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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679.

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[Spaltenumbruch] Göttern/ denen weder der ersten Wichtigkeit/ noch der andern Zärtlichkeit beyzufügen sie vermeinten/ gaben sie die Ionische Arbeit/ als welche zwischen der Dorischen und Corinthischen das Mittel behält. Dann also lesen wir/ daß die Alten/ in Erbauung der Tempel sich iederzeit beflissen/ die Zierde zuerhalten/ auf welcher ein sehr schöner Theil der Architectur bestehet. Und darum sollen auch wir/ die wir keine falsche Götter haben/ die Zierde erhalten/ und die aller Vollkommenste und herrlichste Form erwehlen; Weil nun eine solche die runde Form ist/ in deme sie unter allen Gestalten/ schlecht/ einförmig/ gleich/ starck und daurhafft/ so sollen wir auch runde Tempel bauen/ denen absonderlich diese Figur zustehet/ weil solche an einem eintzigen End geschlossen/ an welchem man weder Anfang noch Ende finden/ noch eines vom andern unterscheiden kan. Auch seine gleiche Theile unter sich hat/ und doch alle mit der Gestalt des Gantzen Theil haben: dann letzlichen/ daß an dessen iedem Theil das Aeuserste gleich so weit von deren Mittel entfernet sey/ und sehr füglich dadurch die Einigkeit/ unendliches Wesen/ Gleichförmigkeit und Gerechtigkeit Gottes abgebildet werden kan. Uber das/ so ist nicht zu laugnen/ daß die Stärcke und Wehrhafftigkeit an denen Tempeln so wol/ als an andern Gebäuen/ erfordert werde; zumal sie GOtt dem Anmächtigen gewiedmet/ und in solchen offtmals die herrlichste und denckwürdigste Sachen einer Stadt auf behalten werden. Und um dieser Ursach willen/ soll man auch sagen/ daß die runde Form/ worinnen kein Winckel/ zu denen Tempeln die Beste und Anständigste sey. So sollen auch die Tempel groß und weit seyn/ auf das viel Volcks zum Dienste Gottes gemächlich darinnen stehen möge: sintemal unter allen Figuren/ welche doch einen gleichmässigen Umkreis/ dannoch keine fähiger und weiter als die Runde. Auch für alle andere zu Anhörung göttliches Worts/ so viel der darinnen seyn/ und zu mercklicher Mehrung der Andacht/ den Prediger gelegenste ist/ hören und recht ansehen können. Die jenige Kirchen sind auch sehr lobwürdig/ absonderlich für die Römisch-Catholische/ welche in Form eines Creutzes gemacht/ und an dem Ort/ wo der[Spaltenumbruch] Fuß des Creutzes seyn sol/ einen Eingang/ gegen über aber den hohen Altar oder Chor: Und an denen beeden Aesten/ welche sich auf beeden Seiten ausstrecken als Arme/ zwey andere Thüren/ oder Altäre haben; Dann wann sie auf Art des Creutzes gemacht werden/ so repraesentiren sie den anschauenden Augen das jenige Holtz/ an welchem unser Heyl Christus Jesus gehangen. Nach welcher Form dann die Kirche Sanct Georgio Maggiore in Venedig/ und viel andere gemacht zu sehen.

Die Kirchen und Tempel sollen auch weite Gänge haben/ und zwar mit desto grössern Seulen/ als etwan andere Gebäue erfordern/ und steht es sehr wol/ wann sie sein groß und herrlich (iedoch auch nicht grösser/ als die Grösse der Stadt erfordert) und mit schöner Proportion gebauet werden. Dann der Gottes-Dienst/ um welches willen sie gemacht werden/ erheischet allen Pracht und Herrlichkeit. Sie sollen auch gemacht seyn mit schönster Ordnung der Seulen/ und einer ieden Ordnung seine eigene und behörige Zierde gegeben werden. Ingleichen sollen sie von der aller vortrefflichst und kostbarsten Materi gefertigt werden/ damit man zugleich mit der Form/ denen Zieraden und der Materie die Göttliche Allmacht so viel möglich beehre. Und wo es seyn könte/ solte man sie so schön machen/ daß nichts schöners zuerdencken/ auch in allen ihren Theilen also gestellt wären/ daß die hinein gehenden sich darob verwundern/ und gleichsam in Betrachtung deren Lieblich- und Anmuthigkeit verzuckt stehen müssen. Unter allen Farben nun ist keine/ welche sich zu denen Tempeln besser schicket/ als die Weisse/ weil die Reinigkeit der Farbe und des Lebens dem Allerhöchsten sehr angenehm. Wann man sie aber mahlen wolte/ würden die jenigen Gemählde nicht fein stehen/ die durch ihre Bedeutung das Gemüt von Betrachtung der Göttlichen Sachen abwenden solten; Dann wie von der Wichtigkeit des Tempels/ und derselbigen Sachen/ welche/ so sie von uns gesehen werden/ unsere Gemüter zu der Ehre Gottes und Gutes zu thun nur mehrers anfeuren/ nicht abweichen sollen.

Das XIV. Capittel.
Von fünfferley Art der Tempel.
[Spaltenumbruch]

ES haben die Alten/ wie oben schon erwähnt/ im Gebrauch gehabt/ an ihre Tempel Creutzgänge zu bauen/ damit das Volck einige Beqvemlichkeit und Ort haben möchte/ woselbst es sich etwas aufhalten/ und etwan aus derselben/ wo sie opferten nach Belieben heraus spatzieren könte. Dann auch/ um dem Gebäue desto grössere Majestät und Ansehen zu machen. Dannenhero weil der Zwischen-Raum/ oder Intercolonne der Seulen auf fünfferley Art und Grösse kan gemacht werden/ so unterscheidet[Spaltenumbruch] Vitruvius auf iede Manier und Art auch die Tempel/ deren Namen sind; Picnostilos, das ist/ mit dick aneinander stehenden Seulen. Sestilos, etwas weiter/ Diastilos, noch viel weiter/ Areostilos, über die Maaß und Gebühr weit; und Eustilos, welches eine rechtmässige und geziemende Weite hat. Von welchen Intercolennen/ wie selbige beschaffen seyn/ und was für Proportion sie haben sollen/ mit der Länge der Seulen/ ist allbereit oben angezeigt/ und der Entwurff oder Zeichnung gesetzt: Weswegen wir hier anders nichts zu sagen/ als daß die vier erste Manieren/ mangelhaffte seyn/ und zwar die zwey

[Spaltenumbruch] Göttern/ denen weder der ersten Wichtigkeit/ noch der andern Zärtlichkeit beyzufügen sie vermeinten/ gaben sie die Ionische Arbeit/ als welche zwischen der Dorischen und Corinthischen das Mittel behält. Dann also lesen wir/ daß die Alten/ in Erbauung der Tempel sich iederzeit beflissen/ die Zierde zuerhalten/ auf welcher ein sehr schöner Theil der Architectur bestehet. Und darum sollen auch wir/ die wir keine falsche Götter haben/ die Zierde erhalten/ und die aller Vollkommenste und herrlichste Form erwehlen; Weil nun eine solche die runde Form ist/ in deme sie unter allen Gestalten/ schlecht/ einförmig/ gleich/ starck und daurhafft/ so sollen wir auch runde Tempel bauen/ denen absonderlich diese Figur zustehet/ weil solche an einem eintzigen End geschlossen/ an welchem man weder Anfang noch Ende finden/ noch eines vom andern unterscheiden kan. Auch seine gleiche Theile unter sich hat/ und doch alle mit der Gestalt des Gantzen Theil haben: dann letzlichen/ daß an dessen iedem Theil das Aeuserste gleich so weit von deren Mittel entfernet sey/ und sehr füglich dadurch die Einigkeit/ unendliches Wesen/ Gleichförmigkeit und Gerechtigkeit Gottes abgebildet werden kan. Uber das/ so ist nicht zu laugnen/ daß die Stärcke und Wehrhafftigkeit an denen Tempeln so wol/ als an andern Gebäuen/ erfordert werde; zumal sie GOtt dem Anmächtigen gewiedmet/ und in solchen offtmals die herrlichste und denckwürdigste Sachen einer Stadt auf behalten werden. Und um dieser Ursach willen/ soll man auch sagen/ daß die runde Form/ worinnen kein Winckel/ zu denen Tempeln die Beste und Anständigste sey. So sollen auch die Tempel groß und weit seyn/ auf das viel Volcks zum Dienste Gottes gemächlich darinnen stehen möge: sintemal unter allen Figuren/ welche doch einen gleichmässigen Umkreis/ dannoch keine fähiger und weiter als die Runde. Auch für alle andere zu Anhörung göttliches Worts/ so viel der darinnen seyn/ und zu mercklicher Mehrung der Andacht/ den Prediger gelegenste ist/ hören und recht ansehen können. Die jenige Kirchen sind auch sehr lobwürdig/ absonderlich für die Römisch-Catholische/ welche in Form eines Creutzes gemacht/ und an dem Ort/ wo der[Spaltenumbruch] Fuß des Creutzes seyn sol/ einen Eingang/ gegen über aber den hohen Altar oder Chor: Und an denen beeden Aesten/ welche sich auf beeden Seiten ausstrecken als Arme/ zwey andere Thüren/ oder Altäre haben; Dann wann sie auf Art des Creutzes gemacht werden/ so repraesentiren sie den anschauenden Augen das jenige Holtz/ an welchem unser Heyl Christus Jesus gehangen. Nach welcher Form dann die Kirche Sanct Georgio Maggiore in Venedig/ und viel andere gemacht zu sehen.

Die Kirchen und Tempel sollen auch weite Gänge haben/ und zwar mit desto grössern Seulen/ als etwan andere Gebäue erfordern/ und steht es sehr wol/ wann sie sein groß und herrlich (iedoch auch nicht grösser/ als die Grösse der Stadt erfordert) und mit schöner Proportion gebauet werden. Dann der Gottes-Dienst/ um welches willen sie gemacht werden/ erheischet allen Pracht und Herrlichkeit. Sie sollen auch gemacht seyn mit schönster Ordnung der Seulen/ und einer ieden Ordnung seine eigene und behörige Zierde gegeben werden. Ingleichen sollen sie von der aller vortrefflichst und kostbarsten Materi gefertigt werden/ damit man zugleich mit der Form/ denen Zieraden und der Materie die Göttliche Allmacht so viel möglich beehre. Und wo es seyn könte/ solte man sie so schön machen/ daß nichts schöners zuerdencken/ auch in allen ihren Theilen also gestellt wären/ daß die hinein gehenden sich darob verwundern/ und gleichsam in Betrachtung deren Lieblich- und Anmuthigkeit verzuckt stehen müssen. Unter allen Farben nun ist keine/ welche sich zu denen Tempeln besser schicket/ als die Weisse/ weil die Reinigkeit der Farbe und des Lebens dem Allerhöchsten sehr angenehm. Wann man sie aber mahlen wolte/ würden die jenigen Gemählde nicht fein stehen/ die durch ihre Bedeutung das Gemüt von Betrachtung der Göttlichen Sachen abwenden solten; Dann wie von der Wichtigkeit des Tempels/ und derselbigen Sachen/ welche/ so sie von uns gesehen werden/ unsere Gemüter zu der Ehre Gottes und Gutes zu thun nur mehrers anfeuren/ nicht abweichen sollen.

Das XIV. Capittel.
Von fünfferley Art der Tempel.
[Spaltenumbruch]

ES haben die Alten/ wie oben schon erwähnt/ im Gebrauch gehabt/ an ihre Tempel Creutzgänge zu bauen/ damit das Volck einige Beqvemlichkeit und Ort haben möchte/ woselbst es sich etwas aufhalten/ und etwan aus derselben/ wo sie opferten nach Belieben heraus spatzieren könte. Dann auch/ um dem Gebäue desto grössere Majestät und Ansehen zu machen. Dannenhero weil der Zwischen-Raum/ oder Intercolonne der Seulen auf fünfferley Art und Grösse kan gemacht werden/ so unterscheidet[Spaltenumbruch] Vitruvius auf iede Manier und Art auch die Tempel/ deren Namen sind; Picnostilos, das ist/ mit dick aneinander stehenden Seulen. Sestilos, etwas weiter/ Diastilos, noch viel weiter/ Areostilos, über die Maaß und Gebühr weit; und Eustilos, welches eine rechtmässige und geziemende Weite hat. Von welchen Intercolennen/ wie selbige beschaffen seyn/ und was für Proportion sie haben sollen/ mit der Länge der Seulen/ ist allbereit oben angezeigt/ und der Entwurff oder Zeichnung gesetzt: Weswegen wir hier anders nichts zu sagen/ als daß die vier erste Manieren/ mangelhaffte seyn/ und zwar die zwey

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Auch seine gleiche Theile unter sich hat/ und doch alle mit der Gestalt des Gantzen Theil haben: dann letzlichen/ daß an dessen iedem Theil das Aeuserste gleich so weit von deren Mittel entfernet sey/ und sehr füglich dadurch die Einigkeit/ unendliches Wesen/ Gleichförmigkeit und Gerechtigkeit Gottes abgebildet werden kan. Uber das/ so ist nicht zu laugnen/ daß die Stärcke und Wehrhafftigkeit an denen Tempeln so wol/ als an andern Gebäuen/ erfordert werde; zumal sie GOtt dem Anmächtigen gewiedmet/ und in solchen offtmals die herrlichste und denckwürdigste Sachen einer Stadt auf behalten werden. Und um dieser Ursach willen/ soll man auch sagen/ daß die runde Form/ worinnen kein Winckel/ zu denen Tempeln die Beste und Anständigste sey. So sollen auch die Tempel groß und weit seyn/ auf das viel Volcks zum Dienste Gottes gemächlich darinnen stehen möge: sintemal unter allen Figuren/ welche doch einen gleichmässigen Umkreis/ dannoch keine fähiger und weiter als die Runde. Auch für alle andere zu Anhörung göttliches Worts/ so viel der darinnen seyn/ und zu mercklicher Mehrung der Andacht/ den Prediger gelegenste ist/ hören und recht ansehen können. Die jenige Kirchen sind auch sehr lobwürdig/ absonderlich für die Römisch-Catholische/ welche in Form eines Creutzes gemacht/ und an dem Ort/ wo der Fuß des Creutzes seyn sol/ einen Eingang/ gegen über aber den hohen Altar oder Chor: Und an denen beeden Aesten/ welche sich auf beeden Seiten ausstrecken als Arme/ zwey andere Thüren/ oder Altäre haben; Dann wann sie auf Art des Creutzes gemacht werden/ so repraesentiren sie den anschauenden Augen das jenige Holtz/ an welchem unser Heyl Christus Jesus gehangen. Nach welcher Form dann die Kirche Sanct Georgio Maggiore in Venedig/ und viel andere gemacht zu sehen. Die Kirchen und Tempel sollen auch weite Gänge haben/ und zwar mit desto grössern Seulen/ als etwan andere Gebäue erfordern/ und steht es sehr wol/ wann sie sein groß und herrlich (iedoch auch nicht grösser/ als die Grösse der Stadt erfordert) und mit schöner Proportion gebauet werden. Dann der Gottes-Dienst/ um welches willen sie gemacht werden/ erheischet allen Pracht und Herrlichkeit. Sie sollen auch gemacht seyn mit schönster Ordnung der Seulen/ und einer ieden Ordnung seine eigene und behörige Zierde gegeben werden. Ingleichen sollen sie von der aller vortrefflichst und kostbarsten Materi gefertigt werden/ damit man zugleich mit der Form/ denen Zieraden und der Materie die Göttliche Allmacht so viel möglich beehre. Und wo es seyn könte/ solte man sie so schön machen/ daß nichts schöners zuerdencken/ auch in allen ihren Theilen also gestellt wären/ daß die hinein gehenden sich darob verwundern/ und gleichsam in Betrachtung deren Lieblich- und Anmuthigkeit verzuckt stehen müssen. Unter allen Farben nun ist keine/ welche sich zu denen Tempeln besser schicket/ als die Weisse/ weil die Reinigkeit der Farbe und des Lebens dem Allerhöchsten sehr angenehm. Wann man sie aber mahlen wolte/ würden die jenigen Gemählde nicht fein stehen/ die durch ihre Bedeutung das Gemüt von Betrachtung der Göttlichen Sachen abwenden solten; Dann wie von der Wichtigkeit des Tempels/ und derselbigen Sachen/ welche/ so sie von uns gesehen werden/ unsere Gemüter zu der Ehre Gottes und Gutes zu thun nur mehrers anfeuren/ nicht abweichen sollen. Das XIV. Capittel. Von fünfferley Art der Tempel. ES haben die Alten/ wie oben schon erwähnt/ im Gebrauch gehabt/ an ihre Tempel Creutzgänge zu bauen/ damit das Volck einige Beqvemlichkeit und Ort haben möchte/ woselbst es sich etwas aufhalten/ und etwan aus derselben/ wo sie opferten nach Belieben heraus spatzieren könte. Dann auch/ um dem Gebäue desto grössere Majestät und Ansehen zu machen. Dannenhero weil der Zwischen-Raum/ oder Intercolonne der Seulen auf fünfferley Art und Grösse kan gemacht werden/ so unterscheidet Vitruvius auf iede Manier und Art auch die Tempel/ deren Namen sind; Picnostilos, das ist/ mit dick aneinander stehenden Seulen. Sestilos, etwas weiter/ Diastilos, noch viel weiter/ Areostilos, über die Maaß und Gebühr weit; und Eustilos, welches eine rechtmässige und geziemende Weite hat. Von welchen Intercolennen/ wie selbige beschaffen seyn/ und was für Proportion sie haben sollen/ mit der Länge der Seulen/ ist allbereit oben angezeigt/ und der Entwurff oder Zeichnung gesetzt: Weswegen wir hier anders nichts zu sagen/ als daß die vier erste Manieren/ mangelhaffte seyn/ und zwar die zwey

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679, S. [I (Architektur), S. 16]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0201_1679/213>, abgerufen am 21.12.2024.