Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.Von den Bildnussen der
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Ewigkeit. Platte B.OBwol bey den Alten nicht alle Götter für ewig-lebend und unsterblich geachtet wurden/ so glaubten sie doch/ daß die Vornehmste derselben keiner Sterbligkeit unterworffen wären: dannenhero sie zu den damahligen Zeiten darfür hielten/ die Ewigkeit folge ihnen überall und allezeit nach; wiewohl Johann Boccatius/ im Buche von der Götter Genealogia/ dieselbe allein dem Demogorgon zueignet/ und davor hält/ daß er der erste unter allen Göttern mitten in der Erde von blasser Gestalt mit einem dicken Nebel umfangen/ und mit Schimmel gleichsam überzogen/ seinen Aufenthalt und Wohnung habe. Hiervon aber gedencken die Alten mit keinem einigen Worte/ es wäre dann/ daß man ihn Demiurgum nennen wolte. Dannenhero ich mich fast nicht scheue zu sagen/ es sey die Ewigkeit iederzeit allein denen Göttern zugeeignet worden/ die man für unsterblich gehalten. Wer/ und wie sie beschaffen sey/ erkläret fast ihr Name selbst aufs allerbeste. Daß sie nemlich alle Alter und Zeiten in sich begreiffe/ also daß sie unter keine Zeit-Abmässung zu rechnen sey; ob wol etlicher massen/ iedoch nicht so eigentlich kan gesagt werden/ daß sie eine Zeit sey/ die kein Ende habe. Weswegen dann der vortreffliche Philosophus Hermes Trismegistus/ wie auch die Pythagorici und Plato die Zeit für eine Abbildung der Ewigkeit gehalten haben wollen; Weil dieselbe Die immer, währende Zeit. in sich selbst in einen Circul gewunden wird/ und kein Ende an ihr zu sehen ist. Allein es ist dieses vielmehr eine Perpetuität oder ununterbrochene Wierigkeit zu nennen: dann ob sie wohldurch kein Ziel geendet wird/ so besitzet und geneust sie gleichwohl nicht zugleich das gantze unendliche Leben/ welches die Ewigkeit besitzet. Dannenher sagt Boetius/ die jenige thun nicht recht/ die/ wann sie hören/ daß Plato dafür gehalten/ die Welt habe weder einen Anfang der Zeit gehabt/ noch werde einig Ende haben/ deßwegen sich einbilden/ es werde die geschaffene Welt dem Schöpffer gleich ewig gemacht: Dann wann sie die eigentlichen Worte gebrauchen wollen/ können sie in dieser/ des Plato, Meinung Gott allein ewig/ die Welt aber immerwährend nennen. Die Ewigkeit aber beschreibet eben dieser Boetius/ daß sie sey des unbeweglichen Lebens gegenwärtiger Zustand/ der doch GOTT allein eigen ist/ deme weder etwas[Spaltenumbruch] künfftiges mangelt/ noch etwas vergangenes abgehet/ wie sonsten allen erschaffenen Dingen zu widerfahren pfleget/ ob wol derselben etliche kein Ende iemals haben solten. Allein wir unterlassen alhier diese Sache so gar tief zu ergründen/ wie auch die Alten vielleicht gethan haben/ wann sie ihre Götter ewig genannt/ wordurch sie/ daß dieselben unsterblich und unendlich/ und die Ewigkeit eben so viel/ als die Unendlichkeit der Zeit sey/ zu verstehen geben wollen. Dannenhero Claudianus/ der die Ewigkeit in einer dem Stilicon zu Ehren gehaltnen Panegyri beschreibet/ eine Schlange einführet/ welche die Höle/ darinnen sie sich enthält/ umfänget/ und in ihren eignen Schwantz beisset: welche Vorbildung und Beschreibung des Jahrs. Kennzeichen der Zeit/ von den Egyptiern entlehnt worden/ wann sie das Jahr andeuten wollen/ das allzeit in sich selbst wiederkehret/ also daß des Vergangenen Ende/ des Zukünfftigen Anfang ist. Das beste aber wird seyn/ zu der Beschreibung des Bildnisses der Ewigkeit des obgedachten Claudianus Verse alhier beyzufügen/ folgendes Innhalts: Est ignota procul nostraeque imper- via menti, Vix adeunda Deis, annorum squali- da mater, Immensi spelunca aevi, quae tempo- ra vasto Suppeditat, revocatque sinu: com- plectitur antrum Omnia qvi placido consumit numi- ne serpens, Perpetuumque viret squamis, cau- damque reducto Ore vorat, tacito relegens exordia lapsu. Vestibuli custos vultu longaeva de- coro Ante fores Natura sedet, cunctisque volantes Dependent membris animae: man- sura verendus Scribit jura Senex,numeros qvi divi- dit astris, Et cursus, stabilesque moras, quibus omnia vivunt, Ac pereunt fixis,cum legibus ille re- censet, Von den Bildnussen der
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Ewigkeit. Platte B.OBwol bey den Alten nicht alle Götter für ewig-lebend und unsterblich geachtet wurden/ so glaubten sie doch/ daß die Vornehmste derselben keiner Sterbligkeit unterworffen wären: dannenhero sie zu den damahligen Zeiten darfür hielten/ die Ewigkeit folge ihnen überall und allezeit nach; wiewohl Johann Boccatius/ im Buche von der Götter Genealogia/ dieselbe allein dem Demogorgon zueignet/ und davor hält/ daß er der erste unter allen Göttern mitten in der Erde von blasser Gestalt mit einem dicken Nebel umfangen/ und mit Schimmel gleichsam überzogen/ seinen Aufenthalt und Wohnung habe. Hiervon aber gedencken die Alten mit keinem einigen Worte/ es wäre dann/ daß man ihn Demiurgum nennen wolte. Dannenhero ich mich fast nicht scheue zu sagen/ es sey die Ewigkeit iederzeit allein denen Göttern zugeeignet worden/ die man für unsterblich gehalten. Wer/ und wie sie beschaffen sey/ erkläret fast ihr Name selbst aufs allerbeste. Daß sie nemlich alle Alter und Zeiten in sich begreiffe/ also daß sie unter keine Zeit-Abmässung zu rechnen sey; ob wol etlicher massen/ iedoch nicht so eigentlich kan gesagt werden/ daß sie eine Zeit sey/ die kein Ende habe. Weswegen dann der vortreffliche Philosophus Hermes Trismegistus/ wie auch die Pythagorici und Plato die Zeit für eine Abbildung der Ewigkeit gehalten haben wollen; Weil dieselbe Die immer, währende Zeit. in sich selbst in einen Circul gewunden wird/ und kein Ende an ihr zu sehen ist. Allein es ist dieses vielmehr eine Perpetuität oder ununterbrochene Wierigkeit zu nennen: dann ob sie wohldurch kein Ziel geendet wird/ so besitzet und geneust sie gleichwohl nicht zugleich das gantze unendliche Leben/ welches die Ewigkeit besitzet. Dannenher sagt Boetius/ die jenige thun nicht recht/ die/ wann sie hören/ daß Plato dafür gehalten/ die Welt habe weder einen Anfang der Zeit gehabt/ noch werde einig Ende haben/ deßwegen sich einbilden/ es werde die geschaffene Welt dem Schöpffer gleich ewig gemacht: Dann wann sie die eigentlichen Worte gebrauchen wollen/ können sie in dieser/ des Plato, Meinung Gott allein ewig/ die Welt aber immerwährend nennen. Die Ewigkeit aber beschreibet eben dieser Boetius/ daß sie sey des unbeweglichen Lebens gegenwärtiger Zustand/ der doch GOTT allein eigen ist/ deme weder etwas[Spaltenumbruch] künfftiges mangelt/ noch etwas vergangenes abgehet/ wie sonsten allen erschaffenen Dingen zu widerfahren pfleget/ ob wol derselben etliche kein Ende iemals haben solten. Allein wir unterlassen alhier diese Sache so gar tief zu ergründen/ wie auch die Alten vielleicht gethan haben/ wann sie ihre Götter ewig genannt/ wordurch sie/ daß dieselben unsterblich und unendlich/ und die Ewigkeit eben so viel/ als die Unendlichkeit der Zeit sey/ zu verstehen geben wollen. Dannenhero Claudianus/ der die Ewigkeit in einer dem Stilicon zu Ehren gehaltnen Panegyri beschreibet/ eine Schlange einführet/ welche die Höle/ darinnen sie sich enthält/ umfänget/ und in ihren eignen Schwantz beisset: welche Vorbildung und Beschreibung des Jahrs. Kennzeichen der Zeit/ von den Egyptiern entlehnt worden/ wann sie das Jahr andeuten wollen/ das allzeit in sich selbst wiederkehret/ also daß des Vergangenen Ende/ des Zukünfftigen Anfang ist. Das beste aber wird seyn/ zu der Beschreibung des Bildnisses der Ewigkeit des obgedachten Claudianus Verse alhier beyzufügen/ folgendes Innhalts: Est ignota procul nostraeque imper- via menti, Vix adeunda Deis, annorum squali- da mater, Immensi spelunca aevi, quae tempo- ra vasto Suppeditat, revocatque sinu: com- plectitur antrum Omnia qvi placido consumit numi- ne serpens, Perpetuumque viret squamis, cau- damque reducto Ore vorat, tacito relegens exordia lapsu. 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Von den Bildnussen der
Ewigkeit.
OBwol bey den Alten nicht alle Götter für ewig- lebend und unsterblich geachtet wurden/ so glaubten sie doch/ daß die Vornehmste derselben keiner Sterbligkeit unterworffen wären: dannenhero sie zu den damahligen Zeiten darfür hielten/ die Ewigkeit folge ihnen überall und allezeit nach; wiewohl Johann Boccatius/ im Buche von der Götter Genealogia/ dieselbe allein dem Demogorgon zueignet/ und davor hält/ daß er der erste unter allen Göttern mitten in der Erde von blasser Gestalt mit einem dicken Nebel umfangen/ und mit Schimmel gleichsam überzogen/ seinen Aufenthalt und Wohnung habe.
Platte B.Hiervon aber gedencken die Alten mit keinem einigen Worte/ es wäre dann/ daß man ihn Demiurgum nennen wolte. Dannenhero ich mich fast nicht scheue zu sagen/ es sey die Ewigkeit iederzeit allein denen Göttern zugeeignet worden/ die man für unsterblich gehalten. Wer/ und wie sie beschaffen sey/ erkläret fast ihr Name selbst aufs allerbeste. Daß sie nemlich alle Alter und Zeiten in sich begreiffe/ also daß sie unter keine Zeit-Abmässung zu rechnen sey; ob wol etlicher massen/ iedoch nicht so eigentlich kan gesagt werden/ daß sie eine Zeit sey/ die kein Ende habe. Weswegen dann der vortreffliche Philosophus Hermes Trismegistus/ wie auch die Pythagorici und Plato die Zeit für eine Abbildung der Ewigkeit gehalten haben wollen; Weil dieselbe in sich selbst in einen Circul gewunden wird/ und kein Ende an ihr zu sehen ist. Allein es ist dieses vielmehr eine Perpetuität oder ununterbrochene Wierigkeit zu nennen: dann ob sie wohldurch kein Ziel geendet wird/ so besitzet und geneust sie gleichwohl nicht zugleich das gantze unendliche Leben/ welches die Ewigkeit besitzet. Dannenher sagt Boetius/ die jenige thun nicht recht/ die/ wann sie hören/ daß Plato dafür gehalten/ die Welt habe weder einen Anfang der Zeit gehabt/ noch werde einig Ende haben/ deßwegen sich einbilden/ es werde die geschaffene Welt dem Schöpffer gleich ewig gemacht: Dann wann sie die eigentlichen Worte gebrauchen wollen/ können sie in dieser/ des Plato, Meinung Gott allein ewig/ die Welt aber immerwährend nennen. Die Ewigkeit aber beschreibet eben dieser Boetius/ daß sie sey des unbeweglichen Lebens gegenwärtiger Zustand/ der doch GOTT allein eigen ist/ deme weder etwas
künfftiges mangelt/ noch etwas vergangenes abgehet/ wie sonsten allen erschaffenen Dingen zu widerfahren pfleget/ ob wol derselben etliche kein Ende iemals haben solten. Allein wir unterlassen alhier diese Sache so gar tief zu ergründen/ wie auch die Alten vielleicht gethan haben/ wann sie ihre Götter ewig genannt/ wordurch sie/ daß dieselben unsterblich und unendlich/ und die Ewigkeit eben so viel/ als die Unendlichkeit der Zeit sey/ zu verstehen geben wollen. Dannenhero Claudianus/ der die Ewigkeit in einer dem Stilicon zu Ehren gehaltnen Panegyri beschreibet/ eine Schlange einführet/ welche die Höle/ darinnen sie sich enthält/ umfänget/ und in ihren eignen Schwantz beisset: welche Vorbildung und Kennzeichen der Zeit/ von den Egyptiern entlehnt worden/ wann sie das Jahr andeuten wollen/ das allzeit in sich selbst wiederkehret/ also daß des Vergangenen Ende/ des Zukünfftigen Anfang ist. Das beste aber wird seyn/ zu der Beschreibung des Bildnisses der Ewigkeit des obgedachten Claudianus Verse alhier beyzufügen/ folgendes Innhalts:
Die immer, währende Zeit.
Beschreibung des Jahrs. Est ignota procul nostraeque imper-
via menti,
Vix adeunda Deis, annorum squali-
da mater,
Immensi spelunca aevi, quae tempo-
ra vasto
Suppeditat, revocatque sinu: com-
plectitur antrum
Omnia qvi placido consumit numi-
ne serpens,
Perpetuumque viret squamis, cau-
damque reducto
Ore vorat, tacito relegens exordia
lapsu.
Vestibuli custos vultu longaeva de-
coro
Ante fores Natura sedet, cunctisque
volantes
Dependent membris animae: man-
sura verendus
Scribit jura Senex,numeros qvi divi-
dit astris,
Et cursus, stabilesque moras, quibus
omnia vivunt,
Ac pereunt fixis,cum legibus ille re-
censet,
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/65>, abgerufen am 22.02.2025. |