Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Ehrgeitz. oder ob ich sage; sie haben mir die Seel-Sorg auff getragen/ indem sie michzum Vorsteher erwöhlet haben: und diß ist der Nutze/ den ich hier auß ge- schöpffet; daß ich nemblich meinen Weingarten/ daß ist/ meine eigene Seel nicht bewahret habe: wohl ist auch allhier zu mercken; daß in dem angezo- genen Text nicht von dem jenigen gehandlet werde/ der sich in das Ambt hin- ein getrungen hat; sondern von dem/ der darzu beruffen und erwählet worden ist: dann er sagt nicht; ich hab mich gesetzt; sondern/ sie haben mich gesetzt: Derhalben da er zum Hüter über andere ist beruffen worden; hat er dardurch abgelassen einen Hüter zu seyn über sich selbst. Siehest du nun/ mein Christliche Seel/ die Gefahr auch bey guten Vorstehern? Höre noch den Heil. Bernardum über diesen Orth der Heil. Schrifft: die Red/ sagt er/ ist nicht von den Wein-Garten/ sondern von der Seelen: so geden- cke du dann an die Seel/ wann du lesest oder hörest nennen den Wein-Gar- ten: ein solcher Hüter ware vorzeiten der Adrianus Sextus, welcher die Ge- fahren der Seelen in dieser Hütung anderer wohl betrachtet hat; und da er einsmahls gefragt wurde/ was für eine Straff er seinem Haubt-Feind gön- nete? gab er zur Antwort; das Pabstthumb: dahero ist ihm diese Grab- Schrifft gemaeht worden; Adrianus Sextus ligt allhier. Welcher nichts für so unglückseelig gehalten/ als daß er regieret hat. Wie-Beyrling 5. Wann nun so gelehrte und gottselige Männer/ so von GOtt sonder- gemel- T 2
Von der Ehrgeitz. oder ob ich ſage; ſie haben mir die Seel-Sorg auff getragen/ indem ſie michzum Vorſteher erwoͤhlet haben: und diß iſt der Nutze/ den ich hier auß ge- ſchoͤpffet; daß ich nemblich meinen Weingarten/ daß iſt/ meine eigene Seel nicht bewahret habe: wohl iſt auch allhier zu mercken; daß in dem angezo- genen Text nicht von dem jenigen gehandlet werde/ der ſich in das Ambt hin- ein getrungen hat; ſondern von dem/ der darzu beruffen und erwaͤhlet worden iſt: dann er ſagt nicht; ich hab mich geſetzt; ſondern/ ſie haben mich geſetzt: Derhalben da er zum Huͤter uͤber andere iſt beruffen worden; hat er dardurch abgelaſſen einen Huͤter zu ſeyn uͤber ſich ſelbſt. Sieheſt du nun/ mein Chriſtliche Seel/ die Gefahr auch bey guten Vorſtehern? Hoͤre noch den Heil. Bernardum uͤber dieſen Orth der Heil. Schrifft: die Red/ ſagt er/ iſt nicht von den Wein-Garten/ ſondern von der Seelen: ſo geden- cke du dann an die Seel/ wann du leſeſt oder hoͤreſt nennen den Wein-Gar- ten: ein ſolcher Huͤter ware vorzeiten der Adrianus Sextus, welcher die Ge- fahren der Seelen in dieſer Huͤtung anderer wohl betrachtet hat; und da er einsmahls gefragt wurde/ was fuͤr eine Straff er ſeinem Haubt-Feind goͤn- nete? gab er zur Antwort; das Pabſtthumb: dahero iſt ihm dieſe Grab- Schrifft gemaeht worden; Adrianus Sextus ligt allhier. Welcher nichts fuͤr ſo ungluͤckſeelig gehalten/ als daß er regieret hat. Wie-Beyrling 5. Wann nun ſo gelehrte und gottſelige Maͤnner/ ſo von GOtt ſonder- gemel- T 2
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Von der Ehrgeitz.
oder ob ich ſage; ſie haben mir die Seel-Sorg auff getragen/ indem ſie mich
zum Vorſteher erwoͤhlet haben: und diß iſt der Nutze/ den ich hier auß ge-
ſchoͤpffet; daß ich nemblich meinen Weingarten/ daß iſt/ meine eigene Seel
nicht bewahret habe: wohl iſt auch allhier zu mercken; daß in dem angezo-
genen Text nicht von dem jenigen gehandlet werde/ der ſich in das Ambt hin-
ein getrungen hat; ſondern von dem/ der darzu beruffen und erwaͤhlet worden
iſt: dann er ſagt nicht; ich hab mich geſetzt; ſondern/ ſie haben mich
geſetzt: Derhalben da er zum Huͤter uͤber andere iſt beruffen worden;
hat er dardurch abgelaſſen einen Huͤter zu ſeyn uͤber ſich ſelbſt. Sieheſt du
nun/ mein Chriſtliche Seel/ die Gefahr auch bey guten Vorſtehern? Hoͤre
noch den Heil. Bernardum uͤber dieſen Orth der Heil. Schrifft: die Red/
ſagt er/ iſt nicht von den Wein-Garten/ ſondern von der Seelen: ſo geden-
cke du dann an die Seel/ wann du leſeſt oder hoͤreſt nennen den Wein-Gar-
ten: ein ſolcher Huͤter ware vorzeiten der Adrianus Sextus, welcher die Ge-
fahren der Seelen in dieſer Huͤtung anderer wohl betrachtet hat; und da er
einsmahls gefragt wurde/ was fuͤr eine Straff er ſeinem Haubt-Feind goͤn-
nete? gab er zur Antwort; das Pabſtthumb: dahero iſt ihm dieſe Grab-
Schrifft gemaeht worden;
Adrianus Sextus ligt allhier.
Welcher nichts fuͤr ſo ungluͤckſeelig gehalten/ als daß er regieret hat. Wie-
derumb/ Pabſt Leo der neunte hat in ſeinem Todts-Bett dem Beichts-
Vatter ins Gehoͤr geſagt: wie viel beſſer waͤre mir geweſen/ wann ich an
ſtatt der Himmels-Schluͤſſelen/ die Schluͤſſel deß Cloſters-Pforten ge-
habt haͤtte: deßgleichen hat Paulus der dritte Pabſt dieſes Nahmens in ſei-
ner Sterb-Stund geſagt; viel lieber haͤtte ich mich dem Koch deren P. P.
Capucinern unterworffen/ als daß ich dieſe/ GOtt ſo nahe Wuͤrden/ die zehn
Jahr lang hab außgeſtanden.
Beyrling
Apopht.
fol. 477.
Engeld.
Dom. 16.
poſt
Pent.
5. Wann nun ſo gelehrte und gottſelige Maͤnner/ ſo von GOtt ſonder-
bahr außerwaͤhlt worden/ gleichwohl unter dem Laſt der Paͤbſtlichen Wuͤr-
den dergeſtalt geſeufftzet/ daß ſie gewuͤnſchet haben/ ſie waͤren Pfoͤrtner und
Koͤch in Platz der Pabſten geweſen; ſo muß mir ja dieſes ein Zeiger ſeyn/
daß/ wie hoͤher eine Wuͤrde oder Vorſtehung iſt/ je mehr ſie den Gefahren
der Seelen unterworffen ſeye: Dieſes ware dem Heil. Vatter Auguſtino
wohl bekandt; derhalben hat er nicht umbſonſt in ſeiner vorgeſchriebenen Re-
gul geſagt: wie hoͤhern Orth einer beſitzet/ wie groͤſſere Gefahr er leidet: er re-
det aber von einem guten und getreuen Vorſteher/ von dem er vorhin alſo
gemel-
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