarf es einer ſolchen Folgerung aus ein-
zelnen Fällen der Übung nicht, da ihre Erkenntniß eine
unmittelbare, auf Anſchauung beruhende, iſt (§ 30).

§. 13.
Geſetzgebung.

Selbſt wenn das poſitive Recht die höchſte Sicherheit
und Beſtimmtheit hätte, ſo könnte dennoch Irrthum oder

nicht gerade einem gelehrten Ju-
riſtenſtande angehörte, alſo die
allgemeine Volksanſicht repräſen-
tirte. So beziehen auch die Rö-
mer ſelbſt die res judicatae, als
Rechtsquellen, auf die Prätoren
als ihre Urheber. Auctor ad
Herenn. II.
13. — Dieſes Alles
gilt jedoch nur von den gewöhn-
lichen Richtern, die einzeln oder
doch in geringer Zahl vom
Prätor für jeden Fall beſon-
ders ernannt wurden. In den
Centumviralſachen dagegen wa-
ren es die Urtheiler ſelbſt, von
welchen der Rechtsſatz ausging
(indem dieſen keine formula vor-
geſchrieben wurde), und ſo hat
ſich namentlich die querela inof-
ficiosi
ausgebildet.
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[38/0094] Buch I. Quellen. Kap. II. Allg. Natur der Quellen. Rechtsinſtitute im Ganzen zur Anſchauung: dieſe, hervor- gerufen durch den Gegenſatz ſtreitender Anſprüche, ſind durch ihren Zweck genöthigt, das Rechtsverhältniß in ſcharf beſtimmten Gränzen aufzufaſſen und darzuſtellen. Wenn übrigens hier behauptet worden iſt, daß die in einzelnen Fällen vorgekommene Übung des Volksrechts als Mittel der Erkenntniß deſſelben betrachtet werden müſſe, ſo kann dieſes als eine mittelbare Erkenntniß bezeichnet werden, nöthig für Diejenigen, welche dieſes Recht gleich- ſam von außen betrachten, ohne ſelbſt zu den Gliedern der Genoſſenſchaft zu gehören, in welcher das Volksrecht entſtanden iſt und ſein fortdauerndes Leben führt (§ 7. 8). Denn für dieſe bedarf es einer ſolchen Folgerung aus ein- zelnen Fällen der Übung nicht, da ihre Erkenntniß eine unmittelbare, auf Anſchauung beruhende, iſt (§ 30). §. 13. Geſetzgebung. Selbſt wenn das poſitive Recht die höchſte Sicherheit und Beſtimmtheit hätte, ſo könnte dennoch Irrthum oder (c) (c) nicht gerade einem gelehrten Ju- riſtenſtande angehörte, alſo die allgemeine Volksanſicht repräſen- tirte. So beziehen auch die Rö- mer ſelbſt die res judicatae, als Rechtsquellen, auf die Prätoren als ihre Urheber. Auctor ad Herenn. II. 13. — Dieſes Alles gilt jedoch nur von den gewöhn- lichen Richtern, die einzeln oder doch in geringer Zahl vom Prätor für jeden Fall beſon- ders ernannt wurden. In den Centumviralſachen dagegen wa- ren es die Urtheiler ſelbſt, von welchen der Rechtsſatz ausging (indem dieſen keine formula vor- geſchrieben wurde), und ſo hat ſich namentlich die querela inof- ficiosi ausgebildet.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/94>, abgerufen am 21.11.2024.