Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.[Abbildung] ![]() Nachdem wir nunmehro alle Göttliche Ausbildungen/ zusamt deren Bedeutungen weitläufftig erzehlet: als dünckt mich nicht allein billig/ sondern auch nöthig/ zum Beschluß derselben annoch beyzufügen die Bezeichnungen/ so auf Hieroglyphische und Sinnbildliche Weise/ nach Art der Egyptischen Schrifften/ bedeut- und vernünfftlich angebracht/ und auf einen gewissen Verstand gerichtet werden können. Da wir dann den Anfang machen wollen/ von dem alleredelsten Thier/ und andrer Thire Könige/ dem Leuen. Vom Leuen und seiner Bezeichnung. Wachsamkeit oder Wacht.DUrch das Haupt deß Leuen wird vorgebildet die Wachsamkeit/ Hut oder Wacht: dieweil er unter allen Thieren/ so krumme Klauen haben/ der einige ist/ der sein Gesicht gleich mit zur Welt bringt/ darbeneben auch wenig schläft/ ja auch im Schlaffe blincken seine Augen/ und sein Schwantz bewegt und rühret sich allezeit: dahero dann einige der Meinung/ er schlaffe gantz und gar nicht: wiewol/ nach des Aristoteles Ausspruch/ kein Thier ist/ so des Schlaffs ermangeln kan. Krafft. Durch den Vorleib oder vördern Theil des Leuen wird angedeutet die Krafft: weil die Glieder dieses Thiers von verwunderbarer Stärcke sind. Seiner Krafft wegen/ wird er/ zu einem himmlischen Zeichen/ gesetzt: und wann die Sonne darein kommt/ hat sie die gröste Krafft. Großmütigkeit. Durch den Leuen/ wird auch angezeigt die Großmütigkeit: wie die Physiognomi oder Gesichts-Kündiger aus den Gliedern des Gesichts urtheilen: denn er ein grosses Haupt/[Spaltenumbruch] sehr haaricht/ auch flammende Augen/ und ein rundes Angesicht hat. Beherrscher Durch den Leuen wird ein Herrscher und König angedeutet: jedoch dünckt mich/ daß er die Kron darneben aufhaben sollte. Raserey/ Grimm und Grausamkeit. Unsinnigkeit oder Raserey und Grimm wird angebildet durch den Leuen/ der seine Jungen zerreisst. Gottesfurcht. Der Leu fliehend für einem weissen Han/ für dem er sich insonderheit fürchtet/ bedeutet Gottesfurcht: und der Hahn (wie Einige meinen) die Gottheit. Weisheit über Stärcke. Vornen recht darnieder liegen/ hinden aber aufgericht stehen/ und auf sich eine Eul sitzend haben: Der Leu bedeutet Krafft oder Stärcke: die Eul aber/ als der Minerva Vogel/ Weisheit. Oder auf einem Leuenhaupte eine Eul. Der/ besagter Gestalt liegende Leu/ wann Wolredenheit über Stärcke. er auf dem Haupte des Mercurii Ruhe hat/ giebt zu verstehen/ daß Weisheit oder Wolredenheit über Stärcke sey. Tugend. Des Leuen Haut gehet auf Tugend/ wodurch [Abbildung] ![]() Nachdem wir nunmehro alle Göttliche Ausbildungen/ zusamt deren Bedeutungen weitläufftig erzehlet: als dünckt mich nicht allein billig/ sondern auch nöthig/ zum Beschluß derselben annoch beyzufügen die Bezeichnungen/ so auf Hieroglyphische und Sinnbildliche Weise/ nach Art der Egyptischen Schrifften/ bedeut- und vernünfftlich angebracht/ und auf einen gewissen Verstand gerichtet werden können. Da wir dann den Anfang machen wollen/ von dem alleredelsten Thier/ und andrer Thire Könige/ dem Leuen. Vom Leuen und seiner Bezeichnung. Wachsamkeit oder Wacht.DUrch das Haupt deß Leuen wird vorgebildet die Wachsamkeit/ Hut oder Wacht: dieweil er unter allen Thieren/ so krumme Klauen haben/ der einige ist/ der sein Gesicht gleich mit zur Welt bringt/ darbeneben auch wenig schläft/ ja auch im Schlaffe blincken seine Augen/ und sein Schwantz bewegt und rühret sich allezeit: dahero dann einige der Meinung/ er schlaffe gantz und gar nicht: wiewol/ nach des Aristoteles Ausspruch/ kein Thier ist/ so des Schlaffs ermangeln kan. Krafft. Durch den Vorleib oder vördern Theil des Leuen wird angedeutet die Krafft: weil die Glieder dieses Thiers von verwunderbarer Stärcke sind. Seiner Krafft wegen/ wird er/ zu einem himmlischen Zeichen/ gesetzt: und wann die Sonne darein kommt/ hat sie die gröste Krafft. Großmütigkeit. Durch den Leuen/ wird auch angezeigt die Großmütigkeit: wie die Physiognomi oder Gesichts-Kündiger aus den Gliedern des Gesichts urtheilen: denn er ein grosses Haupt/[Spaltenumbruch] sehr haaricht/ auch flammende Augen/ und ein rundes Angesicht hat. Beherrscher Durch den Leuen wird ein Herrscher und König angedeutet: jedoch dünckt mich/ daß er die Kron darneben aufhaben sollte. Raserey/ Grimm und Grausamkeit. Unsinnigkeit oder Raserey und Grimm wird angebildet durch den Leuen/ der seine Jungen zerreisst. Gottesfurcht. Der Leu fliehend für einem weissen Han/ für dem er sich insonderheit fürchtet/ bedeutet Gottesfurcht: und der Hahn (wie Einige meinen) die Gottheit. Weisheit über Stärcke. Vornen recht darnieder liegen/ hinden aber aufgericht stehen/ und auf sich eine Eul sitzend haben: Der Leu bedeutet Krafft oder Stärcke: die Eul aber/ als der Minerva Vogel/ Weisheit. Oder auf einem Leuenhaupte eine Eul. Der/ besagter Gestalt liegende Leu/ wann Wolredenheit über Stärcke. er auf dem Haupte des Mercurii Ruhe hat/ giebt zu verstehen/ daß Weisheit oder Wolredenheit über Stärcke sey. Tugend. Des Leuen Haut gehet auf Tugend/ wodurch <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0331" xml:id="pb-1585" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 201"/> <div n="1"> <figure xml:id="figure-1585.1"> <figure facs="graphic-1585-1.jpg"/> </figure> <p rend="centered large">Nachdem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">wir</persName> nunmehro alle Göttliche Ausbildungen/ zusamt deren Bedeutungen weitläufftig erzehlet: als dünckt <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">mich</persName> nicht allein billig/ sondern auch nöthig/ zum Beschluß derselben annoch beyzufügen die Bezeichnungen/ so auf Hieroglyphische und Sinnbildliche Weise/ nach Art der Egyptischen Schrifften/ bedeut- und vernünfftlich angebracht/ und auf einen gewissen Verstand gerichtet werden können. Da <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">wir</persName> dann den Anfang machen wollen/ von dem alleredelsten Thier/ und andrer Thire Könige/ dem Leuen.</p> <p xml:id="p1585.1" rend="headline">Vom Leuen und seiner Bezeichnung.</p> <p><note place="right">Wachsamkeit oder Wacht.</note><hi rendition="#in">D</hi>Urch das Haupt deß Leuen wird vorgebildet die Wachsamkeit/ Hut oder Wacht: dieweil er unter allen Thieren/ so krumme Klauen haben/ der einige ist/ der sein Gesicht gleich mit zur Welt bringt/ darbeneben auch wenig schläft/ ja auch im Schlaffe blincken seine Augen/ und sein Schwantz bewegt und rühret sich allezeit: dahero dann einige der Meinung/ er schlaffe gantz und gar nicht: wiewol/ nach des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-112 http://d-nb.info/gnd/118650130 http://viaf.org/viaf/7524651">Aristoteles</persName> Ausspruch/ kein Thier ist/ so des Schlaffs ermangeln kan.</p> <p><note place="right">Krafft.</note> Durch den Vorleib oder vördern Theil des Leuen wird angedeutet die Krafft: weil die Glieder dieses Thiers von verwunderbarer Stärcke sind. Seiner Krafft wegen/ wird er/ zu einem himmlischen Zeichen/ gesetzt: und wann die Sonne darein kommt/ hat sie die gröste Krafft.</p> <p><note place="right">Großmütigkeit.</note> Durch den Leuen/ wird auch angezeigt die Großmütigkeit: wie die Physiognomi oder Gesichts-Kündiger aus den Gliedern des Gesichts urtheilen: denn er ein grosses Haupt/<cb/> sehr haaricht/ auch flammende Augen/ und ein rundes Angesicht hat.</p> <p><note place="right">Beherrscher</note> Durch den Leuen wird ein Herrscher und König angedeutet: jedoch dünckt <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">mich</persName>/ daß er die Kron darneben aufhaben sollte.</p> <p><note place="right">Raserey/ Grimm und Grausamkeit.</note> Unsinnigkeit oder Raserey und Grimm wird angebildet durch den Leuen/ der seine Jungen zerreisst.</p> <p><note place="right">Gottesfurcht.</note> Der Leu fliehend für einem weissen Han/ für dem er sich insonderheit fürchtet/ bedeutet Gottesfurcht: und der Hahn (wie Einige meinen) die Gottheit.</p> <p><note place="right">Weisheit über Stärcke.</note> Vornen recht darnieder liegen/ hinden aber aufgericht stehen/ und auf sich eine Eul sitzend haben: Der Leu bedeutet Krafft oder Stärcke: die Eul aber/ als der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-145 http://d-nb.info/gnd/118986155 http://viaf.org/viaf/13107718">Minerva</persName> Vogel/ Weisheit. Oder auf einem Leuenhaupte eine Eul.</p> <p>Der/ besagter Gestalt liegende Leu/ wann <note place="right">Wolredenheit über Stärcke.</note> er auf dem Haupte des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-342 http://d-nb.info/gnd/118641077 http://viaf.org/viaf/102459012">Mercurii</persName> Ruhe hat/ giebt zu verstehen/ daß Weisheit oder Wolredenheit über Stärcke sey.</p> <p><note place="right">Tugend.</note> Des Leuen Haut gehet auf Tugend/ wodurch </p> </div> </body> </text> </TEI> [TA 1680, Iconologia Deorum, S. 201/0331]
[Abbildung
[Abbildung]
]
Nachdem wir nunmehro alle Göttliche Ausbildungen/ zusamt deren Bedeutungen weitläufftig erzehlet: als dünckt mich nicht allein billig/ sondern auch nöthig/ zum Beschluß derselben annoch beyzufügen die Bezeichnungen/ so auf Hieroglyphische und Sinnbildliche Weise/ nach Art der Egyptischen Schrifften/ bedeut- und vernünfftlich angebracht/ und auf einen gewissen Verstand gerichtet werden können. Da wir dann den Anfang machen wollen/ von dem alleredelsten Thier/ und andrer Thire Könige/ dem Leuen.
Vom Leuen und seiner Bezeichnung.
DUrch das Haupt deß Leuen wird vorgebildet die Wachsamkeit/ Hut oder Wacht: dieweil er unter allen Thieren/ so krumme Klauen haben/ der einige ist/ der sein Gesicht gleich mit zur Welt bringt/ darbeneben auch wenig schläft/ ja auch im Schlaffe blincken seine Augen/ und sein Schwantz bewegt und rühret sich allezeit: dahero dann einige der Meinung/ er schlaffe gantz und gar nicht: wiewol/ nach des Aristoteles Ausspruch/ kein Thier ist/ so des Schlaffs ermangeln kan.
Wachsamkeit oder Wacht. Durch den Vorleib oder vördern Theil des Leuen wird angedeutet die Krafft: weil die Glieder dieses Thiers von verwunderbarer Stärcke sind. Seiner Krafft wegen/ wird er/ zu einem himmlischen Zeichen/ gesetzt: und wann die Sonne darein kommt/ hat sie die gröste Krafft.
Krafft. Durch den Leuen/ wird auch angezeigt die Großmütigkeit: wie die Physiognomi oder Gesichts-Kündiger aus den Gliedern des Gesichts urtheilen: denn er ein grosses Haupt/
sehr haaricht/ auch flammende Augen/ und ein rundes Angesicht hat.
Großmütigkeit. Durch den Leuen wird ein Herrscher und König angedeutet: jedoch dünckt mich/ daß er die Kron darneben aufhaben sollte.
Beherrscher Unsinnigkeit oder Raserey und Grimm wird angebildet durch den Leuen/ der seine Jungen zerreisst.
Raserey/ Grimm und Grausamkeit. Der Leu fliehend für einem weissen Han/ für dem er sich insonderheit fürchtet/ bedeutet Gottesfurcht: und der Hahn (wie Einige meinen) die Gottheit.
Gottesfurcht. Vornen recht darnieder liegen/ hinden aber aufgericht stehen/ und auf sich eine Eul sitzend haben: Der Leu bedeutet Krafft oder Stärcke: die Eul aber/ als der Minerva Vogel/ Weisheit. Oder auf einem Leuenhaupte eine Eul.
Weisheit über Stärcke.Der/ besagter Gestalt liegende Leu/ wann er auf dem Haupte des Mercurii Ruhe hat/ giebt zu verstehen/ daß Weisheit oder Wolredenheit über Stärcke sey.
Wolredenheit über Stärcke. Des Leuen Haut gehet auf Tugend/ wodurch
Tugend.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/331 |
Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/331>, abgerufen am 22.02.2025. |