Erstes Kapitel. Wesen und Arten der Rechtsverhältnisse.
§. 52. Wesen der Rechtsverhältnisse.
Die allgemeine Natur der Rechtsverhältnisse überhaupt, und wie sich dieselben in Verhältnisse des Staatsrechts und des Privatrechts gliedern, ist oben dargelegt worden (§ 4. 9). Das Wesen der dem Privatrecht angehörenden soll nunmehr weiter entwickelt werden; sie allein liegen in unsrer Aufgabe, und sie werden daher von nun an als Rechtsverhältnisse schlechthin, ohne beschränkenden Zusatz, von uns bezeichnet werden.
Der Mensch steht inmitten der äußeren Welt, und das wichtigste Element in dieser seiner Umgebung ist ihm die Berührung mit denen, die ihm gleich sind durch ihre Na- tur und Bestimmung. Sollen nun in solcher Berührung freye Wesen neben einander bestehen, sich gegenseitig för- dernd, nicht hemmend, in ihrer Entwicklung, so ist die- ses nur möglich durch Anerkennung einer unsichtbaren Gränze, innerhalb welcher das Daseyn, und die Wirk-
Zweytes Buch. Die Rechtsverhältniſſe.
Erſtes Kapitel. Weſen und Arten der Rechtsverhältniſſe.
§. 52. Weſen der Rechtsverhältniſſe.
Die allgemeine Natur der Rechtsverhältniſſe überhaupt, und wie ſich dieſelben in Verhältniſſe des Staatsrechts und des Privatrechts gliedern, iſt oben dargelegt worden (§ 4. 9). Das Weſen der dem Privatrecht angehörenden ſoll nunmehr weiter entwickelt werden; ſie allein liegen in unſrer Aufgabe, und ſie werden daher von nun an als Rechtsverhältniſſe ſchlechthin, ohne beſchränkenden Zuſatz, von uns bezeichnet werden.
Der Menſch ſteht inmitten der äußeren Welt, und das wichtigſte Element in dieſer ſeiner Umgebung iſt ihm die Berührung mit denen, die ihm gleich ſind durch ihre Na- tur und Beſtimmung. Sollen nun in ſolcher Berührung freye Weſen neben einander beſtehen, ſich gegenſeitig för- dernd, nicht hemmend, in ihrer Entwicklung, ſo iſt die- ſes nur möglich durch Anerkennung einer unſichtbaren Gränze, innerhalb welcher das Daſeyn, und die Wirk-
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[[331]/0387]
Zweytes Buch.
Die Rechtsverhältniſſe.
Erſtes Kapitel.
Weſen und Arten der Rechtsverhältniſſe.
§. 52.
Weſen der Rechtsverhältniſſe.
Die allgemeine Natur der Rechtsverhältniſſe überhaupt,
und wie ſich dieſelben in Verhältniſſe des Staatsrechts
und des Privatrechts gliedern, iſt oben dargelegt worden
(§ 4. 9). Das Weſen der dem Privatrecht angehörenden
ſoll nunmehr weiter entwickelt werden; ſie allein liegen in
unſrer Aufgabe, und ſie werden daher von nun an als
Rechtsverhältniſſe ſchlechthin, ohne beſchränkenden Zuſatz,
von uns bezeichnet werden.
Der Menſch ſteht inmitten der äußeren Welt, und das
wichtigſte Element in dieſer ſeiner Umgebung iſt ihm die
Berührung mit denen, die ihm gleich ſind durch ihre Na-
tur und Beſtimmung. Sollen nun in ſolcher Berührung
freye Weſen neben einander beſtehen, ſich gegenſeitig för-
dernd, nicht hemmend, in ihrer Entwicklung, ſo iſt die-
ſes nur möglich durch Anerkennung einer unſichtbaren
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. [331]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/387>, abgerufen am 21.11.2024.
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