Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Man hat eigene Händler an der Hand, welche die Fi-
sche alle Woche bei ihm holen. Ein Theil des Sees ist
Edelwald und morastig. Gefriert aber der See aller
8. oder 9. Jahre, so kan man alsdann hinein gehen,
und gewinnt nur allein aus diesem Theil wieder für 6000
Gulden Holz. Durch immer mehreres Ableiten des
Wassers entstehen immer mehr Aecker, Wiesen etc. für
die Unterthanen. Man behauptet auch, daß das, was
im Wiener Wirbel auf der Donau verlohren gehe, als
Trümmer, Breter etc. nach einiger Zeit, oft nach Jah-
ren, in diesem See wieder zum Vorschein komme. Ein
Rohrdach, dazu das Rohr, wie ich schon erwähnt habe,
aus diesem See geholt wird, dauert etliche 30. Jahre.
Hundert Büschel Rohr können 1. Gulden, auch 1. Gul-
den 30. Kr. bis 2. G. kosten. Ein Theil des Sees ge-
hört dem Kaiser, oder der Stadt Oedenburg.

Von Esterhas aus machte ich 3. starke Stunden
weiter eine kleine

Reise nach Oedenburg.

Das Regenwetter hatte aus dem tief hinunter fetten
und guten Boden hie und da einen einzigen Morast ge-
macht. Ich begegnete den Heerden der türkischen
Schweine,
die durch Ungarn weiter hinein getrieben
werden. Sie sehen alle schwarzgrau aus, wie lauter
kleine Bäre.

Die Hauptabsicht meiner Reise hierher war, meinen
alten Göttinger Universitätsfreund, Hrn. Dr. Conra-
di
zu besuchen. Wir erkannten uns auf der Stelle wie-
der. Die Stadt

Oeden-
N n 4

Man hat eigene Haͤndler an der Hand, welche die Fi-
ſche alle Woche bei ihm holen. Ein Theil des Sees iſt
Edelwald und moraſtig. Gefriert aber der See aller
8. oder 9. Jahre, ſo kan man alsdann hinein gehen,
und gewinnt nur allein aus dieſem Theil wieder fuͤr 6000
Gulden Holz. Durch immer mehreres Ableiten des
Waſſers entſtehen immer mehr Aecker, Wieſen ꝛc. fuͤr
die Unterthanen. Man behauptet auch, daß das, was
im Wiener Wirbel auf der Donau verlohren gehe, als
Truͤmmer, Breter ꝛc. nach einiger Zeit, oft nach Jah-
ren, in dieſem See wieder zum Vorſchein komme. Ein
Rohrdach, dazu das Rohr, wie ich ſchon erwaͤhnt habe,
aus dieſem See geholt wird, dauert etliche 30. Jahre.
Hundert Buͤſchel Rohr koͤnnen 1. Gulden, auch 1. Gul-
den 30. Kr. bis 2. G. koſten. Ein Theil des Sees ge-
hoͤrt dem Kaiſer, oder der Stadt Oedenburg.

Von Eſterhas aus machte ich 3. ſtarke Stunden
weiter eine kleine

Reiſe nach Oedenburg.

Das Regenwetter hatte aus dem tief hinunter fetten
und guten Boden hie und da einen einzigen Moraſt ge-
macht. Ich begegnete den Heerden der tuͤrkiſchen
Schweine,
die durch Ungarn weiter hinein getrieben
werden. Sie ſehen alle ſchwarzgrau aus, wie lauter
kleine Baͤre.

Die Hauptabſicht meiner Reiſe hierher war, meinen
alten Goͤttinger Univerſitaͤtsfreund, Hrn. Dr. Conra-
di
zu beſuchen. Wir erkannten uns auf der Stelle wie-
der. Die Stadt

Oeden-
N n 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0605" n="567"/>
Man hat eigene <hi rendition="#fr">Ha&#x0364;ndler</hi> an der Hand, welche die Fi-<lb/>
&#x017F;che alle Woche bei ihm holen. Ein Theil des Sees i&#x017F;t<lb/><hi rendition="#fr">Edelwald</hi> und mora&#x017F;tig. Gefriert aber der See aller<lb/>
8. oder 9. Jahre, &#x017F;o kan man alsdann hinein gehen,<lb/>
und gewinnt nur allein aus die&#x017F;em Theil wieder fu&#x0364;r 6000<lb/>
Gulden <hi rendition="#fr">Holz.</hi> Durch immer mehreres <hi rendition="#fr">Ableiten</hi> des<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;ers ent&#x017F;tehen immer mehr Aecker, Wie&#x017F;en &#xA75B;c. fu&#x0364;r<lb/>
die Unterthanen. Man behauptet auch, daß das, was<lb/>
im <hi rendition="#fr">Wien</hi>er Wirbel auf der <hi rendition="#fr">Donau</hi> verlohren gehe, als<lb/>
Tru&#x0364;mmer, Breter &#xA75B;c. nach einiger Zeit, oft nach Jah-<lb/>
ren, in die&#x017F;em See wieder zum Vor&#x017F;chein komme. Ein<lb/>
Rohrdach, dazu das Rohr, wie ich &#x017F;chon erwa&#x0364;hnt habe,<lb/>
aus die&#x017F;em See geholt wird, dauert etliche 30. Jahre.<lb/>
Hundert Bu&#x0364;&#x017F;chel Rohr ko&#x0364;nnen 1. Gulden, auch 1. Gul-<lb/>
den 30. Kr. bis 2. G. ko&#x017F;ten. Ein Theil des Sees ge-<lb/>
ho&#x0364;rt dem Kai&#x017F;er, oder der Stadt <hi rendition="#fr">Oedenburg.</hi></p><lb/>
              <p>Von <hi rendition="#fr">E&#x017F;terhas</hi> aus machte ich 3. &#x017F;tarke Stunden<lb/>
weiter eine kleine</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="2">
            <head> <hi rendition="#g"><hi rendition="#fr">Rei&#x017F;e</hi> nach <hi rendition="#fr">Oedenburg.</hi></hi> </head><lb/>
            <p>Das Regenwetter hatte aus dem tief hinunter fetten<lb/>
und guten Boden hie und da einen einzigen Mora&#x017F;t ge-<lb/>
macht. Ich begegnete den Heerden der <hi rendition="#fr">tu&#x0364;rki&#x017F;chen<lb/>
Schweine,</hi> die durch <hi rendition="#fr">Ungarn</hi> weiter hinein getrieben<lb/>
werden. Sie &#x017F;ehen alle &#x017F;chwarzgrau aus, wie lauter<lb/>
kleine Ba&#x0364;re.</p><lb/>
            <p>Die Hauptab&#x017F;icht meiner Rei&#x017F;e hierher war, meinen<lb/>
alten <hi rendition="#fr">Go&#x0364;tting</hi>er Univer&#x017F;ita&#x0364;tsfreund, Hrn. Dr. <hi rendition="#fr">Conra-<lb/>
di</hi> zu be&#x017F;uchen. Wir erkannten uns auf der Stelle wie-<lb/>
der. Die Stadt</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">N n 4</fw>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Oeden-</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[567/0605] Man hat eigene Haͤndler an der Hand, welche die Fi- ſche alle Woche bei ihm holen. Ein Theil des Sees iſt Edelwald und moraſtig. Gefriert aber der See aller 8. oder 9. Jahre, ſo kan man alsdann hinein gehen, und gewinnt nur allein aus dieſem Theil wieder fuͤr 6000 Gulden Holz. Durch immer mehreres Ableiten des Waſſers entſtehen immer mehr Aecker, Wieſen ꝛc. fuͤr die Unterthanen. Man behauptet auch, daß das, was im Wiener Wirbel auf der Donau verlohren gehe, als Truͤmmer, Breter ꝛc. nach einiger Zeit, oft nach Jah- ren, in dieſem See wieder zum Vorſchein komme. Ein Rohrdach, dazu das Rohr, wie ich ſchon erwaͤhnt habe, aus dieſem See geholt wird, dauert etliche 30. Jahre. Hundert Buͤſchel Rohr koͤnnen 1. Gulden, auch 1. Gul- den 30. Kr. bis 2. G. koſten. Ein Theil des Sees ge- hoͤrt dem Kaiſer, oder der Stadt Oedenburg. Von Eſterhas aus machte ich 3. ſtarke Stunden weiter eine kleine Reiſe nach Oedenburg. Das Regenwetter hatte aus dem tief hinunter fetten und guten Boden hie und da einen einzigen Moraſt ge- macht. Ich begegnete den Heerden der tuͤrkiſchen Schweine, die durch Ungarn weiter hinein getrieben werden. Sie ſehen alle ſchwarzgrau aus, wie lauter kleine Baͤre. Die Hauptabſicht meiner Reiſe hierher war, meinen alten Goͤttinger Univerſitaͤtsfreund, Hrn. Dr. Conra- di zu beſuchen. Wir erkannten uns auf der Stelle wie- der. Die Stadt Oeden- N n 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/605
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/605>, abgerufen am 21.11.2024.