Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
§. 27. Praktischer Werth der Römischen Bestimmungen über die Rechtsquellen.
Nachdem die Aussprüche des Römischen Rechts über die Rechtsquellen aufgestellt worden sind (§ 22 -- 26), ist nun die Frage zu beantworten, welcher praktische Werth denselben, von unserm Standpunkt aus, beyzulegen ist. Diese Frage bezieht sich auf jeden Staat, worin einmal die Reception Statt gefunden hat, und sie muß in fol- genden zwey verschiedenen Anwendungen aufgefaßt und beantwortet werden: erstlich, ist seit dem Zeitpunkt der Reception die bisherige Fortbildung des Rechts (§ 21) nach jenen Regeln zu prüfen und zu beurtheilen? Zwey- tens, gelten diese Regeln für die künftige Fortbildung des Rechts in einem solchen Staate? Die erste Anwendung bezieht sich auf Dasjenige, was wir als wahren Inhalt des jetzt geltenden gemeinen Rechts anzuerkennen haben: die zweyte auf dessen mögliche Abänderungen in der Zu- kunft. Es ist aber für beide Anwendungen nur eine und dieselbe Frage, deren Beantwortung also auch nach beiden Seiten hin nicht verschieden ausfallen kann.
Auf den ersten Blick scheint Nichts natürlicher, als die Bejahung der Frage. Denn wo überhaupt Römisches Recht gilt, warum sollte es in diesem wichtigen Punkt, für die fortgehende Entwicklung des Rechts, nicht gelten? Die neueren Schriftsteller pflegen die Frage gar nicht auf-
Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
§. 27. Praktiſcher Werth der Römiſchen Beſtimmungen über die Rechtsquellen.
Nachdem die Ausſprüche des Römiſchen Rechts über die Rechtsquellen aufgeſtellt worden ſind (§ 22 — 26), iſt nun die Frage zu beantworten, welcher praktiſche Werth denſelben, von unſerm Standpunkt aus, beyzulegen iſt. Dieſe Frage bezieht ſich auf jeden Staat, worin einmal die Reception Statt gefunden hat, und ſie muß in fol- genden zwey verſchiedenen Anwendungen aufgefaßt und beantwortet werden: erſtlich, iſt ſeit dem Zeitpunkt der Reception die bisherige Fortbildung des Rechts (§ 21) nach jenen Regeln zu prüfen und zu beurtheilen? Zwey- tens, gelten dieſe Regeln für die künftige Fortbildung des Rechts in einem ſolchen Staate? Die erſte Anwendung bezieht ſich auf Dasjenige, was wir als wahren Inhalt des jetzt geltenden gemeinen Rechts anzuerkennen haben: die zweyte auf deſſen mögliche Abänderungen in der Zu- kunft. Es iſt aber für beide Anwendungen nur eine und dieſelbe Frage, deren Beantwortung alſo auch nach beiden Seiten hin nicht verſchieden ausfallen kann.
Auf den erſten Blick ſcheint Nichts natürlicher, als die Bejahung der Frage. Denn wo überhaupt Römiſches Recht gilt, warum ſollte es in dieſem wichtigen Punkt, für die fortgehende Entwicklung des Rechts, nicht gelten? Die neueren Schriftſteller pflegen die Frage gar nicht auf-
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Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
§. 27.
Praktiſcher Werth der Römiſchen Beſtimmungen über
die Rechtsquellen.
Nachdem die Ausſprüche des Römiſchen Rechts über
die Rechtsquellen aufgeſtellt worden ſind (§ 22 — 26), iſt
nun die Frage zu beantworten, welcher praktiſche Werth
denſelben, von unſerm Standpunkt aus, beyzulegen iſt.
Dieſe Frage bezieht ſich auf jeden Staat, worin einmal
die Reception Statt gefunden hat, und ſie muß in fol-
genden zwey verſchiedenen Anwendungen aufgefaßt und
beantwortet werden: erſtlich, iſt ſeit dem Zeitpunkt der
Reception die bisherige Fortbildung des Rechts (§ 21)
nach jenen Regeln zu prüfen und zu beurtheilen? Zwey-
tens, gelten dieſe Regeln für die künftige Fortbildung des
Rechts in einem ſolchen Staate? Die erſte Anwendung
bezieht ſich auf Dasjenige, was wir als wahren Inhalt
des jetzt geltenden gemeinen Rechts anzuerkennen haben:
die zweyte auf deſſen mögliche Abänderungen in der Zu-
kunft. Es iſt aber für beide Anwendungen nur eine und
dieſelbe Frage, deren Beantwortung alſo auch nach beiden
Seiten hin nicht verſchieden ausfallen kann.
Auf den erſten Blick ſcheint Nichts natürlicher, als die
Bejahung der Frage. Denn wo überhaupt Römiſches
Recht gilt, warum ſollte es in dieſem wichtigen Punkt,
für die fortgehende Entwicklung des Rechts, nicht gelten?
Die neueren Schriftſteller pflegen die Frage gar nicht auf-
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/218>, abgerufen am 21.11.2024.
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