Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

hat eine schlechte Begräbnus.
der stärckisten Leuth den Heil. Leib bewegen/ und gedunckte selber
gleichsam ein bleyener Berg zu seyn/ welches die gute Leuth nicht
ein wenig befrembd/ ja die meiste gar bestürtzt gemacht. Eben
zu selbiger Zeit erscheint ersterwehnte Heilige einem frommen al-
ten Mütterl/ wie daß selbe ihr erstgefallenes Kalb soll in den
Karn spannen/ und darmit ihren Leib in die Kirchen führen.
Die gute fromme Haut befilcht alsobalden frühe Morgens ihrem
Sohn/ daß er solle ohne fernern Verzug das Kalb an das be-
stimmte Ort bringen/ zu diesem Ende/ damit selbes den H. Leib
Dympnae in die Kirchen führen solle. Der Sohn lacht die
Mutter aus/ und rathet ihr/ sie solle doch solches Narren-Stuck
nit begehren/ es möchte hieraus ihrer gantzen Freundschafft ein
ewiger übler Nachklang erwachsen; weil die Mutter den Unge-
horsam ihres Sohns gesehen/ so ist sie selbst sammt dem Kalb da-
hin kommen/ aber nicht ohne allgemeinem Gelächter und grossen
Aushönung deß gemeinen Pöfels/ in Erwegung/ daß die alte
einfältige Matratzen mit einem jungen Kalb wolte führen/ was
starcke Männer und Pferd nicht kundten zuwegen bringen: nach-
dem sie aber mit so beweglichen Worten ein geraume Zeit gebet-
ten/ und ihr endlich zugelassen worden/ da hat sie mit schlechterSurius in
vita c.
8.

Mühe die steinerne grosse Sarg auf den Karren geladen/ das
3. Wochen alte Kalb eingespannt/ und folgsam ohne einige
Beschwärnus in die so benannte Kirch übergeführt/ so wohl mit
höchster Verwunderung als allgemeinem Trost: an welchem
Ort sie noch mit grossen Wunderwercken leuchtet.

Sepulchrum, sed Pulchrum S. Amati Confess,

GOtt ist so gut/ so gut ist GOtt/ daß er so gar auch das je-
nige/ was ihme seine Vernunfftlose Geschöpff guts erweisen/ nit
unvergolten lasset. Unser gebenedeyter Heyland hat ein abson-
derliche Ehr empfangen in dem Fluß Jordan/ allwo er von sei-
nem Vorlauffer Joanne getauffet worden: massen dazumahl der
Himmel sich eröffnet/ der Heil. Geist als die dritte Persohn in
sichtbarlicher Gestalt einer weissen Tauben auf ihne herabgestie-

gen/
E 3

hat eine ſchlechte Begraͤbnus.
der ſtaͤrckiſten Leuth den Heil. Leib bewegen/ und gedunckte ſelber
gleichſam ein bleyener Berg zu ſeyn/ welches die gute Leuth nicht
ein wenig befrembd/ ja die meiſte gar beſtuͤrtzt gemacht. Eben
zu ſelbiger Zeit erſcheint erſterwehnte Heilige einem frommen al-
ten Muͤtterl/ wie daß ſelbe ihr erſtgefallenes Kalb ſoll in den
Karn ſpannen/ und darmit ihren Leib in die Kirchen fuͤhren.
Die gute fromme Haut befilcht alſobalden fruͤhe Morgens ihrem
Sohn/ daß er ſolle ohne fernern Verzug das Kalb an das be-
ſtimmte Ort bringen/ zu dieſem Ende/ damit ſelbes den H. Leib
Dympnæ in die Kirchen fuͤhren ſolle. Der Sohn lacht die
Mutter aus/ und rathet ihr/ ſie ſolle doch ſolches Narren-Stuck
nit begehren/ es moͤchte hieraus ihrer gantzen Freundſchafft ein
ewiger uͤbler Nachklang erwachſen; weil die Mutter den Unge-
horſam ihres Sohns geſehen/ ſo iſt ſie ſelbſt ſammt dem Kalb da-
hin kommen/ aber nicht ohne allgemeinem Gelaͤchter und groſſen
Aushoͤnung deß gemeinen Poͤfels/ in Erwegung/ daß die alte
einfaͤltige Matratzen mit einem jungen Kalb wolte fuͤhren/ was
ſtarcke Maͤnner und Pferd nicht kundten zuwegen bringen: nach-
dem ſie aber mit ſo beweglichen Worten ein geraume Zeit gebet-
ten/ und ihr endlich zugelaſſen worden/ da hat ſie mit ſchlechterSurius in
vita c.
8.

Muͤhe die ſteinerne groſſe Sarg auf den Karren geladen/ das
3. Wochen alte Kalb eingeſpannt/ und folgſam ohne einige
Beſchwaͤrnus in die ſo benannte Kirch uͤbergefuͤhrt/ ſo wohl mit
hoͤchſter Verwunderung als allgemeinem Troſt: an welchem
Ort ſie noch mit groſſen Wunderwercken leuchtet.

Sepulchrum, ſed Pulchrum S. Amati Confeſs,

GOtt iſt ſo gut/ ſo gut iſt GOtt/ daß er ſo gar auch das je-
nige/ was ihme ſeine Vernunfftloſe Geſchoͤpff guts erweiſen/ nit
unvergolten laſſet. Unſer gebenedeyter Heyland hat ein abſon-
derliche Ehr empfangen in dem Fluß Jordan/ allwo er von ſei-
nem Vorlauffer Joanne getauffet worden: maſſen dazumahl der
Himmel ſich eroͤffnet/ der Heil. Geiſt als die dritte Perſohn in
ſichtbarlicher Geſtalt einer weiſſen Tauben auf ihne herabgeſtie-

gen/
E 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0049" n="37"/><fw type="header" place="top">hat eine &#x017F;chlechte Begra&#x0364;bnus.</fw><lb/>
der &#x017F;ta&#x0364;rcki&#x017F;ten Leuth den Heil. Leib bewegen/ und gedunckte &#x017F;elber<lb/>
gleich&#x017F;am ein bleyener Berg zu &#x017F;eyn/ welches die gute Leuth nicht<lb/>
ein wenig befrembd/ ja die mei&#x017F;te gar be&#x017F;tu&#x0364;rtzt gemacht. Eben<lb/>
zu &#x017F;elbiger Zeit er&#x017F;cheint er&#x017F;terwehnte Heilige einem frommen al-<lb/>
ten Mu&#x0364;tterl/ wie daß &#x017F;elbe ihr er&#x017F;tgefallenes Kalb &#x017F;oll in den<lb/>
Karn &#x017F;pannen/ und darmit ihren Leib in die Kirchen fu&#x0364;hren.<lb/>
Die gute fromme Haut befilcht al&#x017F;obalden fru&#x0364;he Morgens ihrem<lb/>
Sohn/ daß er &#x017F;olle ohne fernern Verzug das Kalb an das be-<lb/>
&#x017F;timmte Ort bringen/ zu die&#x017F;em Ende/ damit &#x017F;elbes den H. Leib<lb/><hi rendition="#aq">Dympnæ</hi> in die Kirchen fu&#x0364;hren &#x017F;olle. Der Sohn lacht die<lb/>
Mutter aus/ und rathet ihr/ &#x017F;ie &#x017F;olle doch &#x017F;olches Narren-Stuck<lb/>
nit begehren/ es mo&#x0364;chte hieraus ihrer gantzen Freund&#x017F;chafft ein<lb/>
ewiger u&#x0364;bler Nachklang erwach&#x017F;en; weil die Mutter den Unge-<lb/>
hor&#x017F;am ihres Sohns ge&#x017F;ehen/ &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;ammt dem Kalb da-<lb/>
hin kommen/ aber nicht ohne allgemeinem Gela&#x0364;chter und gro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Ausho&#x0364;nung deß gemeinen Po&#x0364;fels/ in Erwegung/ daß die alte<lb/>
einfa&#x0364;ltige Matratzen mit einem jungen Kalb wolte fu&#x0364;hren/ was<lb/>
&#x017F;tarcke Ma&#x0364;nner und Pferd nicht kundten zuwegen bringen: nach-<lb/>
dem &#x017F;ie aber mit &#x017F;o beweglichen Worten ein geraume Zeit gebet-<lb/>
ten/ und ihr endlich zugela&#x017F;&#x017F;en worden/ da hat &#x017F;ie mit &#x017F;chlechter<note place="right"><hi rendition="#aq">Surius in<lb/>
vita c.</hi> 8.</note><lb/>
Mu&#x0364;he die &#x017F;teinerne gro&#x017F;&#x017F;e Sarg auf den Karren geladen/ das<lb/>
3. Wochen alte Kalb einge&#x017F;pannt/ und folg&#x017F;am ohne einige<lb/>
Be&#x017F;chwa&#x0364;rnus in die &#x017F;o benannte Kirch u&#x0364;bergefu&#x0364;hrt/ &#x017F;o wohl mit<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ter Verwunderung als allgemeinem Tro&#x017F;t: an welchem<lb/>
Ort &#x017F;ie noch mit gro&#x017F;&#x017F;en Wunderwercken leuchtet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">Sepulchrum, &#x017F;ed Pulchrum S. Amati Confe&#x017F;s,</hi> </head><lb/>
          <p>GOtt i&#x017F;t &#x017F;o gut/ &#x017F;o gut i&#x017F;t GOtt/ daß er &#x017F;o gar auch das je-<lb/>
nige/ was ihme &#x017F;eine Vernunfftlo&#x017F;e Ge&#x017F;cho&#x0364;pff guts erwei&#x017F;en/ nit<lb/>
unvergolten la&#x017F;&#x017F;et. Un&#x017F;er gebenedeyter Heyland hat ein ab&#x017F;on-<lb/>
derliche Ehr empfangen in dem Fluß Jordan/ allwo er von &#x017F;ei-<lb/>
nem Vorlauffer <hi rendition="#aq">Joanne</hi> getauffet worden: ma&#x017F;&#x017F;en dazumahl der<lb/>
Himmel &#x017F;ich ero&#x0364;ffnet/ der Heil. Gei&#x017F;t als die dritte Per&#x017F;ohn in<lb/>
&#x017F;ichtbarlicher Ge&#x017F;talt einer wei&#x017F;&#x017F;en Tauben auf ihne herabge&#x017F;tie-<lb/>
<fw type="sig" place="bottom">E 3</fw><fw type="catch" place="bottom">gen/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0049] hat eine ſchlechte Begraͤbnus. der ſtaͤrckiſten Leuth den Heil. Leib bewegen/ und gedunckte ſelber gleichſam ein bleyener Berg zu ſeyn/ welches die gute Leuth nicht ein wenig befrembd/ ja die meiſte gar beſtuͤrtzt gemacht. Eben zu ſelbiger Zeit erſcheint erſterwehnte Heilige einem frommen al- ten Muͤtterl/ wie daß ſelbe ihr erſtgefallenes Kalb ſoll in den Karn ſpannen/ und darmit ihren Leib in die Kirchen fuͤhren. Die gute fromme Haut befilcht alſobalden fruͤhe Morgens ihrem Sohn/ daß er ſolle ohne fernern Verzug das Kalb an das be- ſtimmte Ort bringen/ zu dieſem Ende/ damit ſelbes den H. Leib Dympnæ in die Kirchen fuͤhren ſolle. Der Sohn lacht die Mutter aus/ und rathet ihr/ ſie ſolle doch ſolches Narren-Stuck nit begehren/ es moͤchte hieraus ihrer gantzen Freundſchafft ein ewiger uͤbler Nachklang erwachſen; weil die Mutter den Unge- horſam ihres Sohns geſehen/ ſo iſt ſie ſelbſt ſammt dem Kalb da- hin kommen/ aber nicht ohne allgemeinem Gelaͤchter und groſſen Aushoͤnung deß gemeinen Poͤfels/ in Erwegung/ daß die alte einfaͤltige Matratzen mit einem jungen Kalb wolte fuͤhren/ was ſtarcke Maͤnner und Pferd nicht kundten zuwegen bringen: nach- dem ſie aber mit ſo beweglichen Worten ein geraume Zeit gebet- ten/ und ihr endlich zugelaſſen worden/ da hat ſie mit ſchlechter Muͤhe die ſteinerne groſſe Sarg auf den Karren geladen/ das 3. Wochen alte Kalb eingeſpannt/ und folgſam ohne einige Beſchwaͤrnus in die ſo benannte Kirch uͤbergefuͤhrt/ ſo wohl mit hoͤchſter Verwunderung als allgemeinem Troſt: an welchem Ort ſie noch mit groſſen Wunderwercken leuchtet. Surius in vita c. 8. Sepulchrum, ſed Pulchrum S. Amati Confeſs, GOtt iſt ſo gut/ ſo gut iſt GOtt/ daß er ſo gar auch das je- nige/ was ihme ſeine Vernunfftloſe Geſchoͤpff guts erweiſen/ nit unvergolten laſſet. Unſer gebenedeyter Heyland hat ein abſon- derliche Ehr empfangen in dem Fluß Jordan/ allwo er von ſei- nem Vorlauffer Joanne getauffet worden: maſſen dazumahl der Himmel ſich eroͤffnet/ der Heil. Geiſt als die dritte Perſohn in ſichtbarlicher Geſtalt einer weiſſen Tauben auf ihne herabgeſtie- gen/ E 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/49
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/49>, abgerufen am 13.11.2024.