Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 6. Begriff der Rechtsquellen.
welches zur Erkenntniß des einen und des andern führt,
ist wesentlich dasselbe.

Hieraus folgt aber, wie nichtig es ist, wenn in der
Rechtswissenschaft sehr häufig Theorie und Praxis als
ganz getrennt, ja entgegengesetzt angesehen werden. Ver-
schieden ist in ihnen der äußere Lebensberuf, verschieden
die Anwendung der erworbenen Rechtskenntniß: aber die
Art und Richtung des Denkens, so wie die Bildung, die
dahin führt, haben sie gemein, und es wird das eine und
das andere dieser Geschäfte nur von Demjenigen würdig
vollbracht werden, welchem das Bewußtseyn jener Iden-
tität inwohnt (b).

§. 6.
Begriff der Rechtsquellen.

Wir nennen Rechtsquellen die Entstehungsgründe
des allgemeinen Rechts, also sowohl der Rechtsinstitute,
als der aus denselben durch Abstraction gebildeten einzel-
nen Rechtsregeln. Dieser Begriff hat eine zwiefache Ver-
wandtschaft, wodurch es nöthig wird, zweyerley Verwechs-
lungen abzuwehren.

1. Auch die einzelnen Rechtsverhältnisse haben ihre
Entstehungsgründe (a), und die Verwandtschaft der Rechts-

(b) Diese Ueberzeugungen sind
bey dem Verfasser zuerst durch
die genauere Bekanntschaft mit
den gerade hierin großen Römi-
schen Juristen entstanden, dann
aber hauptsächlich durch die viel-
jährige Beschäftigung mit der ju-
ristischen Praxis entwickelt und
befestigt worden.
(a) Die allgemeine Lehre von
diesen Entstehungsgründen ist im
dritten Kapitel des zweyten Buchs
enthalten.

§. 6. Begriff der Rechtsquellen.
welches zur Erkenntniß des einen und des andern führt,
iſt weſentlich daſſelbe.

Hieraus folgt aber, wie nichtig es iſt, wenn in der
Rechtswiſſenſchaft ſehr häufig Theorie und Praxis als
ganz getrennt, ja entgegengeſetzt angeſehen werden. Ver-
ſchieden iſt in ihnen der äußere Lebensberuf, verſchieden
die Anwendung der erworbenen Rechtskenntniß: aber die
Art und Richtung des Denkens, ſo wie die Bildung, die
dahin führt, haben ſie gemein, und es wird das eine und
das andere dieſer Geſchäfte nur von Demjenigen würdig
vollbracht werden, welchem das Bewußtſeyn jener Iden-
tität inwohnt (b).

§. 6.
Begriff der Rechtsquellen.

Wir nennen Rechtsquellen die Entſtehungsgründe
des allgemeinen Rechts, alſo ſowohl der Rechtsinſtitute,
als der aus denſelben durch Abſtraction gebildeten einzel-
nen Rechtsregeln. Dieſer Begriff hat eine zwiefache Ver-
wandtſchaft, wodurch es nöthig wird, zweyerley Verwechs-
lungen abzuwehren.

1. Auch die einzelnen Rechtsverhältniſſe haben ihre
Entſtehungsgründe (a), und die Verwandtſchaft der Rechts-

(b) Dieſe Ueberzeugungen ſind
bey dem Verfaſſer zuerſt durch
die genauere Bekanntſchaft mit
den gerade hierin großen Römi-
ſchen Juriſten entſtanden, dann
aber hauptſächlich durch die viel-
jährige Beſchäftigung mit der ju-
riſtiſchen Praxis entwickelt und
befeſtigt worden.
(a) Die allgemeine Lehre von
dieſen Entſtehungsgründen iſt im
dritten Kapitel des zweyten Buchs
enthalten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0067" n="11"/><fw place="top" type="header">§. 6. Begriff der Rechtsquellen.</fw><lb/>
welches zur Erkenntniß des einen und des andern führt,<lb/>
i&#x017F;t we&#x017F;entlich da&#x017F;&#x017F;elbe.</p><lb/>
            <p>Hieraus folgt aber, wie nichtig es i&#x017F;t, wenn in der<lb/>
Rechtswi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft &#x017F;ehr häufig Theorie und Praxis als<lb/>
ganz getrennt, ja entgegenge&#x017F;etzt ange&#x017F;ehen werden. Ver-<lb/>
&#x017F;chieden i&#x017F;t in ihnen der äußere Lebensberuf, ver&#x017F;chieden<lb/>
die Anwendung der erworbenen Rechtskenntniß: aber die<lb/>
Art und Richtung des Denkens, &#x017F;o wie die Bildung, die<lb/>
dahin führt, haben &#x017F;ie gemein, und es wird das eine und<lb/>
das andere die&#x017F;er Ge&#x017F;chäfte nur von Demjenigen würdig<lb/>
vollbracht werden, welchem das Bewußt&#x017F;eyn jener Iden-<lb/>
tität inwohnt <note place="foot" n="(b)">Die&#x017F;e Ueberzeugungen &#x017F;ind<lb/>
bey dem Verfa&#x017F;&#x017F;er zuer&#x017F;t durch<lb/>
die genauere Bekannt&#x017F;chaft mit<lb/>
den gerade hierin großen Römi-<lb/>
&#x017F;chen Juri&#x017F;ten ent&#x017F;tanden, dann<lb/>
aber haupt&#x017F;ächlich durch die viel-<lb/>
jährige Be&#x017F;chäftigung mit der ju-<lb/>
ri&#x017F;ti&#x017F;chen Praxis entwickelt und<lb/>
befe&#x017F;tigt worden.</note>.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 6.<lb/><hi rendition="#g">Begriff der Rechtsquellen</hi>.</head><lb/>
            <p>Wir nennen <hi rendition="#g">Rechtsquellen</hi> die Ent&#x017F;tehungsgründe<lb/>
des allgemeinen Rechts, al&#x017F;o &#x017F;owohl der Rechtsin&#x017F;titute,<lb/>
als der aus den&#x017F;elben durch Ab&#x017F;traction gebildeten einzel-<lb/>
nen Rechtsregeln. Die&#x017F;er Begriff hat eine zwiefache Ver-<lb/>
wandt&#x017F;chaft, wodurch es nöthig wird, zweyerley Verwechs-<lb/>
lungen abzuwehren.</p><lb/>
            <p>1. Auch die einzelnen Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e haben ihre<lb/>
Ent&#x017F;tehungsgründe <note place="foot" n="(a)">Die allgemeine Lehre von<lb/>
die&#x017F;en Ent&#x017F;tehungsgründen i&#x017F;t im<lb/>
dritten Kapitel des zweyten Buchs<lb/>
enthalten.</note>, und die Verwandt&#x017F;chaft der Rechts-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0067] §. 6. Begriff der Rechtsquellen. welches zur Erkenntniß des einen und des andern führt, iſt weſentlich daſſelbe. Hieraus folgt aber, wie nichtig es iſt, wenn in der Rechtswiſſenſchaft ſehr häufig Theorie und Praxis als ganz getrennt, ja entgegengeſetzt angeſehen werden. Ver- ſchieden iſt in ihnen der äußere Lebensberuf, verſchieden die Anwendung der erworbenen Rechtskenntniß: aber die Art und Richtung des Denkens, ſo wie die Bildung, die dahin führt, haben ſie gemein, und es wird das eine und das andere dieſer Geſchäfte nur von Demjenigen würdig vollbracht werden, welchem das Bewußtſeyn jener Iden- tität inwohnt (b). §. 6. Begriff der Rechtsquellen. Wir nennen Rechtsquellen die Entſtehungsgründe des allgemeinen Rechts, alſo ſowohl der Rechtsinſtitute, als der aus denſelben durch Abſtraction gebildeten einzel- nen Rechtsregeln. Dieſer Begriff hat eine zwiefache Ver- wandtſchaft, wodurch es nöthig wird, zweyerley Verwechs- lungen abzuwehren. 1. Auch die einzelnen Rechtsverhältniſſe haben ihre Entſtehungsgründe (a), und die Verwandtſchaft der Rechts- (b) Dieſe Ueberzeugungen ſind bey dem Verfaſſer zuerſt durch die genauere Bekanntſchaft mit den gerade hierin großen Römi- ſchen Juriſten entſtanden, dann aber hauptſächlich durch die viel- jährige Beſchäftigung mit der ju- riſtiſchen Praxis entwickelt und befeſtigt worden. (a) Die allgemeine Lehre von dieſen Entſtehungsgründen iſt im dritten Kapitel des zweyten Buchs enthalten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/67
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/67>, abgerufen am 22.12.2024.