Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

Bild:
<< vorherige Seite
Judae Iscariothis Zucht-Hauß/

Judas wird in der Insul Iscarioth/ von
dero er den Namen geschöpfft/ bey Hof/ als ein

Königlicher Printz aufferzogen/ so aber bald das
Gottlose Gemüth durch seinen Neyd an Tag
geben.

ES lasset sich doch noch reden/ das gemeine Sprich-
wort/ wie grösser der Schelm/ je besser das Glück/
zumahlen diser Judas von den Meer-Wellen
verschont worden/ vnd so ohnverhofft zu diser Würde ge-
langet/ daß er als ein Königlicher Printz ist aufferzogen
worden/ den hat man in ein verguldte Wiegen gelegt/
da ihme doch der Sautrog hätte sollen die Herberg geben/
den hat man in die zartiste Windlein eingefätscht/ da doch
dem Ohnflat die Ziggeuner-Fetzen zu gut waren; den hat
man mit Piscotten-Koch gespeiset/ da doch ein solche Go-
schen die sauere Ruben nit verdienet; den hat man auff
Königlichen Armben liebkoset/ da ihn doch der Hencker
hätt sollen einwiegen: den hat manche Adeliche Dama mit
ihrer halb Engel-Stimm das aia pupeia zugesungen/ da
doch dem kleinen Galgen-Vogl das Raaben-Geschray ge-
bühret hätte: vor dem hat man die tieffeste Reverentz ge-
schnitten/ vnd schier halben Theil mit gebognen Knyen
angebett/ dem man ehender hätte sollen den Daumb
zwischen demzwey Finger weisen; es wurde mittler Zeit
wider alles Verhoffen die Königin desselbigen Orths in der
Warheit groß Leibs/ vnd nachmahlen ein jnniglichen
schönen Printzen auff die Welt gebracht/ worauff dann
wie billich vnd natürlich alle ihre Liebs-Raigungen zu di-
sem holdseeligen Kind gezihlet/ vnd mittler weil die Affe-
cten
gegen dem Judam/ als einem vnehrlichen Sohn sie

gantz
Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß/

Judas wird in der Inſul Iſcarioth/ von
dero er den Namen geſchoͤpfft/ bey Hof/ als ein

Koͤniglicher Printz aufferzogen/ ſo aber bald das
Gottloſe Gemuͤth durch ſeinen Neyd an Tag
geben.

ES laſſet ſich doch noch reden/ das gemeine Sprich-
wort/ wie groͤſſer der Schelm/ je beſſer das Gluͤck/
zumahlen diſer Judas von den Meer-Wellen
verſchont worden/ vnd ſo ohnverhofft zu diſer Wuͤrde ge-
langet/ daß er als ein Koͤniglicher Printz iſt aufferzogen
worden/ den hat man in ein verguldte Wiegen gelegt/
da ihme doch der Sautrog haͤtte ſollen die Herberg geben/
den hat man in die zartiſte Windlein eingefaͤtſcht/ da doch
dem Ohnflat die Ziggeuner-Fetzen zu gut waren; den hat
man mit Piſcotten-Koch geſpeiſet/ da doch ein ſolche Go-
ſchen die ſauere Ruben nit verdienet; den hat man auff
Koͤniglichen Armben liebkoſet/ da ihn doch der Hencker
haͤtt ſollen einwiegen: den hat manche Adeliche Dama mit
ihrer halb Engel-Stimm das aia pupeia zugeſungen/ da
doch dem kleinen Galgen-Vogl das Raaben-Geſchray ge-
buͤhret haͤtte: vor dem hat man die tieffeſte Reverentz ge-
ſchnitten/ vnd ſchier halben Theil mit gebognen Knyen
angebett/ dem man ehender haͤtte ſollen den Daumb
zwiſchen demzwey Finger weiſen; es wurde mittler Zeit
wider alles Verhoffen die Koͤnigin deſſelbigen Orths in der
Warheit groß Leibs/ vnd nachmahlen ein jnniglichen
ſchoͤnen Printzen auff die Welt gebracht/ worauff dann
wie billich vnd natuͤrlich alle ihre Liebs-Raigungen zu di-
ſem holdſeeligen Kind gezihlet/ vnd mittler weil die Affe-
cten
gegen dem Judam/ als einem vnehrlichen Sohn ſie

gantz
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0104" n="68"/>
      <fw place="top" type="header">Judæ I&#x017F;cariothis Zucht-Hauß/</fw><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#b">Judas wird in der In&#x017F;ul I&#x017F;carioth/ von<lb/>
dero er den Namen ge&#x017F;cho&#x0364;pfft/ bey Hof/ als ein</hi><lb/>
Ko&#x0364;niglicher Printz aufferzogen/ &#x017F;o aber bald das<lb/>
Gottlo&#x017F;e Gemu&#x0364;th durch &#x017F;einen Neyd an Tag<lb/>
geben.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">E</hi>S la&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich doch noch reden/ das gemeine Sprich-<lb/>
wort/ wie gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er der Schelm/ je be&#x017F;&#x017F;er das Glu&#x0364;ck/<lb/>
zumahlen di&#x017F;er Judas von den Meer-Wellen<lb/>
ver&#x017F;chont worden/ vnd &#x017F;o ohnverhofft zu di&#x017F;er Wu&#x0364;rde ge-<lb/>
langet/ daß er als ein Ko&#x0364;niglicher Printz i&#x017F;t aufferzogen<lb/>
worden/ den hat man in ein verguldte Wiegen gelegt/<lb/>
da ihme doch der Sautrog ha&#x0364;tte &#x017F;ollen die Herberg geben/<lb/>
den hat man in die zarti&#x017F;te Windlein eingefa&#x0364;t&#x017F;cht/ da doch<lb/>
dem Ohnflat die Ziggeuner-Fetzen zu gut waren; den hat<lb/>
man mit Pi&#x017F;cotten-Koch ge&#x017F;pei&#x017F;et/ da doch ein &#x017F;olche Go-<lb/>
&#x017F;chen die &#x017F;auere Ruben nit verdienet; den hat man auff<lb/>
Ko&#x0364;niglichen Armben liebko&#x017F;et/ da ihn doch der Hencker<lb/>
ha&#x0364;tt &#x017F;ollen einwiegen: den hat manche Adeliche <hi rendition="#aq">Dama</hi> mit<lb/>
ihrer halb Engel-Stimm das <hi rendition="#aq">aia pupeia</hi> zuge&#x017F;ungen/ da<lb/>
doch dem kleinen Galgen-Vogl das Raaben-Ge&#x017F;chray ge-<lb/>
bu&#x0364;hret ha&#x0364;tte: vor dem hat man die tieffe&#x017F;te Reverentz ge-<lb/>
&#x017F;chnitten/ vnd &#x017F;chier halben Theil mit gebognen Knyen<lb/>
angebett/ dem man ehender ha&#x0364;tte &#x017F;ollen den Daumb<lb/>
zwi&#x017F;chen demzwey Finger wei&#x017F;en; es wurde mittler Zeit<lb/>
wider alles Verhoffen die Ko&#x0364;nigin de&#x017F;&#x017F;elbigen Orths in der<lb/>
Warheit groß Leibs/ vnd nachmahlen ein jnniglichen<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen Printzen auff die Welt gebracht/ worauff dann<lb/>
wie billich vnd natu&#x0364;rlich alle ihre Liebs-Raigungen zu di-<lb/>
&#x017F;em hold&#x017F;eeligen Kind gezihlet/ vnd mittler weil die <hi rendition="#aq">Affe-<lb/>
cten</hi> gegen dem Judam/ als einem vnehrlichen Sohn &#x017F;ie<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gantz</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0104] Judæ Iſcariothis Zucht-Hauß/ Judas wird in der Inſul Iſcarioth/ von dero er den Namen geſchoͤpfft/ bey Hof/ als ein Koͤniglicher Printz aufferzogen/ ſo aber bald das Gottloſe Gemuͤth durch ſeinen Neyd an Tag geben. ES laſſet ſich doch noch reden/ das gemeine Sprich- wort/ wie groͤſſer der Schelm/ je beſſer das Gluͤck/ zumahlen diſer Judas von den Meer-Wellen verſchont worden/ vnd ſo ohnverhofft zu diſer Wuͤrde ge- langet/ daß er als ein Koͤniglicher Printz iſt aufferzogen worden/ den hat man in ein verguldte Wiegen gelegt/ da ihme doch der Sautrog haͤtte ſollen die Herberg geben/ den hat man in die zartiſte Windlein eingefaͤtſcht/ da doch dem Ohnflat die Ziggeuner-Fetzen zu gut waren; den hat man mit Piſcotten-Koch geſpeiſet/ da doch ein ſolche Go- ſchen die ſauere Ruben nit verdienet; den hat man auff Koͤniglichen Armben liebkoſet/ da ihn doch der Hencker haͤtt ſollen einwiegen: den hat manche Adeliche Dama mit ihrer halb Engel-Stimm das aia pupeia zugeſungen/ da doch dem kleinen Galgen-Vogl das Raaben-Geſchray ge- buͤhret haͤtte: vor dem hat man die tieffeſte Reverentz ge- ſchnitten/ vnd ſchier halben Theil mit gebognen Knyen angebett/ dem man ehender haͤtte ſollen den Daumb zwiſchen demzwey Finger weiſen; es wurde mittler Zeit wider alles Verhoffen die Koͤnigin deſſelbigen Orths in der Warheit groß Leibs/ vnd nachmahlen ein jnniglichen ſchoͤnen Printzen auff die Welt gebracht/ worauff dann wie billich vnd natuͤrlich alle ihre Liebs-Raigungen zu di- ſem holdſeeligen Kind gezihlet/ vnd mittler weil die Affe- cten gegen dem Judam/ als einem vnehrlichen Sohn ſie gantz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/104
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/104>, abgerufen am 21.12.2024.