Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679.[Spaltenumbruch] ersten darum/ weil die Intercolon entweder I. und 1/2 Diameter oder zum höchsten zwey Diameter ist/ auch dannenhero gar zu klein und eng sind also daß zwey Personen neben einander nicht wol in dem Creutzgang/ sondern nach und hinter einander gehen mögen. Ingleichen deren Thüren und Zieraden von ferne nicht können gesehen werden. Und letzlich/ weil/ durch die Enge des Raums/ das Herumgehen um den Tempel verhindert wird. Es sind zwar diese beede Manieren noch wol zu erdulten/ absonderlich wann sie mit grossen Seulen gemacht werden/ als fast an allen alten Tempeln zu sehen. Die dritte Art ist mangelhafft/ darum/ weil zwischen denen Seulen/ drey Diameter einer Seulen können gesetzt werden/ daß dannenhero der Raum viel zu weit/ und der Architrav, oder Hauptrahm/ wegen der Grösse des Raums/ zerspalten mus. Welchem Mangel iedoch kan geholffen werden/ wann man ober dem Hauptrahm an der Höhe der Hauptleiste einige Bögen machet/ welche die Last ertragen/ und den Architrav frey[Spaltenumbruch] lassen. Die vierdte Art/ ob sie wol der obigen Mängel keinen/ weil keine Architraven von Steinen/ oder Marmor darzu gebraucht/ sondern allein Balcken ober die Seulen von Holtz gelegt werden; so ist doch selbige ein als den andern Weg/ auch mangelhafft/ darum/ weil sie sehr niedrig/ weit und schlecht/ und eine rechte Toscanische Art ist. Bleibt also dieses die schönste und zierlichste Manier der Tempel/ welche Eustilos genennt wird. Welche ist/ wann die Zwischen-Seulen zwey Diameter, und ein viertel der Seulen von ein ander/ zumalen solche auf das beste zum Gebrauch/ Schönheit und Stärcke dienen. Wir haben nun die Manier der Tempel mit eben denen Namen benamset/ welche Vitruvius gebrauchet/ wir auch mit den Aspetto gethan/ so wol/ wegen obangeregter Ursach/ als auch/ weil solche Namen allbereit in unserer Muttersprach/ aufgenommen worden/ und von einem ieden Bau-verständigen verstanden werden; Dannenhero wir uns auch derselben in Zeichnung der Tempel/ so da folgen/ bedienen wollen. Das XV. Capittel. [Spaltenumbruch]
Von Austheilung der Tempel. OBwol an allen Gebäuen erfordert wird/ daß ihre Theile untereinander übereinstimmen und eine solche Proportion haben/ daß keine sey/ mit welcher nicht das gantze Werck/ und alle andere Theile können abgemessen werden. So mus doch solches mit höchster Sorgfalt an einem Tempel-Bau beobachtet werden: weil sie der Göttlichen Majestät zu Ehren und Gehorsam gewiedmet/ und daher auf das Schönst und herrlichste ausgebauet seyn sollen. Weil nun an den Tempeln die runde und viereckigte Form die ordentlichste ist/ so wollen wir anzeigen/ wie eine jede derselben eingetheilt werden solle/ auch zugleich mit anführen etliche nohtwendige Stucke/ welche wir Christen bey dem Tempel-Bau zugebrauchen pflegen. Die runden Tempel nun machten sie vor alters etlichmal offen/ das ist ohne Zellen/ mit Seulen/ welche die Cupel erhielten/ als da sind diejenigen/ welche sie der Göttin Juno Lacinia wiedmeten/ in deren Mittel ein Altar gesetzt/ und darauf ein unausleschliches Feuer gelegt wurde. Solche werden auf folgende Art eingetheilt: Man theilet den Diameter des gantzen Räums/ so der Tempel haben soll/ in drey gleiche Theile. Der eine gehört für die Schritt oder Staffeln auf der ebene des Tempels/ und die zwey verbleiben für den Tempel selbst und dessen Seulen/ welche auf ihre Fußblätter gesetzet werden/ und hoch seyn müssen/ mit ihrem Fuß und Krantz/ so groß der Diameter des kleinern Kreisses der Staffel ist/ die Dicke aber/ als der zehnde Theil der Höhe betreffen thut. Der Hauptbalcken/ das Laubwerck und andere Zieraden werden gemacht auf Art und Weis/ als wir oben erwähnet/ so wol in dieser als anderer Art Tempeln. Diejenige aber; so geschlossen[Spaltenumbruch] gemacht werden als mit Zellen/ die werden entweder ringsum mit Flügeln/ oder einig und allein vornen her mit einem Gange gemacht. Welche nun mit Flügeln seyn sollen/ an denen machet man ringsherum erstlich 2. Staffeln/ auf dieselbige die Piedistili, auf welche alsdann die Columnen gesetzt werden müssen. Die Flügel aber sind breit so viel der 5te Theil des Tempels Diameter austrägt/ wann solcher von dem innern Theil des Piedestili genommen wird. Die Seulen sind so lang als breit/ die Zellen ist; die Dicke aber/ so viel der zehende Theil deren Länge austrägt. Die Cupel wird so hoch/ über dem Architrav Fregio und Cornice der Flügel gemacht/ als die Hälffte des gantzen Wercks ist. Und so hat Vitruvius die runden Tempel eingetheilt. Jedoch sehen wir an allen Tempeln keine Piedistil oder Fuß-blätter/ sondern die Seulen stehen stracks auf der Ebene der Kirchen; Welches mir dann sehr wol gefällt; absonderlich/ weil durch die Fuß-blätter/ oder Piedestil der Eingang viel verhindert wird/ als auch weil die Seulen welche gleich auf dem Boden stehen/ desto herrlicher und prächtiger scheinen. Wann man aber denen runden Tempeln einen eintzigen Portico in Fronte geben wil/ mus selbiger so lang seyn/ als breit die Zellen ist/ oder das Achtel weniger. Man kan es auch kürtzer machen/ iedoch daß es nicht weniger sey/ als drey Viertel von der Breite des Tempels; und soll auch nicht weiter seyn/ als der dritte Theil der Länge auszutragen pfleget. An denen viereckigten Tempeln sollen die Gänge/ oder Portici vornen so lang/ als die Breite des Tempels seyn: Und so fern sie auf Eustilische Art sollen gemacht werden/ welche die schönste und zierlichste ist/ mus man selbige also eintheilen. Als/ wann der Gang von vier Seulen gemacht wird/ theilet man die gantze Facciata des Tempels/ (iedoch daß die Sporchi des [Spaltenumbruch] ersten darum/ weil die Intercolon entweder I. und ½ Diameter oder zum höchsten zwey Diameter ist/ auch dannenhero gar zu klein und eng sind also daß zwey Personen neben einander nicht wol in dem Creutzgang/ sondern nach und hinter einander gehen mögen. Ingleichen deren Thüren und Zieraden von ferne nicht können gesehen werden. Und letzlich/ weil/ durch die Enge des Raums/ das Herumgehen um den Tempel verhindert wird. Es sind zwar diese beede Manieren noch wol zu erdulten/ absonderlich wann sie mit grossen Seulen gemacht werden/ als fast an allen alten Tempeln zu sehen. Die dritte Art ist mangelhafft/ darum/ weil zwischen denen Seulen/ drey Diameter einer Seulen können gesetzt werden/ daß dannenhero der Raum viel zu weit/ und der Architrav, oder Hauptrahm/ wegen der Grösse des Raums/ zerspalten mus. Welchem Mangel iedoch kan geholffen werden/ wann man ober dem Hauptrahm an der Höhe der Hauptleiste einige Bögen machet/ welche die Last ertragen/ und den Architrav frey[Spaltenumbruch] lassen. Die vierdte Art/ ob sie wol der obigen Mängel keinen/ weil keine Architraven von Steinen/ oder Marmor darzu gebraucht/ sondern allein Balcken ober die Seulen von Holtz gelegt werden; so ist doch selbige ein als den andern Weg/ auch mangelhafft/ darum/ weil sie sehr niedrig/ weit und schlecht/ und eine rechte Toscanische Art ist. Bleibt also dieses die schönste und zierlichste Manier der Tempel/ welche Eustilos genennt wird. Welche ist/ wann die Zwischen-Seulen zwey Diameter, und ein viertel der Seulen von ein ander/ zumalen solche auf das beste zum Gebrauch/ Schönheit und Stärcke dienen. Wir haben nun die Manier der Tempel mit eben denen Namen benamset/ welche Vitruvius gebrauchet/ wir auch mit den Aspetto gethan/ so wol/ wegen obangeregter Ursach/ als auch/ weil solche Namen allbereit in unserer Muttersprach/ aufgenommen worden/ und von einem ieden Bau-verständigen verstanden werden; Dannenhero wir uns auch derselben in Zeichnung der Tempel/ so da folgen/ bedienen wollen. Das XV. Capittel. [Spaltenumbruch]
Von Austheilung der Tempel. OBwol an allen Gebäuen erfordert wird/ daß ihre Theile untereinander übereinstimmen und eine solche Proportion haben/ daß keine sey/ mit welcher nicht das gantze Werck/ und alle andere Theile können abgemessen werden. So mus doch solches mit höchster Sorgfalt an einem Tempel-Bau beobachtet werden: weil sie der Göttlichen Majestät zu Ehren und Gehorsam gewiedmet/ und daher auf das Schönst und herrlichste ausgebauet seyn sollen. Weil nun an den Tempeln die runde und viereckigte Form die ordentlichste ist/ so wollen wir anzeigen/ wie eine jede derselben eingetheilt werden solle/ auch zugleich mit anführen etliche nohtwendige Stucke/ welche wir Christen bey dem Tempel-Bau zugebrauchen pflegen. Die runden Tempel nun machten sie vor alters etlichmal offen/ das ist ohne Zellen/ mit Seulen/ welche die Cupel erhielten/ als da sind diejenigen/ welche sie der Göttin Juno Lacinia wiedmeten/ in deren Mittel ein Altar gesetzt/ und darauf ein unausleschliches Feuer gelegt wurde. Solche werden auf folgende Art eingetheilt: Man theilet den Diameter des gantzen Räums/ so der Tempel haben soll/ in drey gleiche Theile. Der eine gehört für die Schritt oder Staffeln auf der ebene des Tempels/ und die zwey verbleiben für den Tempel selbst und dessen Seulen/ welche auf ihre Fußblätter gesetzet werden/ und hoch seyn müssen/ mit ihrem Fuß und Krantz/ so groß der Diameter des kleinern Kreisses der Staffel ist/ die Dicke aber/ als der zehnde Theil der Höhe betreffen thut. Der Hauptbalcken/ das Laubwerck und andere Zieraden werden gemacht auf Art und Weis/ als wir oben erwähnet/ so wol in dieser als anderer Art Tempeln. Diejenige aber; so geschlossen[Spaltenumbruch] gemacht werden als mit Zellen/ die werden entweder ringsum mit Flügeln/ oder einig und allein vornen her mit einem Gange gemacht. Welche nun mit Flügeln seyn sollen/ an denen machet man ringsherum erstlich 2. Staffeln/ auf dieselbige die Piedistili, auf welche alsdann die Columnen gesetzt werden müssen. Die Flügel aber sind breit so viel der 5te Theil des Tempels Diameter austrägt/ wann solcher von dem innern Theil des Piedestili genommen wird. Die Seulen sind so lang als breit/ die Zellen ist; die Dicke aber/ so viel der zehende Theil deren Länge austrägt. Die Cupel wird so hoch/ über dem Architrav Fregio und Cornice der Flügel gemacht/ als die Hälffte des gantzen Wercks ist. Und so hat Vitruvius die runden Tempel eingetheilt. Jedoch sehen wir an allen Tempeln keine Piedistil oder Fuß-blätter/ sondern die Seulen stehen stracks auf der Ebene der Kirchen; Welches mir dann sehr wol gefällt; absonderlich/ weil durch die Fuß-blätter/ oder Piedestil der Eingang viel verhindert wird/ als auch weil die Seulen welche gleich auf dem Boden stehen/ desto herrlicher und prächtiger scheinen. Wann man aber denen runden Tempeln einen eintzigen Portico in Fronte geben wil/ mus selbiger so lang seyn/ als breit die Zellen ist/ oder das Achtel weniger. Man kan es auch kürtzer machen/ iedoch daß es nicht weniger sey/ als drey Viertel von der Breite des Tempels; und soll auch nicht weiter seyn/ als der dritte Theil der Länge auszutragen pfleget. An denen viereckigten Tempeln sollen die Gänge/ oder Portici vornen so lang/ als die Breite des Tempels seyn: Und so fern sie auf Eustilische Art sollen gemacht werden/ welche die schönste und zierlichste ist/ mus man selbige also eintheilen. 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ersten darum/ weil die Intercolon entweder I. und ½ Diameter oder zum höchsten zwey Diameter ist/ auch dannenhero gar zu klein und eng sind also daß zwey Personen neben einander nicht wol in dem Creutzgang/ sondern nach und hinter einander gehen mögen. Ingleichen deren Thüren und Zieraden von ferne nicht können gesehen werden. Und letzlich/ weil/ durch die Enge des Raums/ das Herumgehen um den Tempel verhindert wird. Es sind zwar diese beede Manieren noch wol zu erdulten/ absonderlich wann sie mit grossen Seulen gemacht werden/ als fast an allen alten Tempeln zu sehen. Die dritte Art ist mangelhafft/ darum/ weil zwischen denen Seulen/ drey Diameter einer Seulen können gesetzt werden/ daß dannenhero der Raum viel zu weit/ und der Architrav, oder Hauptrahm/ wegen der Grösse des Raums/ zerspalten mus. Welchem Mangel iedoch kan geholffen werden/ wann man ober dem Hauptrahm an der Höhe der Hauptleiste einige Bögen machet/ welche die Last ertragen/ und den Architrav frey
lassen. Die vierdte Art/ ob sie wol der obigen Mängel keinen/ weil keine Architraven von Steinen/ oder Marmor darzu gebraucht/ sondern allein Balcken ober die Seulen von Holtz gelegt werden; so ist doch selbige ein als den andern Weg/ auch mangelhafft/ darum/ weil sie sehr niedrig/ weit und schlecht/ und eine rechte Toscanische Art ist. Bleibt also dieses die schönste und zierlichste Manier der Tempel/ welche Eustilos genennt wird. Welche ist/ wann die Zwischen-Seulen zwey Diameter, und ein viertel der Seulen von ein ander/ zumalen solche auf das beste zum Gebrauch/ Schönheit und Stärcke dienen. Wir haben nun die Manier der Tempel mit eben denen Namen benamset/ welche Vitruvius gebrauchet/ wir auch mit den Aspetto gethan/ so wol/ wegen obangeregter Ursach/ als auch/ weil solche Namen allbereit in unserer Muttersprach/ aufgenommen worden/ und von einem ieden Bau-verständigen verstanden werden; Dannenhero wir uns auch derselben in Zeichnung der Tempel/ so da folgen/ bedienen wollen.
Das XV. Capittel.
Von Austheilung der Tempel.
OBwol an allen Gebäuen erfordert wird/ daß ihre Theile untereinander übereinstimmen und eine solche Proportion haben/ daß keine sey/ mit welcher nicht das gantze Werck/ und alle andere Theile können abgemessen werden. So mus doch solches mit höchster Sorgfalt an einem Tempel-Bau beobachtet werden: weil sie der Göttlichen Majestät zu Ehren und Gehorsam gewiedmet/ und daher auf das Schönst und herrlichste ausgebauet seyn sollen. Weil nun an den Tempeln die runde und viereckigte Form die ordentlichste ist/ so wollen wir anzeigen/ wie eine jede derselben eingetheilt werden solle/ auch zugleich mit anführen etliche nohtwendige Stucke/ welche wir Christen bey dem Tempel-Bau zugebrauchen pflegen. Die runden Tempel nun machten sie vor alters etlichmal offen/ das ist ohne Zellen/ mit Seulen/ welche die Cupel erhielten/ als da sind diejenigen/ welche sie der Göttin Juno Lacinia wiedmeten/ in deren Mittel ein Altar gesetzt/ und darauf ein unausleschliches Feuer gelegt wurde. Solche werden auf folgende Art eingetheilt: Man theilet den Diameter des gantzen Räums/ so der Tempel haben soll/ in drey gleiche Theile. Der eine gehört für die Schritt oder Staffeln auf der ebene des Tempels/ und die zwey verbleiben für den Tempel selbst und dessen Seulen/ welche auf ihre Fußblätter gesetzet werden/ und hoch seyn müssen/ mit ihrem Fuß und Krantz/ so groß der Diameter des kleinern Kreisses der Staffel ist/ die Dicke aber/ als der zehnde Theil der Höhe betreffen thut. Der Hauptbalcken/ das Laubwerck und andere Zieraden werden gemacht auf Art und Weis/ als wir oben erwähnet/ so wol in dieser als anderer Art Tempeln. Diejenige aber; so geschlossen
gemacht werden als mit Zellen/ die werden entweder ringsum mit Flügeln/ oder einig und allein vornen her mit einem Gange gemacht. Welche nun mit Flügeln seyn sollen/ an denen machet man ringsherum erstlich 2. Staffeln/ auf dieselbige die Piedistili, auf welche alsdann die Columnen gesetzt werden müssen. Die Flügel aber sind breit so viel der 5te Theil des Tempels Diameter austrägt/ wann solcher von dem innern Theil des Piedestili genommen wird. Die Seulen sind so lang als breit/ die Zellen ist; die Dicke aber/ so viel der zehende Theil deren Länge austrägt. Die Cupel wird so hoch/ über dem Architrav Fregio und Cornice der Flügel gemacht/ als die Hälffte des gantzen Wercks ist. Und so hat Vitruvius die runden Tempel eingetheilt. Jedoch sehen wir an allen Tempeln keine Piedistil oder Fuß-blätter/ sondern die Seulen stehen stracks auf der Ebene der Kirchen; Welches mir dann sehr wol gefällt; absonderlich/ weil durch die Fuß-blätter/ oder Piedestil der Eingang viel verhindert wird/ als auch weil die Seulen welche gleich auf dem Boden stehen/ desto herrlicher und prächtiger scheinen. Wann man aber denen runden Tempeln einen eintzigen Portico in Fronte geben wil/ mus selbiger so lang seyn/ als breit die Zellen ist/ oder das Achtel weniger. Man kan es auch kürtzer machen/ iedoch daß es nicht weniger sey/ als drey Viertel von der Breite des Tempels; und soll auch nicht weiter seyn/ als der dritte Theil der Länge auszutragen pfleget. An denen viereckigten Tempeln sollen die Gänge/ oder Portici vornen so lang/ als die Breite des Tempels seyn: Und so fern sie auf Eustilische Art sollen gemacht werden/ welche die schönste und zierlichste ist/ mus man selbige also eintheilen. Als/ wann der Gang von vier Seulen gemacht wird/ theilet man die gantze Facciata des Tempels/ (iedoch daß die Sporchi des
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Zitationshilfe: | Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679, S. [I (Architektur), S. 17]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0201_1679/214>, abgerufen am 03.03.2025. |